Rifkin-Prozess: Außer den Arbeitgebern ist keiner zufrieden

Rifkin-Prozess: Außer den Arbeitgebern ist keiner zufrieden

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Bereits nach den ersten Minuten des ganztägigen Hearings spürte man, dass da etwas mächtig schieflaufen würde. Eigentlich sollten im 10-Minuten-Takt rund 40 Verbände und Organisationen empfangen werden, um den Abgeordneten ihre Vorstellungen darzulegen. Eigentlich … Der erste von vier Diskussionsblöcken – acht Patronatsverbände und Berufskammern – machte allerdings seine eigenen Regeln, trat gemeinsam mit Jean-Jacques Rommes (UEL) als Hauptredner auf, um den Rifkin-Bericht in den höchsten Tönen zu loben.

Eigentlich die Bestätigung von allem, was die Patronatsorganisationen seit langem predigen, nämlich dass Luxemburg mit seinem aktuellen, rein quantitativen Wachstum auf dem Irrweg sei. Luxemburg riskiere, mit diesem Wachstum an Lebensqualität zu verlieren.

Notwendig sei ein qualitatives Wachstum. Bislang sei Luxemburg nur gewachsen, weil die Zahl der Arbeitnehmer wuchs, die eigentliche Produktivität aber habe nicht zugenommen, sagte Rommes. Eine Darstellung, die später von den Vertretern der Salariatskammer und der Gewerkschaften energisch zurückgewiesen wurde. Insgesamt seien die luxemburgischen Betriebe gut aufgestellt, schlussfolgerte Rommes. Die Digitalisierung werde sogar Arbeitsplätze zurück ins Land bringen, ist er überzeugt. Wichtig sei aber, dass gesetzliche Reglementierungen sich auch an den KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) ausrichten würden. Fehlen durfte im Beitrag der Patronatsseite natürlich auch nicht der Appell nach einer „transversalen“ Politik.

Kritik an Arbeitsgruppen

Und der transversale Dialog? Mit dem tut man sich offensichtlich schwer. Im 10-Minuten-Takt kamen im zweiten Diskussionsblock denn auch die wenig schmeichelhaften Reaktionen. Er sei zunächst auch Mitglied in der Arbeitsgruppe „Wirtschaft“ gewesen, erklärte Andreas Vogt von der Caritas. Als er dort die sozialen Aspekte des Rifkin-Prozesses ansprechen wollte, habe man ihn abgeblockt, er sei wohl in der falschen Arbeitsgruppe.

Diskriminiert fühlt sich auch Tine A. Larsen, Präsidentin der nationalen Datenschutzkommission. Nach dem Ausscheiden des Vertreters ihrer Behörde habe sie nie wieder etwas gehört und auch den Zwischenbericht der entsprechenden Kommission habe sie nie gesehen. Aber vielleicht gab es auch gar keinen Zwischenbericht …

Der Damm war jedenfalls gebrochen. Und auch Blanche Weber („Mouvement écologique“) war nun nicht mehr zu halten. Eine der Arbeitsgruppen sei während neun Monaten nur einmal zusammengekommen, eine andere habe es immerhin auf drei Termine gebracht, platzte es aus ihr heraus. Ob sich eine der Kommissionen angesehen habe, was in Nordfrankreich (Pas-de-Calais) aus den schönen Plänen geworden sei, die Rifkin dort 2013 vorlegte, warf Marc Spautz (CSV) in die Debatte ein.

Kapitalismus 2.0?

Die Analysen der Vertreter von Arbeitnehmerkammer, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft standen denen des Patronats teilweise diametral gegenüber. Die zentrale Frage dabei: „Was bedeutet die dritte industrielle Revolution für das aktuelle Gesellschaftsmodell?“ Mindestens 10-15 Prozent der Arbeitsplätze werden verschwinden, die „shared economy“ (der Kapitalismus bekommt einen kleinen Bruder, dixit Marc Baum, „déi Lénk“) und die Digitalisierung werden mit der Telearbeit zunehmend prekäre Arbeitsplätze schaffen, so die immer wiederkehrende Sorge. „Das heutige Sozialmodell wird prinzipiell infrage gestellt“, meinte der OGBL-Vertreter.

Welche politische Antwort gibt es darauf? Und wie sieht das Patronat die Finanzierung der Sozialkassen, wenn wir die Wirtschaft derart umbauen? „Eine gute Frage, die aber den Rahmen der heutigen Diskussion sprengt“, meinte auf die Bemerkung von Gérard Anzia („déi gréng“) hin der UEL-Mann. Auch auf die Fragen zum Datenschutz gab es von Patronatsseite keine klaren Antworten.

„Rifkin vernetzt alles, zum Thema Datenschutz findet sich aber nicht viel in seinem Handwerkskasten“, bemerkte Tine A. Larsen. Das sei aber, zumindest in Europa, eine zentrale Frage des Vertrauens. Die Bemerkung von Rommes, „statt mehr Datenschutz brauche es mehr Datenkompetenz“, reicht der obersten Datenschützerin nicht.

Ekonomist
31. Oktober 2017 - 18.35

Es gibt nicht viel Rifkin in diesem Berricht. Die UEL hat das ganze unter Kontrolle und macht was sie will. Die Idee von Rifkin wurde komplett überarbeitet.

De Klautchen
27. Oktober 2017 - 20.17

Den Hary Hagen as scho lang doud, geseit haut op de schw/w. Fotoen awer nach mei Fit aus

De Klautchen
27. Oktober 2017 - 20.15

Einverstanden

armand
27. Oktober 2017 - 14.30

weil eben nur der arbeitgeber profitiert, ist doch klar. arbeitsplätze die wegfallen sind weg, siehe arbed.

Einheimeschen
27. Oktober 2017 - 14.03

Et deet mer leed, mee wann en auslänneschen "Expert", deen ausser e puer statistësch donnéen, wéineg Ahnung vun eisem Land huet, eiser Regierung muss soën wéi eist Land soll an t'Zukunft gefouert gin dat ass dach e Witz.

Jolly Joker
27. Oktober 2017 - 10.45

Ma de Rifkin wees et dach, en ass schlieslech deck bezuelt gin fir eiser politescher Elite séi Wëssen (?) matzedeelen. Also nicht verzagen, Rifkin fragen.

Lol Humbert
27. Oktober 2017 - 9.11

Digitalisierung ist tatsächlich nicht aufzuhalten; aber der Mensch ist nicht wegzudenken: vielleicht bemerkt ja dann ein kleverer Angestellter, dass an einem Kontenauszug mit +0,02€ Etwas nicht stimmt; oder der Kunde bekommt gleich 5 Tickets nacheinander geschickt auf denselben Namen die restlichen Tickets müssen nach 2 langen Warteschlangen eingefordert werden. Jedes Programm ist nur so intelligent wie es programmiert wird. Da entstehen neue Arbeitsplätze. Auch könnte man erst einen Arbeitsplan erstellen bevor man mit einer Idee wieder genial daneben war

Ekojhang
27. Oktober 2017 - 8.21

Man spricht im Artikel von 10 -15% von Arbeitsplätzen die verloren gehen. Tatsächlich existieren Studien dass in den kommenden 20-30 Jahren bis zu 50% der Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor durch Roboterisierung wegfallen. Das sind die Herausforderungen denen sich auch Luxemburg stellen muss. Vernetzung unf Digitalisierung machen bestimmt nicht vor den luxemburger Grenzen halt.