Hallen-Dribbelkünstler mit Fankultur: Futsal ist in Luxemburg mehr als eine Modeerscheinung

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Futsal hatte in Luxemburg seinen Anfangsjahren mit einigen Problemen zu kämpfen: Ein schlechter Ruf und mangelnde Akzeptanz standen der Randsportart zunächst im Weg. Doch der derzeitige Erfolg gab den Verantwortlichen recht. Die Hallen-Dribbelkünstler, mit ihrer eigenen Fankultur, setzen sich durch – obschon auch vier Jahre nach der ersten Meisterschaft noch nicht alle Komplikationen behoben wurden.

Die vierte nationale Futsal-Meisterschaft biegt auf die Zielgerade ein. Noch maximal drei Play-off-Spiele stehen Déifferdeng 03 und dem Racing bevor. Bei rund 800 Lizenzen (200 mehr als 2014/15) ist die Sparte nicht mehr aus dem FLF-Spielbetrieb wegzudenken. Doch aller Anfang ist schwer, weiß sich Domenico Laporta, Mitglied der Futsal-Kommission in der FLF, zu erinnern: „Im Oktober 2013 stimmten die Fußballvereine über unsere Zukunft ab.

Wir wurden damals mit 72,6 Prozent in den Verband aufgenommen. Es war spannend, denn viele Klubs sahen uns als Konkurrenz statt als Ergänzung.“ Von einem gewaltigen Entwicklungssprung in den Folgejahren kann trotzdem keine Rede sein. Beim Verband sei man in Futsal-Belangen anfangs noch „zurückhaltend“ gewesen, beschreibt es Laporta. „Aber es ist auch verständlich, durch uns kam noch mehr Arbeit auf sie zu.“

Stereotypen

Nachdem das Video der Wilwerwiltz-Schlägerei im Netz die Runde machte und es bis nach Portugal und Spanien schaffte, fühlten sich die einheimischen Futsal-Verantwortlichen teilweise nicht gerecht behandelt, wie Domenico Laporta, Mitglied der Futsal-Kommission der FLF, erklärte: „Ein paar Tage später kam es bei der BGL-Ligue-Partie in Ettelbrück zu einer Schlägerei mit der Polizei. Nach zwei Tagen hörte man davon nichts mehr. Wir dagegen werden mit Stereotypen à la ‚Ausländer‘ konfrontiert.“

Stiefmütterlich behandelt wurden die Hallenkicker am Ostermontag jedenfalls nicht. Die FLF-Delegation sah ein einseitiges Pokalfinale, das Déifferdeng 03 souverän mit 9:2 gegen die US Esch gewann. Für den Verbandspräsidenten Paul Philipp war allerdings ein anderer Punkt von wesentlicher Bedeutung: „Wir haben ein sehr faires Spiel gesehen. Diese Begegnung dient als Beispiel und ist ein wichtiges Zeichen.“ Unvergessen sind die Videoaufnahmen der Massenschlägerei, die noch Anfang 2019 zum Spielabbruch in Wilwerwiltz geführt haben. In der Coque musste nach einem Pokalfinale der Bodenbelag ausgewechselt werden, da ein Bengalo auf das Parkett flog. Es handelt sich um vereinzelte Bilder, die den Futsal immer wieder in ein schlechtes Licht gerückt haben: „Es ist ein Problem, dessen sind sich die Verantwortlichen bewusst. Ausgelöst wird dies durch eine Minorität, weshalb dann die ganze Sparte infrage gestellt wird“, meinte Philipp, der auf den verletzten Unparteiischen dieses Jahres zu sprechen kam: „Wir hatten kürzlich ja noch diesen Zwischenfall (in Wilwerwiltz, d.Red.), aber man sieht, dass der Wille bei den Verantwortlichen und Spielern vorhanden ist, sich von diesem Ruf loszulösen.“

Diesen Wille beschreibt Laporta folgendermaßen: „In Kürze wird unsere Fair-Play-Charta vorgestellt. Zudem wird ein Video im September erscheinen, mit der Mission, die Schiedsrichter zu schützen. Zudem ist jeder Verein dazu verpflichtet, sich zu engagieren und präventiv zu arbeiten, um erneute Vorfälle zu vermeiden.“

Nachwuchs

Das Risiko, dass Futsal in den kommenden Jahren komplett vom Radar verschwindet, ist gering. Stattdessen droht die Entwicklung in den Augen der Vereinsverantwortlichen (Laporta vertritt auch den Hauptstadtklub ALSS) nicht schnell genug voranzugehen: Die größte Baustelle ist derzeit die inexistente Jugendarbeit. „Andererseits hat die FLF sich bereit erklärt, im nächsten Jahr den besten Futsal-Spieler der Saison zu küren. Es gibt Fortschritte. Derzeit arbeiten wir an einer Trainerausbildung. Auch die gibt es noch gar nicht.“ Eine seiner anderen Visionen ist die Entstehung einer Nationalmannschaft. „Davon sind wir aber noch meilenweit entfernt.“ Dafür müsste sich das Interesse gegenüber der Sportart verändern, da Handball oder Basketball in den Hallen weitaus beliebter sind.
Genau wie auf dem Rasen setzt sich beim Hallenfußball die qualitativste Besetzung am ehesten ab. Das galt beim Endspiel der Coupe de Luxembourg definitiv für Déifferdeng 03: ein Ensemble, das mit Hochkarätern aus Portugal den gewünschten Erfolg hatte. „Die anderen Vereine investieren ja auch“, schlussfolgerte D03-Präsident Fabrizio Bei. „Anders als im Fußball gibt es im Futsal noch keinen Nachwuchs. Das wollen wir ändern und die Jugendarbeit ausbauen. Sonst wird es schwer, in Zukunft noch oben mitzuspielen. Aber wir müssen den Futsal jetzt erst einmal in Ruhe arbeiten lassen.“

FLF-Oberhaupt Paul Philipp sieht diese Entwicklung ähnlich: „Wenn Differdingen diesen Weg alleine einschlägt, macht es nicht viel Sinn … Es ist wichtiger, den Nachwuchs nicht zu vernachlässigen und etwas aufzubauen, das Bestand hat. Wir stecken noch in den Kinderschuhen. Das Ziel kann es definitiv nicht sein, ausschließlich in eine erste Mannschaft zu investieren, um kurzfristigen Erfolg zu erzielen. Ganz ohne Investitionen geht es natürlich auch nicht.“

Der Weg zur Akzeptanz ist noch nicht abgeschlossen. „Es gibt noch viele Ungerechtigkeiten, die wir aus der Welt schaffen müssen“, sprach Laporta die Lizenz- und Transferregelungen an. „Wenn wir das alles regeln und es uns gelingt, den Futsal zu schützen, können wir mithilfe einer guten Jugendarbeit in zehn Jahren mit den großen Teams aus Europa mitziehen.“