Mobilität in Luxemburg / Großer Bahnhof für die Tram: Vier neue Haltestellen eingeweiht

Schaffner für einen Tag: Als Ehrengast darf Großherzog Henri bei der Jungfernfahrt natürlich auch im Führerstand vorbeischauen (Foto: Editpress/Alain Rischard)
Fast auf den Tag genau drei Jahre nach der Einweihung des ersten Teilabschnitts wurde am Sonntag die Tramstrecke zwischen dem Stadtzentrum und dem Hauptbahnhof offiziell freigegeben. Damit konnte ein wichtiges Element des nationalen Mobilitätskonzeptes erfolgreich umgesetzt werden, wie die Verantwortlichen bei einer kleinen Feierstunde betonten.
Ein Schneesturm musste vor drei Jahren gemeistert werden, eine Hitzewelle vor anderthalb Jahren und nun eine Pandemie: Die Freigaben der drei Teilabschnitte der hauptstädtischen Tram standen bisweilen wahrlich nicht unter einem guten Stern. Angesichts der teils hitzig geführten Diskussionen in der Planungsphase, der Kontroversen rund um die Streckenführung, der Kritiken von Anwohnern und Geschäftsleuten in der Bauphase und der Verzögerungen aufgrund der sanitären Krise dürfte wohl so manchem Beteiligten ein deutlicher Seufzer der Erleichterung entglitten sein, als am Sonntagmorgen die Verbindung vom Stadtzentrum zum Hauptbahnhof mit den vier neuen Haltestellen offiziell freigegeben wurde.

Eine Erleichterung, die vielen Anwesenden regelrecht ins Gesicht geschrieben stand und die Luxtram-Direktor André von der Marck zum Auftakt einer kurzen Ansprache im Royal-Hamilius mit folgenden Worten treffend zusammenfasste: „Erlaabt mir, als éischt emol ëffentlech e groussen Ouff ze soen!“ Worte, bei denen sogar Großherzog Henri laut auflachen musste, nachdem er kurz zuvor den dritten Abschnitt zusammen mit Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) und Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) feierlich freigegeben hatte.
So hatten sich am Sonntag entlang der Strecke nicht gerade wenige Schaulustige eingefunden, um der ersten offiziellen Fahrt der Tram zwischen dem Stadtzentrum und dem Hauptbahnhof beizuwohnen. Mitfahren durften sie allerdings (noch) nicht: Aus sanitären und sicherheitstechnischen Gründen war die Jungfernfahrt nur einer Handvoll Gästen vorbehalten, die bei Schritt und Tritt an die sanitären Regeln erinnert wurden.

Mit gleich zwei parallel fahrenden Straßenbahnen ging es ab 10.16 Uhr von der „Stäreplaz“ über die drei neuen Haltestellen „Hamilius“, „Place de Metz“ und „Paräisser Plaz“ zum Hauptbahnhof, wo Großherzog Henri unter den Augen zahlreicher Zaungäste und Sicherheitskräfte zunächst noch den Führerstand der ersten Maschine näher unter die Lupe nehmen durfte. Mit der zweiten Tram ging es dann zurück in Richtung „Rousegäertchen“, wo die drei Ehrengäste mit dem Durchschneiden der Trikolore den zwei Kilometer langen Streckenabschnitt offiziell freigaben, bevor sie sich im Centre Royal-Hamilius zu einem kurzen Festakt einfanden.
Damit erstreckt sich die gesamte Trasse nun über acht Kilometer. Zwischen den beiden „Pôles d’échange“ „Luxexpo“ und „Gare centrale“ liegen 13 weitere Haltestellen und drei zusätzliche Umsteigepunkte: „Rout Bréck – Pafendall“, „Stäreplaz“ und „Hamilius“. Pünktlich zur Eröffnung des neuen Abschnitts wurde der Fuhrpark von Luxtram auf 27 Fahrzeuge erweitert. Gleichzeitig wurden 28 neue Fahrer ausgebildet. Somit arbeiten heute 145 Personen für den Luxemburger Fahrbetrieb, der mit der Eröffnung am Sonntag noch lange nicht am Ende seiner Pläne angelangt ist.
Schneesturm, Hitzewelle und Pandemie
1,3 Millionen Kilometer hätten die Fahrzeuge von Luxtram seit der ersten offiziellen Fahrt am 10. Dezember 2017 absolviert, rechnete Generaldirektor André von der Marck am Sonntag in perfektem Luxemburgisch vor. Nicht weniger stolz äußerte sich der gebürtige Franzose angesichts der Tatsache, dass man es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft habe, sowohl den Zeitplan als auch das Budget einzuhalten.
Ist der Bau einer neuen Straßenbahn in einer europäischen Großstadt an sich schon ein kompliziertes Unterfangen, gestalteten sich die Umstände rund um den dritten Streckenabschnitt durch das Stadtzentrum und das Bahnhofsviertel als besondere Herausforderung. Die Bauarbeiten mussten nicht nur um eine Hauptverkehrsachse, die Großbaustelle Royal-Hamilius und die Führung des öffentlichen Transports herum geplant werden: Neben dem kommerziellen Herzen der Hauptstadt waren auch zahlreiche Anwohner monatelang in ihrem Alltag stark beeinträchtigt. Und dann schlug auch noch Corona zu. „Doch wir haben es geschafft und die Tram ist nun im Herzen der Hauptstadt angekommen“, sagte der Luxtram-CEO.

Bausch erinnerte indessen an die widrigen Umstände, unter denen die Streckenabschnitte bislang freigegeben werden mussten. Beim Festakt zur Eröffnung des ersten Teilstückes am 10. Dezember 2017 war ein regelrechter Schneesturm über die Hauptstadt hinweggefegt. Knapp ein halbes Jahr später, am 28. Juli 2018, war es dann eine Hitzewelle mit Temperaturen um die 40 Grad Celsius, die den Ehrengästen und der Tram auf dem Limpertsberg zu schaffen machte. „Und nun grassiert weltweit eine Pandemie“, fügte der Minister hinzu. „Das kann man kaum noch steigern.“
Trotz aller Schwierigkeiten habe man sich jedoch nicht entmutigen und von den Plänen abbringen lassen. „Im Gegenteil: Wir haben es geschafft, den schwierigsten Teil der Bauarbeiten umzusetzen sowie Zeitplan und Budget einzuhalten“, unterstrich der Minister, der von einem „gewaltigen Schritt“ für das Gesamtmobilitätskonzept des Landes sprach. Den Anwohnern und Geschäftsleuten gebühre sein Dank, genauso wie dem Team um Luxtram-CEO André von der Marck, den Bausch einen Glücksgriff für das Unterfangen Luxemburger Tram nannte.

Er sei sich bewusst, dass die Bauarbeiten für viele Anrainer mit großen Opfern verbunden gewesen seien. Die Belohnung erhielten sie nun aber in Form eines sehenswerten öffentlichen Raums, der nach dem Ende der Arbeiten am Pariser Platz noch schöner werde. „Was wurde uns nicht alles vorgeworfen?“, erinnerte der ehemalige Verkehrsschöffe der Stadt Luxemburg an die Diskussionen vor sieben Jahren. „Wir hätten sie nicht mehr alle, wir würden die Stadt ruinieren. Doch das Gegenteil ist eingetreten“, so der Minister und verwies auf die 2.000 Busse, die dank der Tram nun weniger durch die Hauptstadt fuhren. „Stichwort Abgase und Lebensqualität!“
„Anstrengungen haben sich gelohnt“
Bürgermeisterin Lydie Polfer dachte ebenfalls an die zahlreichen Bürger und Geschäftsleute, die während der Bauarbeiten der letzten Jahre zahlreiche Einschnitte verkraften mussten. Inzwischen aber zahle es sich aus, diesen Weg gemeinsam eingeschlagen zu haben, so die langjährige Stadtmutter, die gleich mehrmals die gute Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Akteuren hervorhob. „Zugegeben, die Bauarbeiten waren langwierig und hart – insbesondere für die Anwohner und Geschäftsleute“, unterstrich Polfer.

Mehr als 122.000 Einwohner zähle die Hauptstadt inzwischen. „Das geht nicht ohne Anpassungen der Infrastruktur.“ Die Mobilität sei ein sehr wichtiger Bestandteil dieser Anstrengungen. „Aber nicht der einzige Bestandteil: Auch die Verschönerung des öffentlichen Raums ist wichtig“, ergänzte Polfer, die in diesem Zusammenhang etwa die Instandsetzung der Avenue de la Liberté hervorhob.
Mit dem Bau der neuen Tram werde jetzt eine lange Tradition der Stadt Luxemburg fortgesetzt: „Schließlich war Luxemburg eine der ersten europäischen Städte überhaupt, die über eine Straßenbahn verfügte“, erinnerte die Bürgermeisterin. 145 Jahre lang haben verschiedene Bahn-Generationen das Stadtbild geprägt, bevor das Verkehrskonzept ganz auf den Bus ausgerichtet wurde. Diese werden auch weiterhin Teil eines Mobilitätskonzepts bleiben, das mit der Tram jetzt um ein wichtiges Element erweitert worden sei. „Angesichts des Resultats haben sich die gemeinsamen Anstrengungen gelohnt!“
Noch lange nicht Schluss: So geht es weiter bis 2028
Mit der Freigabe der Strecke zwischen dem Stadtzentrum und dem Hauptbahnhof wurde zwar eine wichtige Phase nun auch offiziell umgesetzt, allerdings ist das ganze Projekt noch längst nicht abgeschlossen. Verkehrsminister François Bausch betonte am Sonntag, dass es sich dabei nur um ein Element von vielen in einem nationalen Mobilitätskonzept handelt, das mit dem gesamten Fahrplanwechsel im Dezember 2023 endgültig in Kraft treten soll.
„Bis dahin machen wir einen Quantensprung in der Schaffung eines multimodalen Verkehrskonzeptes, das eines 21. Jahrhunderts auch würdig ist“, versprach Bausch, der sich angesichts des „aktuellen Elans“ ganz optimistisch zeigte, die noch verbleibenden Etappen ebenfalls erfolgreich abschließen zu können. Tram und Zug sollen dabei das nötige Rückgrat bilden. Deshalb werde auch dem Ausbau des Schienennetzes viel Bedeutung zugemessen, so der Minister, der in diesem Zusammenhang an die Rekordbestellungen des nationalen Eisenbahnunternehmens in Höhe von fast 500 Millionen Euro erinnerte.
Als nächste Etappe nannte Bausch den Ausbau der Tramstrecke an Bonneweg entlang Richtung Howald. Die Arbeiten am Pont Buchler sollen bis Sommer abgeschlossen sein. Anschließend könnten die Tramgleise gelegt werden. Der Umsteigepunkt „Bonnevoie“ soll dann im ersten Semester 2022 in Betrieb genommen werden. Im Herbst 2023 könnte dann die Erweiterung der Tram über Howald zur Cloche d’Or folgen, bevor Anfang 2024 am östlichen Streckenende auch der Flughafen an die Tram angeschlossen werden kann.
Die gesamte Strecke beträgt dann 16,4 Kilometer und umfasst neun sogenannte „Pôles d’échanges“, wo die Nutzer auf Zug, Bus, Fahrrad oder den Privatwagen umsteigen können. Dies sind neben den Endstationen Findel und Cloche d’Or noch die Umsteigepunkte Howald, Lycée Bonnevoie, Gare centrale, Stäreplaz, Rout Bréck – Pafendall, Luxexpo und Héienhaff.
Mit Rout Bréck – Pafendall und Howald werde das Konzept bis dahin um zwei neue Bahnhöfe erweitert, während die Kapazitäten des Hauptbahnhofs noch um 30 Prozent ausgebaut werden sollen. Gleichzeitig werden 7.500 Stellplätze auf drei neuen Park-and-Ride-Plätzen bereitgestellt. Ein erstes Gelände mit rund 1.500 Parkplätzen soll bereits nächstes Jahr in der Nähe der Luxexpo öffnen. Es folgen das Areal am neuen Stadion mit 2.000 Plätzen (bis Ende 2021) sowie der P&R Héienhaff mit 4.000 Plätzen.
Gleichzeitig will die Regierung dem Parlament bis Ende der Legislaturperiode noch vier weitere Finanzierungsgesetze vorlegen, die den weiteren Ausbau der Tram betreffen. Zum einen soll die Metropole im Süden mit dem Zentrum verbunden werden, zum anderen ist eine Erweiterung der Tram über die route d’Arlon bis zum CHL angedacht. Geplant ist überdies noch eine Strecke nach Hollerich sowie die Anbindung des RTL-Gebäudes auf Kirchberg.
Der gesamte Ausbau soll bis 2028 abgeschlossen sein. „Angesichts der Tatsache, dass wir den schwierigsten Teil der Tram von der Planung bis zur Inbetriebnahme in nur sieben Jahren umsetzen konnten, bin ich zuversichtlich, dass wir diesen Ausbau innerhalb der nächsten acht Jahre hinbekommen“, so Bausch.

Fahrzeiten Luxexpo - Gare centrale
Die Tram ist täglich in Betrieb. Von montags bis freitags verlässt die erste Straßenbahn die Haltestelle „Luxexpo“ um 4.30 Uhr. Die erste Rückfahrt ab dem Hauptbahnhof ist um 4.58 Uhr vorgesehen. Zwischen 5.45 und 20.00 Uhr fährt die Tram im Fünf-Minuten-Takt. Außerhalb dieser Zeiten steigt die Wartezeit auf acht bis 15 Minuten.
Samstags gelten die gleichen Abfahrtszeiten am Morgen. Der Fünf-Minuten-Takt gilt allerdings erst ab 12.27 Uhr, und das bis 18.32 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist mit einer Wartezeit zwischen fünf und zehn Minuten zu rechnen.
Sonntags fährt die erste Tram ab „Luxexpo“ um 5.15 Uhr. Die erste Rückfahrt ab dem Hauptbahnhof ist um 5.43 Uhr. Zwischen 11.25 und 18.45 Uhr ist ein Zehn-Minuten-Takt vorgesehen. Außerhalb dieser Zeiten gilt ein Takt von 15 Minuten.
Von montags bis sonntags fährt die letzte Tram um Mitternacht (ab „Luxexpo“). Die letzte Rückfahrt ab dem Hauptbahnhof ist für 0.35 Uhr vorgesehen.
Für die rund acht Kilometer lange Strecke zwischen der Luxexpo The Box und dem Hauptbahnhof benötigt die Straßenbahn insgesamt 24 Minuten. Dabei werden zwischen den beiden Endstationen noch 13 weitere Haltestellen angefahren.
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