EU-ParlamentGroße Mehrheit für die neue Gemeinsame Agrarpolitik

EU-Parlament / Große Mehrheit für die neue Gemeinsame Agrarpolitik
Die Agrarpolitik der EU soll dank einer Reform umwelt- und klimafreundlicher werden. Kritiker sind skeptisch. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Das Europäische Parlament (EP) hat gestern mit großer Mehrheit einem Gesetzespaket zur viel diskutierten und umstrittenen Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zugestimmt. Diese wird nun nach einer Übergangsphase im Jahr 2023 in Kraft treten und bis 2027 gelten.

Ziel der neuen GAP sollte es unter anderem sein, die Fördermaßnahmen für die Landwirte zu modernisieren und effizienter zu gestalten. Immerhin sind für die fünfjährige Geltungsdauer rund 270 Milliarden Euro vorgesehen. Zudem soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft beibehalten und diese gleichzeitig umwelt- und klimafreundlicher ausgerichtet werden. Für die einen ist das gelungen, für andere ist die reformierte GAP eine Mogelpackung. Im EP stimmten gestern lediglich die Fraktion der Grünen geschlossen, die Fraktion der Linken in ihrer Mehrheit und die Sozialdemokraten zum geringeren Teil gegen die drei Gesetze. Konservative und Liberale im EP stimmten weitestgehend für die neue GAP.

Kritiker vor allem auch aus Umweltorganisationen geht die Reform nicht weit genug. Der französische S&D-Abgeordnete Eric Andrieu, einer der drei Berichterstatter, sieht zwar „reelle Fortschritte“ bei der Reform. Allerdings stehe die neue GAP in „strikter Kontinuität zur vorherigen“, da weiterhin Geld aufgrund der Anbauflächen an die Bauern ausgezahlt werde, ohne die Produktionsmethoden zu berücksichtigen oder die Preise und Einnahmen. Eine Kritik, der sich die luxemburgische EP-Abgeordnete Tilly Metz anschließt. „Wachse oder weiche“, sei weiterhin die vorherrschende Logik in der EU-Agrarpolitik, bedauert die Grünen-Politikerin, die sich einen Paradigmenwechsel weg von der Quantität, hin zur Qualität wünscht. Nun aber müssten sich Bauern weiterhin verschulden, um mithalten zu können, meint Tilly Metz.

Aus dem Fördertopf, aus dem die Direktzahlungen getätigt werden, der sogenannten ersten Säule der GAP, sollen künftig 25 Prozent der Gelder an umwelt- und klimaschonende Maßnahmen geknüpft werden. Das Geld für die sogenannten Eco-Schemes, mit denen die bisherigen „Greening-Prämien“ ersetzt werden, sollen nur dann gezahlt werden, wenn sich die landwirtschaftlichen Betriebe auch tatsächlich an entsprechenden Umweltprogrammen beteiligen. Die Mitgliedstaaten müssen bis Ende des Jahres der EU-Kommission nationale Strategiepläne vorlegen, in denen sie angeben, wie sie die vorgegebenen Umwelt- und Klimaschutzziele erreichen wollen. Alle zwei Jahre soll kontrolliert werden, ob die Pläne eingehalten wurden.

Nachweis für Umweltschutz erbringen

Das aber reiche nicht, sagt Tilly Metz, da es sich dabei lediglich um eine Übung für Buchhalter handele. Ihre Fraktion habe daher gefordert, dass der Nachweis erbracht werden müsse, ob das anvisierte Ziel auch tatsächlich erreicht wurde. „Wir müssen prüfen, ob die Böden tatsächlich besser geworden sind“, so die Grünenpolitikerin, wenn darin das Ziel der finanziellen Bezuschussung bestand. Sonst würde man unter Umständen in einigen Jahren und nach vielen ausgegebenen Milliarden Euro wieder zur Erkenntnis gelangen, die der Europäische Rechnungshof bereits in einem Bericht gemacht habe. Dass nämlich mit den Geldern der GAP die Ziele des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit nicht erreicht worden seien, moniert Tilly Metz.

Der luxemburgische EVP-Abgeordnete Christophe Hansen, der für den EP-Umweltausschuss an den Arbeiten an der Reform beteiligt war, bedauert zwar die Verzögerung der Umsetzung der neuen GAP, sieht aber Vorteile bei den Eco-Schemes. Diese böten den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, sich auf bestimmte Bereiche zu fokussieren, wie etwa den Wasserschutz. Die Mitgliedstaaten könnten somit festlegen, welche Umweltschutzmaßnahmen bei ihnen am sinnvollsten seien. Ihnen werde damit, in Zusammenarbeit mit den Landwirten im Lande, mehr Verantwortung übertragen, findet Hansen.

Weniger Geld für reichere Landwirte

Allerdings sind die nationalen Strategiepläne nicht unumstritten. Es wird befürchtet, dass damit eine Renationalisierung der Landwirtschaftspolitik eingeleitet wird. Die Strategiepläne müssen bei der EU-Kommission eingereicht werden, das Parlament wird in die Diskussionen darüber aber nicht eingebunden, meint Eric Andrieu. Auch wenn der EVP-Abgeordnete und Berichterstatter zu den Strategieplänen, Peter Jahr, meint, der EP-Agrarausschuss werde an dem Thema dranbleiben.

Christophe Hansen weist zudem darauf hin, dass die Direktbeihilfen künftig zugunsten kleinerer Betriebe gedeckelt werden. Das komme vor allem Landwirten in Luxemburg zugute. Mindestens 10 Prozent der Direktzahlungen sollen demnach von den reicheren Bauern zu mittelgroßen bis kleinen landwirtschaftlichen Betrieben fließen. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski meinte, dass diese und andere Maßnahmen „die Fairness, Wirksamkeit und Effizienz der Direktzahlungen“ verbessern würden.

Trotz der großen Zustimmung zu den drei Gesetzen der neuen GAP waren selbst die Berichterstatter nicht ganz zufrieden. Hätten sie nicht zugestimmt, würde es bei der gegenwärtigen Ausrichtung der EU-Agrarpolitik bleiben, sagte die dritte Berichterstatterin im Bunde, die Liberale Ulrike Müller. Sie betrachtet die jetzige Reform daher „als Übergangsmodell“. Für die Zeit nach 2027 wird es zu einer neuen Reform kommen. Diese sollte der „Entbürokratisierung“ gewidmet werden, meinte Peter Jahr. Der Abbau des Verwaltungsaufwands für die Bauern sei dieses Mal zu kurz gekommen.

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