Offener Brief / Gewerkschaften: Die Schule muss alle Schüler in Schwierigkeiten nach Kräften unterstützen

Laut Gewerkschaften seien soziale Ungleichheiten mit zunehmender Verschärfung der aktuellen Krise deutlich geworden
In der Pandemie sollen aktuelle Probleme im Bildungsbereich nicht verdrängt werden. Das unterstreichen die Gewerkschaften OGBL, APESS und ACEN in einem offenen Brief an Bildungsminister Claude Meisch (DP). Angegangen werden müsse das Problem der sozialen Ungleichheit wie auch die Frage nach den Orientierungsverfahren, die die ESG-Schüler auf der „Cinquème“ durchlaufen. In ihrem Schreiben stellen die Syndikate noch andere Forderungen.
In der Corona-Krise andere Baustellen nicht vergessen – das ist die Botschaft, die die Gewerkschaften OGBL, APESS und ACEN am Freitag in einem offenen Brief an Bildungsminister Claude Meisch (DP) richten. Die Syndikate APESS und ACEN setzen sich für die Belange von Lehrern beziehungsweise Lehrbeauftragten ein. Gemeinsam mit dem OGBL machen sie in ihrem Schreiben darauf aufmerksam, dass es neben der Pandemie noch andere aktuelle Problematiken gebe, die eine Lösung verlangten.
„Erstens stellt sich die Frage nach dem Ausmaß der sozialen Ungleichheiten, die mit der zunehmenden Verschärfung der aktuellen Krise deutlich geworden sind“, schreiben die Gewerkschaften. Die Schule als „Refugium“, die den Schüler gänzlich von seinem sozialen Milieu loslöse, würde nicht existieren. Jedoch müsse sich die Institution nach Kräften dafür einsetzen, auf die Lerndefizite vieler junger Menschen einzugehen und wirksame Unterstützungsmaßnahmen für alle Schüler in Schwierigkeiten einzurichten.
Orientierungsprozeduren nicht optimal
Die Gewerkschaften kommen zudem auf die Orientierungsprozeduren der „Cinquième“-Klassen im „Enseignement secondaire général“ (ESG), dem früheren „Technique“, zu sprechen. Die Verfahren würden die Schüler dazu bringen, sich „standardmäßig“ für eine Richtung zu entscheiden, anstatt dass die individuellen Fähigkeiten und die fachlichen Präferenzen der Schüler mit berücksichtigt würden.
Eine ähnliche Kritik äußerte am vergangenen Montag schon die „Fédération des universitaires au service de l’Etat“ (Féduse) in einem offenen Brief. Auch sie machte darauf aufmerksam, dass der Schuh in den unteren Klassen des ESG „ganz gewaltig“ drücke – nicht zuletzt wegen des fast automatischen Aufsteigens der Schüler bis zur „Cinquième“, die dadurch, dass sie nicht unbedingt ein „seriöses Minimum an Wissen und Können“ besitzen würden, schließlich vor verschlossenen Türen stehen würden.
Eine „eingehende Reflexion“ geboten
„Das Sprachenlernen als Element der Integration und nicht der Ausgrenzung sollte in seiner Gesamtheit neu überdacht werden, von der Alphabetisierung im Zyklus 1 der Grundschule bis zu den Abschlussklassen der Sekundarstufe“, schreiben OGBL, APESS und ACEN. Sie fordern zudem eine Reduzierung der Schüleranzahl pro Klasse von zunächst 29 auf 24 Schülern, „um dann, in einer zweiten Phase, die Anzahl von 20 Schülern pro Klasse nicht zu übersteigen.“ Darüber hinaus solle der Service, sich Kopien anzufertigen, für ESG-Schüler und Menschen in der beruflichen Ausbildung kostenlos sein.
Es erscheine dringend geboten, „eine eingehende Reflexion über die Zukunft unserer öffentlichen Schule anzustoßen, und das mit allen direkt betroffenen Akteuren“, sagen die Gewerkschaften. „Um dies zu erreichen, bitten wir um die Schaffung einer dauerhaften Struktur, die Lehrer, Schüler und Eltern regelmäßig zusammenbringt.“
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