Corona-MaßnahmenGesundheitsausschuss: Denunziantenartikel ist gestrichen – Ausgangssperre bleibt

Corona-Maßnahmen / Gesundheitsausschuss: Denunziantenartikel ist gestrichen – Ausgangssperre bleibt
Die Abgeordneten der „Commission de santé et des sports“ haben sich geeinigt: Artikel 16ter – der „Denunziantenartikel“ – wird gestrichen. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Regierung führt mit dem Gesetzesprojekt 7738 nach Weihnachten neue Corona-Maßnahmen in Luxemburg ein. Der „Denunziantenartikel“ wird aus dem Gesetzesprojekt gestrichen. Zuvor hatte der Staatsrat in seinem Gutachten den Artikel 16ter kritisiert, aber keine „opposition formelle“ eingelegt. 

Der Gesundheitsausschuss ist am Mittwoch noch einmal zusammengetreten, um Änderungen am Gesetzesprojekt vorzunehmen, das am Donnerstag gestimmt werden und härtere Corona-Maßnahmen einführen soll. Besonders Artikel 16ter sorgte schon im Vorfeld für reichlich Zündstoff: Beamte des öffentlichen Dienstes sollten durch das neue Gesetz dazu verpflichtet werden, Verstöße gegen die neuen Corona-Maßnahmen zu melden.

„Der Artikel war schon Gegenstand einer kontroversen Diskussion am Dienstag“, sagt Mars di Bartolomeo (LSAP), Präsident der Gesundheitskommission, gegenüber dem Tageblatt. Auch nach der eigentlichen Sitzung sei noch zwischen den Fraktionen debattiert worden. „Nach Rücksprache mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) habe ich dann in der heutigen Kommissionssitzung vorgeschlagen, den Artikel zu streichen, was dann auch einstimmig von den Kommissionsmitgliedern angenommen wurde.“

Tatsächlich hatte der Staatsrat in seinem Gutachten den Artikel kritisiert, wollte jedoch keine „opposition formelle“ einlegen. Er meinte lediglich, dass die Strategie der Regierung auf dem Contact Tracing beruhe – und hier sei ein Klima des gegenseitigen Vertrauens vonnöten, damit mögliche Infektionsquellen gemeldet und zurückverfolgt werden können. So kommt der Staatsrat zu folgendem Urteil: „Au vu de ces critiques, le Conseil d’Etat peut s’accommoder de l’abandon de l’article 16ter.“ Durch diesen Passus ist es dem Gesundheitsausschuss dann auch möglich, den Artikel zu streichen, ohne dass eine weitere Gesetzesänderung inklusive Gutachten hierfür benötigt wird.

„Die Kommission hat ihre Rolle erfüllt“

„Die Kommission hat ihre Rolle voll und ganz erfüllt und den Artikel 16ter, der eindeutig übers Ziel hinausgeschossen ist, somit aus dem Gesetzesprojekt gestrichen – auch wenn er analog zum Artikel 23 des Strafgesetzbuches entworfen wurde“, sagt Di Bartolomeo. Die Gesundheitsministerin habe schon signalisiert, diese Entscheidung zu respektieren und mitzutragen.

Auch die umstrittene Ausgangssperre sieht der Staatsrat als „nicht notwendig“ an, da bereits umfangreiche Restriktionen beschlossen worden seien – allerdings folgt er der Argumentation der Regierung, dass es sich bei der Ausgangssperre um ein effektives Mittel handle, um die Infektionsrate des Virus zu bremsen. „Über die Ausgangssperre wurde ebenfalls noch einmal aufgrund des Gutachtens vom Staatsrat diskutiert“, sagt der LSAP-Politiker. Es bleibe bei der Ausweitung auf 21 Uhr, da das Ziel ja sei, die Kontakte auch während der Festtage weitestgehend zu reduzieren und somit das Gesundheitspersonal zu entlasten. „Das mag sehr hart scheinen, jedoch ist es ein kleines Opfer verglichen mit dem, was das Personal in den Krankenhäusern seit Monaten leistet“, sagt Mars di Bartolomeo. 

Neben der einstimmigen Abschaffung des Artikel 16ter wurde somit die Ausweitung der Ausgangssperre mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Der Gesundheitsausschuss bestätigt ebenfalls das Alkoholverbot und die Schließung nicht-essenzieller Geschäfte bis zum 10. Januar. Der Horeca-Sektor muss bis zum 15. Januar geschlossen bleiben. „Wir haben für nach den Feiertagen wieder eine Sitzung des Ausschusses festgelegt, um die Situation erneut zu analysieren und gegebenenfalls noch einmal nachzubessern“, führt Mars di Bartolomeo weiter aus. Er appelliert an die Vernunft der Menschen: „Auch wenn der Artikel 16ter gestrichen wurde. Wenn man positiv getestet wurde und die Quarantäneregeln missachtet, ist das kein Kavaliersdelikt, sondern einfach unverantwortlich.“

Einige Bedenken

Dennoch gibt das Gutachten des Staatsrats einige Bedenken auf. So musste die Körperschaft unter hohem Zeitdruck arbeiten und sah sich veranlasst, diesen Umstand entsprechend zu vermerken: „In Anbetracht der Dringlichkeit, mit der der Staatsrat über den vorliegenden Gesetzentwurf beraten musste, war er gezwungen, sich darauf zu beschränken (…), die Streichung kritisierter Bestimmungen oder spezifische Änderungen vorzuschlagen, die leicht in den ihm vorgelegten Text aufgenommen werden konnten.“

Das Alkoholverbot wird im Gutachten – wenngleich ohne „opposition formelle“ – ebenfalls infrage gestellt. Nicht nur sei im vorliegenden Text die Definition des öffentlichen Raums unzulänglich. Es sei auch fraglich, ob das Konsumverbot für Alkohol im öffentlichen Raum notwendig für den Schutz der öffentlichen Gesundheit sei. Der Staatsrat weist zudem auf eine Inkohärenz hin: Sport- und Freizeitaktivitäten im Freien dürfen nach dem neuen Covid-Gesetz maximal zu zweit durchgeführt werden, die maximale Gruppengröße unter freiem Himmel wurde jedoch auf vier Personen festgesetzt.

Das Covid-Gesetz legt ebenfalls den Grundstein für die Impfstrategie der Regierung. Das Gesetzesprojekt definiert, dass Daten der geimpften Personen bis zu 20 Jahre gespeichert werden können, um „die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen kontinuierlich überwachen und bewerten zu können“. Der Staatsrat hinterfragt die Länge der Datenspeicherung, da diese im Gesundheitssektor in der Regel bei zehn Jahre liege. Wenngleich sich die Nationale Datenschutzkommission (CNPD) aus medizinischer und epidemiologischer Sicht nicht hinlänglich dazu äußern kann, fordern die Datenschützer, dass die Länge der Datenspeicherung anhand objektiver Kriterien definiert wird.

Clemi
24. Dezember 2020 - 22.34

wieder mal desaströse regierungskommunikation. in einem presseartikel über die debatte in der chamber liest man, dass die gesundheitsministerin sagte besagter artikel wäre wohl mehr oder weniger auf das contact tracing gemünzt gewesen, da dort in den gesprächen oft kenntnis von solchen zuwiderhandlungen erlangt wird, aber nichts dagegen unternommen werden kann. hätte man dies von anfang an so kommuniziert ... es zumindest so in den commentaire des articles des gesetzesprojektes geschrieben (ist nicht der fall) oder gar versucht, den gesetzesartikel konkret auf das contact tracing zuzuschreiben ... genauso desaströs war/ist aber auch die berichterstattung und die reaktionen. der "denunziantenartikel" ... ich fass es nicht und schrieb es bereits einmal in einem anderen corona-kontext: denunzieren ist immer noch "anzeigen aus niederen beweggründen". ein solches immer gleich zu unterstellen in dem man das wort denunzieren benutzt, ist komplett daneben. es geht hier um aktuell gültige regeln des gesellschaftlichen miteinanders im rahmen einer pandemie die immer noch sehr sehr viel leid verursacht und wo es respekt und verantwortungsbewusstsein von JEDEM einzelnem bedarf. es geht um öffentliche angestellte und feststellungen die sie "dans l'exercice de ses fonctions" machen, also im rahmen ihrer beruflichen tätigkeit. denunzieren? da sind wir wohl meilenweit davon weg. ob dieser artikel übers ziel hinausschoss lässt sich sicherlich immer noch diskutieren. wenn aber eine gewerkschaft in diesem zusammenhang gleich die nazikeule schwingt schiesst das mit sicherheit und ohne jegliche diskussion übers ziel hinaus.

d'Boufermamm
24. Dezember 2020 - 17.00

@Claude Oswald: wenn dem so ist, wurde dieser Artikel zurecht gestrichen. Sehe effektiv nicht ein, wieso ein normaler Staatsbediensteter diese Befugnisse haben sollte. So weit darf es tatsächlich nicht kommen.

Claude Oswald
24. Dezember 2020 - 15.30

Der Boufermamm : Souwäit ech den Text vum Projet de Loi verstan hat, sollten ALL Staatsbeamten an d'Pflicht geholl ginn, fir déi Leit déi sech net un d'Gesetz halen, ze denunzéieren. Also och d'Beamte vun der Steierverwaltung, d'Proffen ... an esouguer d'Paschtéier déi nach de Statut vu Staatsbeamten hunn. Do wier eppes op eis zoukomm ... et ass gutt, dass se deen Artikel nees gestrach hunn.

d'Boufermamm
24. Dezember 2020 - 13.51

Was hat diese Meldepflicht der Verstösse gegen die Corona-Massnahmen seitens der Beamten des öffentlichen Dienstes mit Denunziantentum zu tun? Gesetze und Verbote sind da, um eingehalten zu werden. Die Polizei resp. die Ordnungshüter machen doch nur ihre Arbeit. Denunziantentum wäre es eher, wenn Privatleute petzen würden.

zyniker
23. Dezember 2020 - 19.47

Sie mussen awer nach emmer HEIDI HEIDO HEIDA sangen wann se da schaffe gin