„Bomber der Nation“Gerd Müller im Alter von 75 Jahren verstorben

„Bomber der Nation“ / Gerd Müller im Alter von 75 Jahren verstorben
Bis heute Rekord: Gerd Müller erzielte in 427 Bundesliga-Spielen 365 Tore Foto: Franz-Peter Tschauner/dpa

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Tore waren sein Markenzeichen. Wenn Gerd Müller in Tornähe an den Ball kam, hat es meistens „bumm“ gemacht. „Der Bomber der Nation“ ist am Sonntag im Alter von 75 Jahren verstorben. Müller litt seit Jahren an Demenz.

Hintern raus, kurze Drehung, Schuss – dann machte es bumm! Gerd Müller galt als bester Stürmer, den Deutschland je hatte. „Ohne die Tore vom Gerd wären wir noch immer in unserer alten Holzhütte an der Säbener Straße“, würdigte Kaiser Franz Beckenbauer einst die großen Verdienste seines Weggefährten um Bayern München.

Deutschland wäre 1974 ohne Müllers unnachahmliches 2:1-Siegtor wohl auch nicht Weltmeister geworden. Doch die Jubelbilder sind Vergangenheit. Der Bomber der Nation ist am Sonntag in einem Pflegeheim südlich von München im Alter von 75 Jahren gestorben.

Leistungen bis heute unerreicht

„Die Welt des FC Bayern steht still“, schrieb der Rekordmeister. „Es ist ein trauriger, schwarzer Tag für den FC Bayern. Gerd Müller war der größte Stürmer, den es je gegeben hat – und ein feiner Mensch, eine Persönlichkeit des Weltfußballs“, sagte Präsident Herbert Hainer tief betroffen.

Vorstandschef Oliver Kahn bezeichnete „kleines dickes Müller“, wie ihn der frühere Bayern-Coach Tschik Cajkovski einst liebevoll nannte, als „eine der größten Legenden in der Geschichte des FC Bayern, seine Leistungen sind bis heute unerreicht und werden auf ewig Teil der großen Geschichte des FC Bayern und des gesamten deutschen Fußballs sein“.

Vor gut sechs Jahren hatten die Bayern öffentlich gemacht, was nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten wusste: Gerd Müller, der ewige Torjäger, war an Alzheimer erkrankt und lebte in einem Pflegeheim. Dort kämpfte er gegen das Vergessen. Bis Sonntagmorgen.

Schon vor Wochen hatte seine Ehefrau Uschi in der Sport Bild erzählt, dass ihr geliebter Gerd sich in einer „traurigen Lage“ befinde. „Er schläft langsam hinüber.“ Sie hoffe nur, ergänzte sie, „dass er nicht nachdenken kann über sein Schicksal, über eine Krankheit, die dem Menschen die letzte Würde raubt“.

Müller war immer der Stille, der schüchterne und bescheidene Star gewesen, der auf all den Trubel um seine Person verdruckst reagierte.

Als ihn der FC Barcelona in den 1970er-Jahren mit dem astronomischen Jahresgehalt von 600.000 Mark köderte, lehnte er verständnislos ab. „I mog ned, i kann doch ned mehr als ein Schnitzel am Tag essen“, sagte er.

Und das Geheimnis seiner vielen Tore war für ihn selbst eines. „I hau’ halt immerzu aufs Tor“, sagte er, „wenn ich drei Sekunden zum Überlegen hätte, wär’s vorbei.“

Ein Idol

Während Beckenbauer oder Uli Hoeneß nach der Karriere im Rampenlicht blieben, scheute Müller die Öffentlichkeit. Der gelernte Weber war kein Charismatiker, er hatte Probleme mit dem Leben außerhalb des Fußballs. In den 1980er-Jahren verfiel er dem Alkohol, auch finanziell und privat soll er damals in Not geraten sein.

Seine Spezln – Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß – fingen ihn auf, gaben ihm eine Aufgabe als Co-Trainer und wieder Halt. „Ohne die Hilfe meiner Freunde hätte ich es wohl nicht geschafft“, sagte Müller einmal. Bis zuletzt standen die Bayern ihrem „Gerdchen“ (Dettmar Cramer) zur Seite.

Das Tor für die Ewigkeit schoss er am Ende seiner viel zu früh beendeten DFB-Karriere. Im WM-Finale 1974 erzielte er im Münchner Olympiastadion das 2:1 gegen die Niederlande. „Ich habe schönere Tore gemacht, aber das wichtigste war dieses Weltmeistertor“, sagte er. Müller war einmalig, unerreicht. In 62 Länderspielen erzielte er 68 Tore, bevor er nach dem WM-Triumph 1974 verärgert über den DFB viel zu früh aus der Nationalmannschaft zurücktrat.

In der Bundesliga müllerte er weiter: 365 Tore gelangen ihm, allein 40 in der Saison 1971/72 – diesen „ewigen“ Bestwert knackte im Sommer erst Robert Lewandowski mit 41 Toren. Doch auch der aktuelle Torjäger wehrte sich stets gegen Vergleiche mit dem „Bomber“. Gerd Müller, sagte Lewandowski, werde „immer unerreicht bleiben. Ein Idol“. (SID)

Sein wichtigstes Tor erzielte der „Bomber der Nation“ 1974 im WM-Finale gegen die Niederlande
Sein wichtigstes Tor erzielte der „Bomber der Nation“ 1974 im WM-Finale gegen die Niederlande Foto: AFP