Ausländer im SportFußball soll liberalisiert werden, der Basketball tut sich schwer

Ausländer im Sport / Fußball soll liberalisiert werden, der Basketball tut sich schwer
Während ein paar Jahren Opfer der Erstlizenz-Regelung: Lucas Fox fing als Sohn eines luxemburgischen Vaters mit dem Fußball in Frankreich an, wechselte relativ schnell nach Luxemburg, galt aber bis vergangene Saison als „Ausländer“ Foto: Editpress/Wildson Alves

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Fünf statt sieben „premières licences“ strebt der Ligaverband LFL für kommende Saison an und will sich damit der Realität hierzulande anpassen. Im Handball und Volleyball gibt es überhaupt keine Ausländerbeschränkung. Nur bei den Basketballvereinen stellt man sich derzeit die Frage, ob es förderlich wäre, mit weniger Ausländern zu spielen.

Wie Le Quotidien vergangene Woche berichtete, hat der Ligaverband LFL „einstimmig“ entschieden, die Zahl der „premières licences“ von bisher sieben auf fünf herunterzuschrauben. Zwei dieser Spieler müssen in der Startelf stehen. Noch in den kommenden Wochen soll ein Referendum stattfinden, um diese neuen Bestimmungen durchzuwinken. 23 Vereine haben diese Bitte an den nationalen Fußballverband FLF gerichtet.

Jacques Wolter, Präsident der US Hostert und Führungspersönlichkeit der LFL, sieht den Moment gekommen, um zu reagieren: „Die einheimischen Spieler werden immer teurer und die richtig Guten sind fast nicht mehr zu bezahlen. Die großen Vereine bedienen sich in Hostert, wir kaufen in der Ehrenpromotion ein, die Ehrenpromotion kauft in der ersten Division ein und so weiter und so fort. Wir müssen diesen Druck wegnehmen, denn es ist einfach kontraproduktiv für die Spieler und den Fußball. Es gibt sehr viele Spieler, die Anfang 20 sind und keine Spielpraxis haben, weil sie als Erstlizenz auf der Bank gebraucht werden. Ich bin überzeugt, dass fast jeder Verein mit Luxemburgern spielen will, aber das ist nicht immer einfach.“

Wolter weist im gleichen Atemzug darauf hin, dass Luxemburg und sein Fußball sich seit der Einführung der Regel verändert haben. „Über 50 Prozent der Einwohner sind Ausländer und hinzu kommen noch sehr viele Grenzgänger. Und das spiegelt sich auch in den Vereinen wider. Als die Regel damals eingeführt wurde, ging es darum, mehr Kandidaten für die Nationalmannschaft zu bekommen. Heute kann davon keine Rede mehr sein, denn nur die wenigsten Nationalspieler sind noch in Luxemburg aktiv.“

In der Tat stehen derzeit 56 Luxemburger, die älter als 16 Jahre alt sind, bei ausländischen Profivereinen unter Vertrag. Diese Spieler stehen den Vereinen in Luxemburg nicht mehr zur Verfügung.

Ich glaube nicht, dass ein Spieler aus Mondorf sich mehr mit Wiltz identifiziert als ein Spieler aus Bastogne

Michael Schenk, Präsident des FC Wiltz 71

Michael Schenk, Präsident des FC Wiltz 71, sieht noch einen anderen Vorteil in der neuen Regel: „Jüngere Spieler können auch mal ausgeliehen werden, um Spielpraxis zu bekommen, anstatt auf der Bank sitzen zu müssen, weil jeder sieben ’premières licences’ haben muss.“ Genau wie Wolter will Schenk den „Druck“ vom Markt nehmen: „Es macht nicht viel Sinn, zwei Spieler aus Wintger zu verpflichten, um die Quote zu erfüllen, und danach sitzen diese beiden auf der Bank.“

Ein wichtiger Bestandteil der Diskussion ist für Schenk die Zukunft der Jugendausbildung in Luxemburg: „Ich könnte mir ein Sternesystem wie in Belgien vorstellen. Nur wer die nötige Qualität in der Nachwuchsförderung vorweisen kann, darf in der BGL Ligue spielen. Außerdem könnte ich es mir vorstellen, dass von den fünf Erstlizenzen zwei aus dem eigenen Nachwuchs stammen müssen. Diese Spieler könnten dann auch nicht einfach so weggekauft werden, da sie diesen Status ja nur im eigenen Verein haben können.“ Um die Identifikation macht sich Schenk keine Sorgen. „Ich glaube nicht, dass ein Spieler aus Mondorf sich mehr mit Wiltz identifiziert als ein Spieler aus Bastogne.“

Anpassung

Bereits im vergangenen Jahr wurde die „première licence“-Regel angepasst. Seitdem haben nicht nur Sportler, die in Luxemburg mit dem Sport angefangen haben, diesen Status, sondern auch jene, die vor dem 14. Lebensjahr eine Lizenz hierzulande unterschrieben haben oder wenn sie zwischen dem 15. und 23. Lebensjahr fünf Saisons in Luxemburg aktiv waren. Spieler wie Diogo Pimentel (Jammerbugt FK, vorher Fola), Bruno Freire (Fola) oder Lucas Fox (Düdelingen) bekamen dadurch endlich den Status, den sie eigentlich verdienen. 

„Es wird Zeit, sich der Realität, in der wir leben, anzupassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir unsere Nachwuchsarbeit vernachlässigen werden. Die Besten sollen auf dem Platz stehen und nicht die mit dem passenden Status“, sagt beispielsweise der Differdinger Präsident Fabrizio Bei.

Beim nationalen Fußballverband FLF kann und will man sich nicht gegen den Vorschlag wehren. „Wir sind komplett neutral und müssen das auch sein. Die Klubs müssen entscheiden, wie sie spielen wollen“, sagt Pressesprecher Marc Diederich, der aber durchblicken lässt, dass man in Monnerich nicht gegen den Vorschlag abgeneigt ist.

Unbegrenzt

Ich kenne keinen guten Luxemburger, der wegen Ausländern keine Spielzeit im Verein bekommt

Romain Schockmel, Präsident des nationalen Handballverbandes FLH

Die Situationen bei den anderen drei großen Ballsportverbänden könnten unterschiedlicher nicht sein. Im Volleyball und Handball gibt es keine Ausländerbeschränkung. Ein Nachteil scheint dies nicht zu sein, denn die jeweiligen Nationalmannschaften spielen seit Jahren auf einem anständigen bis guten Niveau. Im Vergleich zur Vergangenheit haben sogar mehr Spieler den Sprung ins Ausland geschafft.

FLH-Präsident Romain Schockmel ist ein Verfechter der aktuellen Regelung im Handball: „Die Ausländer haben einen positiven Effekt auf die nationale Handballszene. Erstens erhöhen sie das Niveau in den Vereinen und dadurch auch das Niveau in der Nationalmannschaft und zweitens würden einige Vereine ohne Ausländer vielleicht nicht mehr bestehen. Ich selbst bin an der Uni Luxemburg aktiv und merke, dass immer mehr Studenten nach Luxemburg kommen, hier ein paar Jahre bleiben und auch Sport machen wollen. Sollen wir diesen Menschen die Tür verschließen? Solange es die Vereine wollen, werden wir bei der aktuellen Regelung bleiben und auf der anderen Seite den Weg einschlagen, dass immer mehr junge Luxemburger ins Ausland wechseln wollen“, sagt Schockmel, der sogar noch einen Schritt weiter geht: „Ich kenne keinen guten Luxemburger, der wegen Ausländern keine Spielzeit im Verein bekommt.“

Basketballer weiter am restriktivsten?

Die Basketballer sind von den vier großen Ballsportarten die restriktivsten. Eine Diskussion um eine Reform der Ausländerbeschränkung gibt es bereits seit Jahren – eine für den Großteil der Vereine zufriedenstellende Lösung liegt bis heute nicht auf dem Tisch. Derzeit gibt es zwei Tendenzen. Die eine Seite strebt an, dass nur zwei „Ausländer“ (in diesem Fall Non-JICL – „non-joueurs inscrits dans un club luxembourgeois“) gleichzeitig auf dem Platz stehen dürfen – u.a. ist Nationaltrainer Ken Diederich ein Befürworter dieser Regelung. Die Gegenbewegung will entweder die aktuelle Ausländerregelung beibehalten (drei Ausländer im Zwölfer-Aufgebot) oder sogar noch einen Schritt weiter gehen und noch mehr Ausländer erlauben. Im Prinzip gibt es in der LBBL zwar noch immer ein „Gentlemen’s Agreement“ (nur zwei Non-JICL), dieses wird aber schon länger nicht von jedem Verein respektiert, da es u.a. nicht mehr der Realität der Zusammensetzung der Bevölkerung hierzulande entspricht. 

FLBB-Präsident Samy Picard geht davon aus, dass es – trotz vieler Gesprächsrunden – auch in der kommenden Saison keine neue Non-JICL- oder JICL-Regelung geben wird: „Wir haben den Vereinspräsidenten ein Dossier vorgelegt mit den Möglichkeiten, die es gibt und mit denen keiner vor den Kopf gestoßen wird. So wie ich es mitbekommen habe, wurde kein Konsens gefunden. Es ist vor allem schwer, in der Damenmeisterschaft hinzugehen und eine Regel umzusetzen, bei der immer drei JICL auf dem Platz stehen müssen – einige Mannschaften würden Probleme bekommen, ein Team zusammenzustellen. Die fairste Lösung wäre eigentlich ein Profi-Status gewesen. Das war ein Vorschlag von unserer Seite, der jedoch von den Vereinen nicht angenommen wurde. Wenn in diesem Sommer kein Konsens gefunden wird, dann packe ich dieses Dossier in meiner Mandatsperiode nicht mehr an. Ich würde aber sehr viel Geld darauf wetten, dass es beim Status quo bleiben wird.“

Viel Spielraum haben die Vereine der FLBB eh nicht, denn schon in der Vergangenheit wurde die Non-JICL-Regelung von der EU-Kommission als zu einschränkend für Nicht-Luxemburger bewertet. Zur Erinnerung: Luxemburger und EU-Ausländer müssen auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Chancen haben – das trifft auch auf eine Amateurliga wie die Total League zu. 

Eine komplette Liberalisieriung wie im Handball oder Volleyball wird es aber im Basketball wohl nicht so schnell geben. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn das Experiment der Fußballer in den kommenden Jahren keine negativen Auswirkungen auf ihre Sportart haben würde.

Aktuelle Regeln

Fußball: 7 sogenannte „premières licences“ müssen im 16er-Aufgebot stehen.
Basketball: 3 sogenannte Non-JICL dürfen im 12er-Aufgebot stehen.
Handball: Keine Beschränkung im 12er-Aufgebot.
Volleyball: Keine Beschränkung im 12er-Aufgebot.

Camilla
5. April 2022 - 16.31

Wieso sollte ich mich von der Couch erheben um drittklassige Amerikaner von Düdelingen gegen Drittklassige von Berchem spielen zu sehen? Auf dem Fernseher kann ich hunderte Matches sehen wo Amerikaner gegen Amerikaner spielen die tatsächlich was können.