ParlamentFür Youtube, Ebay und Konsorten gelten in Luxemburg strengere Regeln

Parlament / Für Youtube, Ebay und Konsorten gelten in Luxemburg strengere Regeln
Das Gesetz erweitert den Schutz von Minderjährigen auf den Internet-Plattformen Foto: AFP/Martin Bureau

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Die CSV hat sich am Mittwoch (11.2.) über mangelnden Respekt gegenüber dem Parlament beschwert. Anlass dazu gab die Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung einer EU-Direktive, die eine strengere Kontrolle elektronischer Medien vorschreibt. Zwar stimme sie der Richtlinie zu, aber wegen der Regierungshaltung enthalte sie sich, so die CSV.

Die nun in Gesetz gegossene Richtlinie ändert einen älteren Text ab. Darin wird der Anwendungsbereich des Gesetzes über audiovisuelle Medien auf Video-on-demand- und Videosharing-Plattformen wie youtube.com erweitert – Plattformen, auf denen Privatpersonen ihre Filmschnipsel teilen. Des Weiteren werden die juristischen Kompetenzen der Mitgliedsländer präzisiert. So muss jedes Land alle Anbieter von  audiovisuellen Diensten auflisten, die unter seinen juristischen Wirkungsbereich fallen.

Das Gesetz erweitert den Schutz von Minderjährigen vor Angeboten, die ihrer physischen, geistigen oder moralischen Entwicklung schaden könnten. Diese Aufgabe fällt den Betreibern der Plattformen zu. Sie sollen Minderjährige vor ihrem Alter nicht angebrachten Inhalten schützen. Die neue Direktive soll auch eine wirksamere Bekämpfung von Hassrede fördern. Die Dienstanbieter stehen auch dafür gerade, dass Aufstachelung zu Gewalt, Hass und Terrorismus unterbleibt. 

Die jeweiligen nationalen Kontrollorgane bekommen zusätzliche Befugnisse. In Luxemburg ist das die „Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“ (ALIA). Sie wird in Zukunft für außergerichtliche Streitfragen zuständig sein und außerdem die Wirksamkeit der Maßnahmen bewerten, welche die Videosharing-Plattformen treffen. Auch soll die ALIA die Medienerziehung allgemein in der Bevölkerung fördern.

Mehr Aufgaben für die ALIA

Die sich den Ausführungen von Berichterstatter Guy Arendt (DP) anschließende Debatte drehte sich vor allem darum, wie das Gesetzesprojekt vorgelegt und im Parlament bearbeitet wurde. Insbesondere die CSV bemängelte den engen Zeitrahmen, der dem Parlament zugestanden worden war. Der Gesetzentwurf war erst im August 2020 deponiert worden, obwohl die EU-Direktive seit 2018 vorlag. Die Umsetzungsfrist lief bis September 2020. Der Zeitdruck führte dazu, dass einzelne Gutachten zum Entwurf nicht im Ressortausschuss erörtert werden konnten, bemängelte die CSV-Abgeordnete Diane Adehm. Dabei beinhalte insbesondere das Gutachten der ALIA durchaus berechtigte Bemerkungen, sagte sie. 

Viel zu oft würden Gesetzentwürfe spät vorgelegt, sodass nachträgliche Änderungen nicht mehr möglich seien, bemängelte auch Sven Clement („Piratepartei“). Das zur Diskussion stehende Gesetz über elektronische Medien sei eines der unübersichtlichsten, die man jemals im Parlament behandelt habe, so Clement. Es regelte ursprünglich das klassische Fernsehen, dann die Radios, schließlich wurden jetzt Videosharing-Plattformen und Video-on-demand hinzugefügt. Wegen des Zeitmangels sei verpasst worden, es vollständiger zu gestalten. Von Podcasts etwa sei keine Rede. Dabei müsste das Gesetz sämtliche elektronischen Medien erfassen. 

Die Novelle betrifft ein Gesetz aus dem Jahr 1991. Das sei inzwischen bereits neunmal abgeändert worden, sagte Adehm. Es sollte grundlegend überarbeitet werden – ein ebenfalls von der ALIA formulierter Vorschlag. Obwohl sie üblicherweise für die Umsetzung von EU-Richtlinien stimme, enthalte sich die CSV. Man wolle ein Zeichen setzen, wie das Parlament behandelt werde, so Adehm.

Die Forderung der CSV, ein Gesetzesprojekt zu einer EU-Direktive ein Jahr vor der Abstimmung im Parlament vorzulegen, wiesen die Mehrheitsparteien zurück. Die Regierung halte Gesetzentwürfe nicht absichtlich zurück, so Premierminister Xavier Bettel; eine Überarbeitung des Gesetzes über elektronische Medien schloss er nicht aus. 

Auf allgemeine Zustimmung stieß der Gesetzentwurf zum EU-Reglement, das die Beziehungen zwischen Online-Plattformen und Suchmaschinen einerseits und Online-Händlern andererseits regelt – eine Weltpremiere. Zum ersten Mal werde Online-Plattformen ein rechtlicher Rahmen gegeben, so Wirtschaftsminister Ben Fayot (LSAP). EU-Reglemente treten automatisch in Kraft, bedürfen folglich keiner nationalen Gesetze. In diesem Fall wurden den Mitgliedsländern Sonderanpassungen ermöglicht. 

Die Präsenz auf Plattformen gewinne für den Handel stets an Bedeutung, so Berichterstatterin Francine Closener (LSAP). Bei kleinen und mittleren Betrieben könne schnell ein Abhängigkeitsverhältnis entstehen. Letztere soll das neue Gesetz schützen. So sollen die Zugangsbestimmungen klarer formuliert werden. Eine Plattform wird einem Online-Händler nicht mehr ohne Weiteres die Zusammenarbeit kündigen dürfen. Vorgesehen ist eine Schiedsstelle für Streitfragen. Händler werden sich gegenüber den Online-Plattformen durch amtlich anerkannte Vereinigungen vertreten können. Die Geschäftsbedingungen müssten in Zukunft klarer formuliert werden, hob Léon Gloden (CSV) hervor. Eine Plattform müsse begründen, warum sie einem Händler den Zugang verwehre. Suchmaschinen müssten ihrerseits erklären, wovon ein besseres Ranking abhänge, so Sven Clement (Piraten).

Jedes Mitgliedsland kann eine eigene Behörde schaffen, an die sich Online-Händler bei Problemen mit einem Plattformbetreiber wenden können. In Luxemburg könnte dies der „Conseil de concurrence“ sein. Nur fehlt dazu derzeit noch die rechtliche Grundlage.