Dienstag9. Dezember 2025

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Kompromiss gefundenFreiheit auf Schwangerschaftsabbruch soll in der Verfassung verankert werden

Kompromiss gefunden / Freiheit auf Schwangerschaftsabbruch soll in der Verfassung verankert werden
Symbolbild: Aktion zur Verankerung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in der luxemburgischen Verfassung Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Der Schwangerschaftsabbruch soll Einzug in die Verfassung finden: Die zuständige Institutionskommission einigte sich am Montag auf einen Änderungsvorschlag. Über die Einigung der Regierungsparteien, die Kritik der Opposition und den Kommentar der Zivilgesellschaft.

Die Freiheit, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, soll in der Luxemburger Verfassung verankert werden: Das entschieden die Mitglieder der Institutionskommission am Montag. Der Abgeordnete Marc Baum („déi Lénk“) hatte den Vorschlag zur Verfassungsänderung 2024 eingereicht. Das Recht auf Verhütungsmittel, das er ebenfalls in der Verfassung unterbringen wollte, wurde derweil zum Bedauern der Oppositionsparteien ad acta gelegt. „Die heutige Entscheidung ist dennoch ein Sieg“, sagt Baum dem Tageblatt gegenüber.

Die Präsidentin des „Planning familial“, Fatima Rougi, stimmt Baum zu und schreibt von einer „avancée historique“, die das Zentrum seit Jahren verteidige. „Elle marque une étape essentielle vers la reconnaissance pleine et entière des droits reproductifs“, hebt Rougi im Austausch mit dem Tageblatt hervor.

Konflikte und Protest

Der Vorschlag von Marc Baum löste in den vergangenen Monaten hitzige Debatten aus, in denen sich sowohl gesellschaftliche als auch innerparteiliche Differenzen abzeichneten. So sprach sich der DP-Abgeordnete Gérard Schockmel im Gespräch mit dem Radiosender 100,7 offen gegen eine entsprechende Verfassungserweiterung aus, während sich die DP-Parteipräsidentin Carole Hartmann dafür starkmachte. Kardinal Jean-Claude Hollerich prophezeite in einem umstrittenen RTL-Interview einen Rechtsruck innerhalb der katholischen Gemeinschaft, sollte das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung festgehalten werden. Die Zivilgesellschaft trieb das Dossier Mitte September auf die Straße: Rund 70 Personen versammelten sich damals vor der themenbezogenen Sitzung der Institutionskommission vor der Abgeordnetenkammer und unterstützten Baums Änderungsvorschlag.

Der Kompromiss

Eine Aktion, die offenbar Wirkung zeigte. Doch der nun verabschiedete Text gilt als Kompromiss. Baum forderte ausdrücklich ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch, die Mehrheit bewilligte stattdessen die Freiheit darauf. Das ist im Sinne von Premierminister Luc Frieden (CSV), der in einem RTL-Interview klar gegen das „absolute Recht“ auf Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung eintrat. Das Fachpersonal würde dadurch gezwungen, entsprechende Eingriffe vorzunehmen – und das widerspreche seinem Entscheidungsrecht („clause de conscience“).

In der Kommissionsitzung waren sich die Mitglieder uneins, inwiefern die Begriffe Recht und Freiheit in der Praxis auseinanderklaffen. „Diese Differenzierungsversuche sorgen unnötig für Verwirrung“, findet Baum. „Im zweiten Kapitel der Verfassung, ‚Rechte und Freiheiten‘, wird nicht zwischen den Wörtern unterschieden. Es herrscht keine Hierarchie.“ Auch die anderen Oppositionsmitglieder beharrten in der Sitzung auf der Austauschbarkeit der Wörter. Das „Planning familial“ begreift den Begriff „Freiheit“ derweil als Chance: „Nous choisissons d’y voir une opportunité: celle de rendre cette liberté concrète, accessible et protégée, car une liberté n’a de sens que si elle peut s’exercer pleinement — partout sur le territoire, avec des moyens suffisants et sans pressions ni jugements.“

Inklusiver Text

Die LSAP schreibt in einer Pressemitteilung zum Thema: „Die LSAP hätte es bevorzugt, die Freiheit auf den Schwangerschaftsabbruch explizit als ‚Recht‘ in der Verfassung festzuhalten, aber die Priorität bleibt klar: die Garantie, dass die Frau selbst – und sonst niemand – über ihren Körper entscheidet.“ Nicht nur Frauen, wie Baum in der Kommissionssitzung und im Gespräch mit dem Tageblatt betonte: „Der Text spricht diese Freiheit allen gebärfähigen Menschen zu und gilt somit beispielsweise auch für trans Personen.“

Er geht davon aus, dass es spätestens Anfang 2026 zur Abstimmung in der Abgeordnetenkammer kommt. „Ich bin überzeugt, dass sich die Mehrheit dafür ausspricht“, sagt er. „Luxemburg wird somit das zweite Land in Europa, in dem die Freiheit auf den Schwangerschaftsabbruch explizit in der Verfassung steht – Frankreich ging mit gutem Beispiel voran.“