Flashback 2020Wissenschaftlichkeit und falsche Zahlen: Meisch trägt bei Polemik um Ministeriumsbericht dick auf

Flashback 2020 / Wissenschaftlichkeit und falsche Zahlen: Meisch trägt bei Polemik um Ministeriumsbericht dick auf
Bildungs- und Hochschulminister Claude Meisch hat in seiner Antwort auf eine parlamentarische Frage einen ungewohnt scharfen Ton aufgesetzt und spart nicht mit Kritik an einem Artikel vom „Wort“ Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Anfang 2020 war noch alles anders. Wie sehr hat das vergangenen Jahr die Welt und Luxemburg verändert? Bis Silvester präsentiert das Tageblatt die interessantesten und bewegendsten Artikel des Jahres der Corona-Pandemie. Dieser Artikel wurde zuerst am 11. Dezember veröffentlicht.

Die Polemik um die Wissenschaftlichkeit eines Berichtes des Bildungsministeriums und um mutmaßlich falsche Zahlen zu positiven Fällen und Infektionsketten in den Schulen geht in die nächste Runde. Bildungsminister Claude Meisch zeigt sich nun besorgt darüber, dass infolge eines „Wort“-Artikels die Integrität öffentlicher Verwaltungen in dieser Krisensituation unbegründet infrage gestellt würde. Auslöser war besagter Artikel, der laut Meisch für Verwirrung in der Öffentlichkeit gesorgt haben soll.

Eine der Rollen, die Journalisten haben, ist es, Behörden und Politikern genau auf die Finger zu schauen und alles, was sie tun, grundsätzlich zu hinterfragen. Es ist ihre Aufgabe und Pflicht. So geschah es auch in einem Artikel des Wort mit dem Titel „Zweifelhafter Bericht zur Infektionslage in den Schulen“ (Online-Version vom 24. November). In diesem Artikel wird die Wissenschaftlichkeit eines Analyseberichts des Menje („Ministère de l’Education nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse“) infrage gestellt. Bildungsminister Claude Meisch hatte diesen Bericht – „Rapport d’analyse sur la situation de la Covid-19 dans les établissements scolaires du 15 septembre au 1er novembre 2020“ am 12. November auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Darin werden die Infektionszahlen im Zeitrahmen vom 15. September bis zum 1. November analysiert. Laut Wort sei die Vorgehensweise, wie der Bericht zustande kam, „bedenklich“. Der Zeitung zufolge sollen weder Wissenschaftler noch die „Santé“ an dem Bericht mitgewirkt haben, sondern ausschließlich Beamte des Bildungsministeriums, darunter einige mit „wissenschaftlichem Hintergrund“. Die „Santé“ soll lediglich die Rohdaten geliefert haben.

Claude Meisch bestätigt in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage von CSV-Fraktionspräsidentin Martine Hansen und dem Abgeordneten Claude Wiseler, dass der Bericht vom Bildungsministerium auf Basis der offiziellen Zahlen der „Inspection sanitaire“ erstellt wurde. Er sei eine statistische Auswertung dieser offiziellen Zahlen und habe als Ziel, die transparente Information der Öffentlichkeit zu gewährleisten sowie das Ministerium in seinen Entscheidungsprozessen zu orientieren. „Dass es sich nicht um eine wissenschaftliche Forschungsarbeit handelt, dürfte auf den ersten Blick ersichtlich sein.“ Meisch wies darauf hin, dass diese Angabe der Einleitung zum Bericht zu entnehmen ist.

Meisch gibt an, wer an der Analyse mitgewirkt hat. Das sind Mitglieder des „Comité de pilotage Covid-19 & éducation“, Mitarbeiter aus der „Cellule de coordination“ des Menje und der „Inspection sanitaire“ sowie Mitarbeiter der „Division du traitement de données“ des Script („Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“). Der Minister präzisiert, dass diese Mitarbeiter auch an dem wissenschaftlichen Bericht, der im August 2020 vorgestellt wurde, sowie an den wöchentlichen „Bilans chiffrés“ mit den aktuellen Infektionszahlen mitgearbeitet haben. Bei diesen Leuten handele es sich laut Minister einerseits um erfahrene Statistiker und Data-Analysten und andererseits um Beamte, die verantwortlich für die Covid-19-Strategie in den Bereichen Grund- und Sekundarschule sind.

Der von Meisch am 12. November vorgestellte Bericht hat demnach keinen wissenschaftlichen Anspruch, dient aber trotzdem als Grundlage zur Rechtfertigung oder gegebenenfalls zur Anpassung der sanitären Maßnahmen in den Schulen. Dies ist ebenfalls dem Bericht zu entnehmen. Die Taskforce Covid-19, die aus Wissenschaftlern besteht und den Ministerien bei Bedarf zur Verfügung steht, hat definitiv nicht mit an dem Bericht gearbeitet. Die Taskforce werde aber ins Boot geholt, so Meisch, wenn dieser Bericht, sozusagen als reine Datengrundlage, an die Wissenschaftler weitergereicht wird, damit diese ihn als Basis für eine spätere wissenschaftliche Publikation nutzen können. Meisch sagt, dass das Hochschulministerium im permanenten Kontakt mit der Taskforce steht.

Menje stand nicht im Kontakt mit der Taskforce

Meisch ist auch Hochschulminister. Claude Wilmes, einer der Sprecher der Taskforce, hatte gegenüber dem Wort gesagt, dass er seit September keinen Kontakt mehr mit dem Bildungsministerium hatte. Gegenüber dem Tageblatt wollte er sich nicht weiter dazu äußern. In der Antwort auf die parlamentarische Frage schreibt Meisch demnach, dass das Hochschulministerium mit der Taskforce in Kontakt war. Das Hochschulministerium ist nicht das Bildungsministerium. Wilmes’ Aussage ist demnach nicht falsch und trotzdem kann Meisch sagen, dass er mit der Taskforce im Kontakt stand.

Das Tageblatt hatte sich im Artikel „Hat das Bildungsministerium die Taskforce ausgegrenzt?“ vom 27. November mit der Antwort von Wilmes nicht zufriedengegeben und hakte daraufhin bei Ulf Nehrbass, Wissenschaftler und ebenfalls Sprecher der Covid-19-Taskforce, nach. Dieser konnte dem Tageblatt schlussendlich einige Antworten liefern. Allerdings antwortete Nehrbass eher an den Fragen vorbei und ging nur teilweise auf einen Aspekt unserer Fragen ein, nämlich auf die allgemeine Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftlern der Taskforce und den Ministerien. Wir aber wollten wissen, ob und wieso die Taskforce nicht bei dem Analysebericht, den Meisch am 12. November vorstellte, mitgearbeitet hat. Wieso wollte Nehrbass keine klare Antwort geben? Nach der Antwort Meischs wird nun klar, dass die Taskforce tatsächlich nicht mit dem Bildungsministerium in Kontakt stand. So direkt wollte Nehrbass das wohl nicht gegenüber dem Tageblatt sagen.

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, meine große Sorge auszudrücken, wenn in dieser Krisensituation die Integrität der öffentlichen Verwaltungen unbegründet infrage gestellt wird

Claude Meisch, Bildungsminister

Meisch bemängelt in seiner Antwort auf die parlamentarische Frage, dass es bis heute kaum inhaltliche Kritik an der Qualität des Berichtes gab. Die Kritik würde sich auf die Autoren fokussieren, welche Beamte aus dem Bildungsministerium seien. Die Fragen der Abgeordneten dazu würden dies nochmals bestätigen, so Meisch. „Ich bedauere, dass eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Bericht nicht stattfindet und stattdessen auf dessen Autoren eingeschossen wird.“ Weiter schreibt Meisch: „Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, meine große Sorge auszudrücken, wenn in dieser Krisensituation die Integrität der öffentlichen Verwaltungen unbegründet infrage gestellt wird. Wohin das führt, wenn die Glaubwürdigkeit der staatlichen Institutionen untergraben wird und eine sachliche Diskussion nicht mehr möglich ist, sehen wir bei verschiedenen Protestbewegungen in unseren Nachbarländern. (…) Ich bedauere aber auch, dass der Artikel aus dem Wort, auf den sich die ehrenwerten Abgeordneten in ihrer Frage beziehen, mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung der Öffentlichkeit beigetragen hat.“

Ein weiterer Punkt, der für eine gewisse Polemik gesorgt hatte, waren unterschiedlich vermutete Angaben durch das Menje zu positiven Fällen und Infektionsketten. Im wöchentlichen „Bilan chiffré“ des Bildungsministeriums zu den Infektionszahlen in den Schulen stand für die Woche vom 9. November, dass es zu keinen weiteren Infektionsketten gekommen sei. Das Bildungsministerium gewährte Ende November auf Anfrage vom Land und Wort den jeweiligen Journalisten Einblicke in seine Statistiken. Laut dem Wort habe eine Tabelle, die dort eingesehen werden konnte, aufgezeigt, dass sich in der Woche vom 9. November elf Klassen in Szenario vier befanden. Dieses Szenario tritt ein, wenn Infektionsketten vorliegen. Pro Klasse seien demnach drei bis sieben Fälle registriert worden. Diese Tabelle habe nur Fälle aus dem „Secondaire“ aufgezeigt. Wieso tauchen diese Infektionsketten im wöchentlichen Bericht nicht auf?

Vorwürfe an das „Wort“

Meisch schreibt in seiner Antwort, dass den Journalisten Grafiken gezeigt wurden, wo die positiven Fälle pro Bildungseinrichtung aus den jeweiligen Klassen seit der „Rentrée“ aufgeführt sind. Bei diesen Grafiken sei nicht ersichtlich, wie diese positiven Fälle in Infektionsketten zusammenhängen, und auch nicht, wann eine Infektionskette stattgefunden hat. Meisch schreibt: „Trotzdem versucht das Wort, in seinem Artikel hierzu Schlussfolgerungen zu ziehen und Widersprüche in die Zahlen des Bildungsministeriums hineinzuinterpretieren. Dabei werden die Zahlen aus dem Kontext gerissen, falsch gedeutet und auch die falschen Schlussfolgerungen daraus gezogen.“

Trotzdem versucht das ‚Wort‘, in seinem Artikel hierzu Schlussfolgerungen zu ziehen und Widersprüche in die Zahlen des Bildungsministeriums hineinzuinterpretieren.

Claude Meisch, Bildungsminister

Weiter schreibt Meisch. „Ich bedauere zutiefst, dass durch diese sachlich falsche und intransparente Art vorzugehen, die Analysen und Zahlen des Bildungsministeriums öffentlich infrage gestellt wurden und damit auch das Vertrauen der Lehrkräfte, Eltern und Schüler in die Arbeiten des Menje untergraben werden sollten.“

Hier trägt Meisch sichtlich dick auf. Wieso ist die Art der Journalistin, wie sie vorging, intransparent? Im besagten Artikel kann man bis ins Detail nachlesen, wie sie vorgegangen ist. Das Tageblatt war nicht dabei, als den Journalisten vom Wort und Land Einblicke in die Grafiken gewährt wurde. Aber dennoch sollte man keinesfalls vergessen, dass Journalisten und die Medien auch eine Rolle spielen. Und zwar ist es deren Aufgabe, den Politikern und öffentlichen Einrichtungen sehr genau auf und sogar zwischen die Finger zu schauen. Und wenn sich Zahlen in Grafiken nicht mit Zahlen in Bilanzen decken, dann ist es ihre Aufgabe, Alarm zu schlagen. Und genau dies wurde auch gemacht. Ob die Grafiken nun falsch interpretiert wurden oder ob sie sich tatsächlich nicht mit anderen Zahlen decken, kann das Tageblatt nicht in Erfahrung bringen. Der Ton, den Meisch in seiner Antwort anschlägt, ist jedenfalls bedenklich und fernab jeglicher Diplomatie.

Nomi
31. Dezember 2020 - 14.07

De Meisch kennt jo fir sech Nohellefscours'en an der mathé organisei'eren !

den Tutebatti
30. Dezember 2020 - 18.29

Meisch, e "beau parleur " , wéi säi Parteikolleg Bettel. Vill Gebraddels mat wéini Substanz.