Felipe Massa: „Formel E ist eine neue Herausforderung für mich“

Felipe Massa: „Formel E ist eine neue Herausforderung für mich“

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Wenn man den Namen Felipe Massa nennt, dann bringen die meisten ihn sofort mit Ferrari und der Formel 1 in Verbindung. Vielen wird in Erinnerung bleiben, dass er 2008 die schon sicher geglaubte Weltmeisterschaft in der letzten Kurve des letzten Rennens an Lewis Hamilton verlor, obschon Massa das Rennen als
Sieger beendete.

Von Norbert Nickels und Fernande Nickels 

Felipe Massa startete von 2002 bis 2005 in der Formel 1 für das schweizerische Sauber-Team, das damals schon mit Ferrari-Motoren ausgerüstet war. 2006 holte Ferrari den aufstrebenden Brasilianer zu sich ins Team, wo er seinen Landsmann Rubens Barrichello als treuer Leutnant von Ferrari-Superstar Michael Schumacher ablöste.

Hier gelangen ihm dann auch seine elf Grand-Prix-Siege und seine 16 Pole-Positions. 2009 hätte er im Training beim Großen Preis von Ungarn fast sein Leben gelassen, als sich eine Feder eines vor ihm fahrenden Autos löste und diese Massa am Helm traf. Er fiel für den Rest der Saison aus, war aber beim ersten Rennen 2010 wieder für die Roten am Start. 2014 bis 2017 fuhr der Brasilianer dann für Williams und beendete dort seine Formel-1-Karriere.

Nachdem der Motorsport-Fanatiker 2018 einige Rennen in der brasilianischen Stock-Car-Meisterschaft bestritt, entschied er sich, in der Formel E eine neue Herausforderung anzugehen. Er unterschrieb als Teamkollege von Edo Mortara beim monegassischen Venturi-Team, das neuerdings von Susie Wolff, der früheren Mercedes-DTM-Pilotin und Ehefrau von Mercedes-Teamchef Toto Wolff, geführt wird. Am Sonntag ging die diesjährige Formel-E-Saison mit einem Doppellauf in New York zu Ende. Grund genug, um auf Massas Debütsaison in der elektrischen Formel-Serie noch einmal einzugehen.

Tageblatt: Herr Massa, Sie haben nun Ihre erste Saison in der Formel E abgeschlossen. War es schwieriger, als Sie erwartet hatten?

Felipe Massa: Die Formel E ist eine neue Herausforderung für mich. Ich habe mir von Anfang an erwartet, dass es nicht so einfach werden wird. Ich fahre für ein Team, das sich im Aufbau befindet, viel investiert und stark am Wachsen ist. Ich muss sowohl das Auto kennenlernen als auch die Strecken entdecken. Es bedeutete also eine Menge Arbeit für mich. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass dies der richtige Weg war, besonders im Hinblick auf die neue Saison 2019/20 (die am Ende November in Saudi-Arabien beginnen wird; d.Red.).

Sie leben mit Ihrer Familie in Monaco und beim dortigen E-Prix im Mai ist Ihnen Ihre erste Podiumsplatzierung in der Formel E gelungen. War Monaco also Ihr Saisonhighlight?

Ja, das stimmt. Ein Heimrennen ist immer etwas Besonderes. Es ist schon recht entspannend, wenn man sich in den Boxen zu jederzeit auf seinen Roller schwingen kann und dann binnen zwei Minuten zu Hause ist. Monaco ist ja sowohl das Heimrennen für mich, da ich hier wohne, wie auch für mein Team, das dem monegassischen Geschäftsmann Guildo Pastor gehört. Die Podiumsplatzierung war schon sehr wichtig für uns. Es wäre schön gewesen, noch das eine oder andere weitere Highlight in der ersten Saison gehabt zu haben. In Bern hätte ich gerne für Furore gesorgt, weil ich ja auch lange Jahre in der Schweiz gelebt habe und auch für das schweizerische Sauber-Team in der Formel 1 gefahren bin.

In der Formel 1 sind Sie acht Jahre für das große Ferrari-Team an den Start gegangen. Hier in der Formel E starten Sie, wie bereits erwähnt, für ein neueres, kleineres Team. Ist es in der Formel E etwas ruhiger?

Ich fahre hier in der Formel E für ein kleineres Team, Venturi, das bisher in dieser Serie aus eigener Kraft noch keine Rennen gewonnen hat (in Hongkong wurde Edo Mortara zum Sieger erklärt, nachdem Sam Bird eine Zeitstrafe bekommen hatte; d.Red.). Der große Unterschied zur Formel 1 besteht darin, dass in der Formel E auch kleinere Teams vorne mitfahren können. Diese können Siege erzielen, ja sogar um den Gesamtsieg mitkämpfen. Unser Venturi-Team hat für 2019/20 eine Reihe guter Ideen. Wir hoffen, uns stetig verbessern zu können, damit wir in der kommenden Saison ganz vorne mit dabei sein werden.

Venturi hat sich als erstes Team in der neuen elektrischen Extreme-E-Serie (mit rein elektrischen SUV im Paris-Dakar-Style) eingeschrieben. Könnte Sie dies auch interessieren?

Ich glaube, dass dies eine interessante und spannende Meisterschaft werden kann, aber ich persönlich denke zurzeit nicht daran, dort teilzunehmen. Ich konzentriere mich auf die Formel E. Ich bin mein ganzes Leben lang Formel-Autos gefahren und ich werde dies bis auf weiteres auch weiterhin tun.

Die Formel 1 existiert nun seit gut 70 Jahren. Die Formel E gibt es erst seit fünf Jahren. Nächstes Jahr werden nicht weniger als sieben große Hersteller in der Formel E (Audi, BMW, DS-Citroën, Jaguar, Mercedes, Nio, Nissan und Porsche) dabei sein, hingegen nur drei in der Formel 1 (Mercedes, Ferrari, Renault). Wie sehen Sie die Zukunft?

Die Formel E ist bereits jetzt ein sehr stabiles Championat, das immer weiterwächst. Ich bin sicher, dass es über lange Zeit hinweg bestehen wird. Man kann und sollte Formel 1 und Formel E aber nicht miteinander vergleichen, doch die beiden Serien kommen sich immer näher. Jetzt man muss einfach abwarten, was die Zukunft bringt.

Viele sagen, dass der Formel E der Motoren-Sound fehlt. Was sagen Sie den Skeptikern?

Ja, das stimmt schon. Der kreischende Motorenlärm fehlt. Aber schon als wir in der Formel 1 von den Sauger-V8 zu den Turbomotoren wechselten, sagte jeder das Gleiche. Diese Kritik kommt aber eher von den älteren Motorsport-Fans. Den jungen Zuschauern ist dies eher egal. Ich sehe dies bei meinem neunjährigen Sohn.

Gibt es Dinge, die Sie in der Formel E verändern würden, damit die Serie noch spannender wird, wie z.B. das Qualifying oder das Rennformat?

Ich würde am Quali-Modus absolut nichts ändern. Dieses ist ja sehr interessant. Es ist doch toll zu sehen, dass bei jedem Rennen jemand anders auf der Pole-Position steht. Die Quali ist für den Fahrer sehr schwierig, da man nur eine einzige Quali-Runde hat, wo dann alles zu hundert Prozent stimmen muss. Für die Fans ist es aber eine coole Sache, denn sie wollen Spannung haben. Wenn ich etwas ändern würde, dann ist es der „Attack-Mode“ (Zusatz-PS für eine bestimmte Zeit; d.Red.). Dieser könnte stärker sein, was dann mehr Überholmanöver hervorrufen würde. Insgesamt aber ist das Championat sehr kompetitiv und dies ist genau das, was die Zuschauer haben wollen.

In Ihrer Heimat Brasilien ist Motorsport, insbesondere die Formel 1, seit den 70ern sehr populär. Haben Sie Kontakt zu den früheren brasilianischen Weltmeistern, die in Ihrem Land wahre Helden sind?

In der brasilianischen Motorsportgeschichte sind Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet und natürlich Ayrton Senna große Racing Heroes. Mit Nelson Piquet habe ich nicht viel Kontakt. Ich sehe eher seine Söhne. Pedro lebt wie ich in Monaco. Emerson Fittipaldi sehe ich allerdings sehr regelmäßig. Er ist ein sehr sympathischer Typ. Durch ihn und seine Formel-1-Weltmeistertitel 1972 und 1974 hat in Brasilien der ganze Motorsporthype erst angefangen. Er hat allen brasilianischen Rennfahrern die Türen geöffnet.