Schwimmen„Family ties“ auf den Ohren und im Blut: Finn Kemp über Pläne und Euro Meet

Schwimmen / „Family ties“ auf den Ohren und im Blut: Finn Kemp über Pläne und Euro Meet
 Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

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Als Finn Kemp am Freitagmorgen in der Coque beim Euro Meet auf den Startblock stieg, fiel sein Name gleichzeitig rund einen Kilometer weiter entfernt – bei der Kaderrevision des COSL. Der Nachwuchsathlet des Schwimmverbandes hat nicht nur einen bekannten Namen, sondern ganz konkrete Ziele und Visionen. Und die untermauerte er zum Start des Meetings mit einer neuen persönlichen Bestleistung. Am Samstag und Sonntag will er bei seinen Paradestrecken den nächsten Schritt machen.

Die Anspannung ist weg. Der Songtitel, der aus den Kopfhörern dröhnt, längst ein anderer. Als der 17-jährige Finn Kemp in bester Laune im Pressebereich erscheint, werden die motivierenden Trompeten-Beats von „Family ties“ (Baby Keem & Kendrick Lamar) nicht mehr gebraucht. Dass der Titel dieses Liedes, das ihn vor seinen Rennen in die optimale Stimmung bringt, seine eigene Geschichte am besten spiegelt, ist wohl ein Zufallsprodukt. Dennoch wurde ihm die Leidenschaft für das Wasser in die Wiege gelegt. Olympionikin Nancy Kemp-Arendt (1988 als Schwimmerin in Seoul, 2000 als Triathletin in Sydney) hat früh erkannt, dass ihr jüngster Sohn „eine gute Wasserlage hatte und trotz seiner schmaleren Statur gut aus den Blöcken kam“. 

Er war gerade drei Jahre alt, als ihn seine Mutter das erste Mal in ein Becken schmiss, erinnert sich der FLNS-Athlet auch heute noch. Leichtathletik und Turnen gehörten in jungen Jahren zu den anderen Sportarten, in denen er sich gleich zurechtfand. Mit zehn stand allerdings fest, in welche Richtung es sportlich gehen sollte. Sechsmal die Woche wurde zu diesem Moment beim Swimming Luxemburg trainiert. Für andere Beschäftigungen blieb ohnehin keine Zeit. Neben der familiären Veranlagung spielte bei dieser Entscheidung aber auch Rekordhalter Laurent Carnol eine Rolle: „Ich war 2012 in der Coque, als er sich hier beim Euro Meet in dieser Rekordzeit für die Olympischen Spiele qualifiziert hat“, sagt Kemp mit strahlenden Augen.

Das 200-m-Brust-Rennen gehört auch heute noch zu den spektakulärsten Momenten der Geschichte des Euro Meet. Kemp hat aber weitere Erinnerungen an den Wettbewerb, zu dem er die damalige FLNS-Präsidentin immer begleitete. „Als Kind habe ich damals geholfen, Kisten zu schleppen – und jetzt starte ich selbst.“ Die Brust-Distanzen (100 m und 200 m), die auch zu den Paradestrecken seiner Mutter gehörten, sowie die Lagen-Rennen sollen seine Spezialstrecken werden.

Demnach waren die 50 m Schmetterling, bei denen er am Freitagmorgen an den Start gegangen ist, eher ein Aufwärmprogramm für den Rest des Wochenendes, wie es Nationaltrainer Christophe Audot zusammenfasst: „Diese Strecke war nicht unbedingt diejenige, auf welche wir den Fokus gerichtet haben. Es war eher ein guter Weg, ins Euro Meet zu starten. Der Ernst beginn morgen (am Samstag) für ihn.“ Zwar schlug Kemp erstmals in seiner Karriere in 26:26 Sekunden an – zudem auf der ungünstigen Außenbahn –, doch insgeheim wollte der 17-Jährige unter 26 bleiben. „Einerseits hat er sich über die neue Bestzeit gefreut, doch es war auch ein wenig Enttäuschung dabei. Er ist in der Lage, es noch besser zu machen. Im Kopf ist er bereits bei den 200 m Brust“, blickt Audot voraus.

Eine größere Wendung in der noch sehr jungen Karriere gab es vor anderthalb Jahren. Der Wechsel ins Sportlycée, die Zusammenarbeit mit Nationaltrainern Audot und Arslane Dris sowie die Kombination aus Disziplin und Konsequenz brachten den Schwimmer dorthin, wo er jetzt steht. „Es war eine Mischung aus all diesen Faktoren. Und zudem gehört auch der Spaßfaktor beim Training dazu“, versucht Kemp seinen Leistungssprung des vergangenen Jahres zu erklären. Der 1,78 m große Schwimmer stellte drei nationale Bestleistungen bei den U18 auf – und hofft, bis April eine Qualifikation für die anstehende Junioren-Europameisterschaft Ende Juni zu schaffen. 

Studium und Schwimmen

In Bukarest hat er bei der letzten Ausgabe erstmals Anschluss an die internationale Elite gefunden. „Da hat er endgültig begriffen, dass er an sich glauben soll“, sagt seine Mutter am Freitagmorgen. Nicht nur der Glauben ist inzwischen vorhanden, sondern auch ein ganz klares Zukunftsprogramm: Der 2e-Schüler des Sportlycée will in den USA ein Studium im Kommunikationsbereich beginnen. Dass er das Zeug dazu hat, würden seine Wetterberichte aus Kindheitszeiten, auf Englisch, in den eigenen vier Wänden beweisen, meint die CSV-Politikerin lachend. „Er hat das Glück, in eine Familie hineingeboren zu sein, in der er von beiden Elternteilen Tipps bekommt, ohne dass wir ihn damit unter Druck setzen.“ 

An der Seite eines ehemaligen Leichtathleten und einer Triathletin aufzuwachsen, sieht der junge Sportler ebenfalls ausschließlich als positive Faktoren: „Sie sagt mir immer wieder, dass ich sie überrasche. Sie kann mir helfen, wenn ich nervös bin. Sie weiß, wie man sich in diesen Momenten fühlt. Meine Eltern haben mich nie gedrängt. Im Gegenteil, manchmal rät meine Mutter mir sogar, Hausaufgaben und Mittagsschlaf vorzuziehen“, gibt Kemp augenzwinkernd zu. 

Irgendwann hier einen Landesrekord zu schwimmen, wäre natürlich sehr toll. Laurent Carnol hat damals aber ganz schön zugeschlagen, ich habe mir nicht unbedingt die einfachste Aufgabe ausgesucht.

Finn Kemp

Wie man es an die Weltspitze des Sports schafft, das dürfte Nancy Kemp-Arendt wissen. „Ich bin mit 13 hier meinen ersten Rekord geschwommen“, berichtet die 53-Jährige, als sie auf das Becken hinabschaut, in dem ihr Sohn an diesem Wochenende seinen nächsten Schritt machen will. Dafür wird er am Samstagmorgen wieder sehr früh aufstehen müssen, wenn andere Gleichaltrige sich von einer anstrengenden Schulwoche erholen. Die Prüfung, die für Freitag anstand, durfte er einen Tag vorher schreiben – um sich voll und ganz auf den Sport zu konzentrieren. „Irgendwann hier einen Landesrekord zu schwimmen, wäre natürlich sehr toll. Laurent (Carnol) hat damals aber ganz schön zugeschlagen, ich habe mir nicht unbedingt die einfachste Aufgabe ausgesucht“, vermerkt er locker.  

Zeit bleibt ihm dafür noch genug. Die meisten Schwimmer erreichen ihren Karrierehöhepunkt mit Mitte 20. Heute sei der Unterschied zu den Leistungen eines Carnol oder Raphaël Stacchiotti noch enorm. „Deshalb will ich nach Amerika. Dort kann ich mich entwickeln, es kann ein weiterer Sprung stattfinden. Das Ziel ist groß, aber nicht unerreichbar.“ Bis es eben so weit ist, wird weiterhin nach der „Family ties“-Methode (Familienbande) verfahren.

Im Überblick

Euro Meet, Tag 1:
400 m Lagen (Männer): 1. David Verraszto (HUN) 4:19.34, 2. Emilien Mattenet (F) 4:23.10, 3. Jacob Gallant (CAN) 4:23.13
400 m Lagen (Frauen): 1. Paula Sanchez (ESP) 4:46.24, 2. Louna Kasvio (FIN) 4:51.66, 3. Chiara Klein (D) 4:54.03
800 m Freistil (F): 1. Paula Otera (ESP) 8:41.22, 2. Carla Carron (ESP) 8:43.90, 3. Julia Barth (D) 8:45.39 … 15. Lou Jominet (L) 9.19.55
1.500 m Freistil (M): 1. Mykhailo Romanchuk (UKR) 14:59.28, 2. Daniel Wiffen (IRL) 15:00.34, 3. Mahmoud Ahmed (D) 15:14.52 … 18. Theo Marti (L) 16.53.64
200 m Schmetterling (M): 1. Denys Kesil (UKR) 1:57.83, 2. Ramon Klenz (D), Jaouad Syoud (F) beide 2:00.24, 10. João Carneiro (L) 2:07.82, 16. Florian Frippiat (L) 2:08.06
200 m Schmetterling (F): 1. Lilou Ressencourt (F), Alina Baievych (D) beide 2:13.33, 3. Lucy Fox (ENG) 2:14.75, … 14. Leeloo Reinesch (L) 2:36.38
100 m Rücken (M): 1. Cornelius Jahn (D) 55.91, 2. Oleksa Zheltiakov (UKR) 56.05, 3. Mich Arkahngelsky (F) 56.39 …18. Kevin Peusch (L) 1:01.32, 25. Nicolas Calmes (L) 1.03.19, 29. Theo Marti (L) 1.03.87
100 m Rücken (F): 1. Louise Hansson (SWE) 1:00.48, 2. Maria Godden (IRL)1:02.02, 3. Bertille Cousson 1:02.07 (F)
50 m Schmetterling (M): 1. Benjamin Proud (GBR) 23.50, 2. Thomas Verhoeven (NL) 23.66, 3. Nikola Miljenic (CRO) … 6. Julien Henx (L) 24.14, 17. João Carneiro (L) 25.10, 24. Florian Frippiat (L) 25.43, 51. Finn Kemp (L) 26.26, 87. Nicolas Calmes (L) 27.65
50 m Schmetterling (F): 1. Louise Hansson (SWE) 26.08, 2. Siliva Di Petro (I) 26.61, 3. Giula D’Innoncenzo (I) 26.77 … 60. Leeloo Reinesch (L) 30.75

Das weitere Programm:
Am Samstag (Vorläufe von 9.00 bis 12.50 Uhr, Finals von 16.00 bis 19.00 Uhr):
1.500 m Freistil (F), 800 m Freistil (M), 4×100 m Freistil (Mixed-Staffel), 50 m Brust (M/F), 50 m Rücken (M/F), 200 m Freistil (M/F), 100 m Schmetterling (M/F), 200 m Brust (M/F), 50 m Freistil (M/F)
Am Sonntag (Vorläufe von 8.30 bis 12.00 Uhr, Finals von 15.45 bis 18.00 Uhr):
400 m Freistil (M/F), 100 m Brust (M/F), 200 m Rücken (M/F), 200 m Lagen (M/F), 100 m Freistil (M/D), 4×100 Medley (Mixed-Staffel)