Falsch gerechnet? Minister kritisieren Statistik zum Armuts-Risiko der Rentner in Luxemburg

Falsch gerechnet? Minister kritisieren Statistik zum Armuts-Risiko der Rentner in Luxemburg

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Zahlen von Eurostat zufolge ist das Armutsrisiko der Rentner in Luxemburg in den vergangenen Jahren gestiegen. Familienministerin Corinne Cahen und Sozialminister Romain Schneider sehen die Zahlen äußerst kritisch.

Verglichen mit anderen europäischen Ländern sei die Situation der Rentner in Luxemburg sehr beneidenswert, finden die Minister in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CSV-Fraktion. Der Abgeordnete Paul Galles (CSV) hatte sich in seiner Anfrage besorgt gezeigt über die Situation der Rentner. Den Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge ist das Armutsrisiko der Rentner in Luxemburg von 5,8 Prozent in 2015 auf 9,3 Prozent in 2017 geklommen. Ein Anstieg um 3,5 Prozentpunkte also.

In ihrer Antwort stellen die Minister die Aussagekraft der Zahlen infrage. Das Armutsrisiko misst den Anteil der Population, der in Haushalten lebt, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens beträgt. „Le taux de risque de pauvreté est ainsi exclusivement centré sur la dimension monétaire pour évaluer le niveau de vie“, heißt es in der Antwort der Minister. Es handele sich nicht wirklich um einen Indikator für Armut, sondern vielmehr um einen für Einkommen und Ungleichheit, so die Regierungsmitglieder weiter unter Berufung auf Paul Zahlen von der nationalen Statistikbehörde Statec.

Um sich wirklich ein Bild über die Situation der Bürger zu machen, müsse man sich andere Zahlen von Eurostat ansehen. So zum Beispiel die „Rate der erheblichen materiellen Deprivation“. Laut Eurostat drückt diese Quote die Unfähigkeit aus, „sich verschiedene Ausgaben leisten zu können, die von den meisten Menschen als für eine angemessene Lebensführung wünschenswert oder gar notwendig angesehen werden“. Dieser Wert ist den Zahlenreihen des Statistikamts zufolge zwischen 2015 und 2017 von 3,4 auf 1,7 Prozent der Rentner in Luxemburg gesunken (schwankt aber sehr stark von Jahr zu Jahr).

Vertrauensintervall zurate ziehen

Die Zahlen, so Cahen und Schneider, stammen aus der EU-SILC-Studie. In Luxemburg wurden rund 10.000 Personen befragt. Sie mussten selbst angeben, ob sie Rentner sind oder nicht. Bei der Umfrage handelt es sich um eine Teilerhebung. Deshalb müsse man das sogenannte „Vertrauensintervall“ bemühen. Das Vertrauensintervall gibt Auskunft darüber, wo die Statistikexperten den wahren Wert vermuten – also jenen, der herausgekommen wäre, hätte man nicht nur eine Stichprobe genommen, sondern die ganze Bevölkerung befragt.

Eigentlich müsste es ein Reflex sein, solche Fehlerquoten zu publizieren, heißt es in der Antwort der Ministerin, leider sei dies im Falle der Rentner in den Eurostat-Zahlen nicht passiert. Die Minister bemühen andere Zahlen, um ihren Punkt zu untermauern. 2016 lag das aus der Stichprobe errechnete Armutsrisiko der Menschen, die 65 oder älter sind, bei 9 Prozent. Der „wahre Wert“, den man herausgefunden hätte, wenn man alle Menschen dieser Gruppe befragt hätte, lag mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent zwischen 6,5 und 11,5 Prozent.

Würde man ein solches Vertrauensintervall auch für die Rentner berechnen, so erhielte man eine dermaßen große Fehlermarge, dass sich statistisch keine signifikante Aussage über die Schwankung dieses Indikators sagen ließe, argumentieren die Minister. Des Weiteren, fahren die Minister in ihrer Antwort fort, gab es 2016 einen „Zeitreihenbruch“ (fr.: „rupture dans la série“). Deshalb müsse man bei der Interpretation der Zahlen, die Eurostat vorgelegt hat, Vorsicht walten lassen. Damit Werte in einer Zeitreihe verglichen werden können, muss sichergestellt werden, dass bei jeder Erhebung die gleichen Definitionen, Konzepte und Nomenklaturen benutzt werden.

Neue Methodik verhunzt die Statistik

In diesem Falle sei von einem Jahr zum nächsten die Methodik verändert worden. Bis 2015 wurde die Stichprobe aus dem Register der Träger der „Sécurité sociale“ erstellt. Ab 2016 haben die Wissenschaftler das nationale Personenregister benutzt, um ihre Stichprobe zu generieren.

Auf den ersten Blick mag dies unproblematisch erscheinen, auf den zweiten allerdings fällt auf, dass beide Register nicht deckungsgleich sind. Internationale Beamte, die in Luxemburg wohnen, stehen etwa im nationalen Personenregister, zahlen aber nicht in die nationale Sozialversicherung ein. Daneben gab es noch weitere Änderungen in der Methodik. Insgesamt sei es schwer zu bewerten, wie sich diese Veränderungen auf das Resultat auswirken, heißt es in der Antwort der Minister. All diese statistische Unwägbarkeit im Hinterkopf behaltend fahren die Minister fort. Die gleiche Tendenz, die sich bei den armutsgefährdeten Rentnern zeige, gebe es auch in der Gesamtpopulation.

Der Anteil der Armutsgefährdeten in der Gesamtbevölkerung stieg den Eurostat-Zahlen zufolge von 15,3 (2015) auf 18,7 Prozent (2017). Die Rentner profitierten vom selben sozialen Netz wie andere, erklärt die Ministerin weiter. Teilweise sei die Gesetzgebung sogar vorteilhafter für Pensionäre. Nach der Reform des garantierten Mindesteinkommens (RMG) würden Rentner (unter bestimmten Bedingungen) weiterhin den gleichen Betrag erhalten wie vorher, wenn sie durch die Reform schlechter gestellt wären.

Finanziell schwache Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen haben auch weiterhin „Zusatzleistungen für den Aufenthalt in Seniorenheimen“ zu beantragen, schreibt die Ministerin. Das Regierungsprogramm sehe vor, diese Hilfeleistung zu untersuchen und gegebenenfalls anzupassen, genauso wie die Ausarbeitung eines „Gerontologie-Plans“, der gezielte Maßnahmen für ältere Personen beinhalten soll, die physische, psychische oder soziale Unterstützung brauchen.

roger wohlfart
23. Februar 2019 - 17.44

Bravo @ Eddes, das musste mal klar und deutlich geesagt werden. Die Rentner von heute haben sich der Decke nach gestreckt und hatten bei weitem keine so hohen Ansprüche wie ihre verwöhnten Nachkommen, die immer nur ihre Rechte einfordern und dabei ihre Pflichten übersehen. Heute muss ja alles den höchsten Ansprüchen entsprechen. " Haut de gamme " von der Waschmaschine über die Luxuslimousine bis hin zur Nasszelle, Entschuldigung, Badesalon.

luc jung
23. Februar 2019 - 10.55

Statistiken degouteieren mech. Op richtech oder falsch, sie kaschten. Den europàeschen Zirkus schengt vill Souen ze hun fir deier oder vielleicht falsch Zifferen ze machen. Erem eng Keier: Vive de politeschen europäeschen Zirkus.

anne
22. Februar 2019 - 12.24

Hun nach eppes vergiess,den Rentner vun haut huet demols 12% an alt méih Zënsen bezuelt op sein Haus.Wann daat haut géif passéieren dann wiren vill jonk Leid hiert Haus lass.Mir hun nach gespuert ,mir hun eis Kanner net gratis erzuhn krut ,mir hun Zuch an Bicher missten bezuelen . Dofir w.e.g net esou op héichem Niveau sech kloen,an och emol iwerléen .Dass wéih hei schons geschriwen gin as ,mir sin net 2--3x am Joer an Vakanz gefuhr mir haaten net2 Autoen ,an do kéint een nach gaaannnz villes opzielen .Wann den jonken haut esou gud geed,dann Dank deenen wouh haut an der Rent sin,well déi hun sëch kromm geschafft demols .An wann et onsen Kanner haut besser geed wéih ons deemols dann as et denen " Aalen" vun haut ze verdanken

S. Du Mont
22. Februar 2019 - 11.36

Dat derzéitegt "Wirtschaftswunder" war genau dât. Vill schaffen a wéineg Loun. Haut hätt gär jidverdreen vill Loun a wëllt wéineg schaffen.

Eddes
21. Februar 2019 - 19.32

anne! dat verstinn dèi awer net,well si wessen net wat spueren ass,well si mam Luxus am dèim si opgewues sinn net ze schätzen wessen,awer emmer soueren dora si se gutt.

Eddes
21. Februar 2019 - 19.24

ClaudeK,entscheidend ist dass die Rentner früher sich keinen oder nur selten Urlaub leisten konnten,keinen Pc hatten keine Handys mit Internet,keine 2 Autos,und selbst in die Hände gespuckt eine Schaufel und einen Hammer in die Hand genommen haben und sich geplagt haben um das Haus selbst zu renovieren oder zu Bauen,und früher waren die Löhne auch nicht so bedeutend,wir mussten sparen denn die Haueser waren auch damals nicht billig,wenn mann damals gelebt hätte wie sie heute wären wir noch schlechter dran gewesen wie ihr,die meisten Leute haben ihre Haueser mit Freunden selbst gebaut,und ohne grossen Luxus,keine 2-3 Bäder,so sah es aus bei den heutigen Rentnern,dènen es ja so wunderbar geht

Jang
21. Februar 2019 - 18.42

Ett schengt mer als wéissten déi Herrschaften Politiker nett waat Hongerrenten sinn,der gett ett zou Luxusbuerg och nach méi wéi een mengt. Haalt dach op matt deenen topegen Statistiken an bleiwt bei der Ralitéit déi aanescht ausgeseit,verschidde Rentner mussen och nach sech dréinen an kéieren fir dass ett hannen an vir opgeet. Armutsrisiko ass ganz grouss um Kommen.

anne
21. Februar 2019 - 18.11

@ClaudeK net vergiessen och de Rentner vun haut huet deemols missten kämpfen fir sein Haus können zebezuelen an sie haaten net déi avantagen wéih haut .Den huet sein Prêt och ofbezuelt an sëng Kanner hun och missten iessen et as näicht gratis gin.demols .Also dofir hun Rentner haut och e Recht fir w bëisschen gud ze liewen an awer gin et der vill déi och all € mussen emdréien.

Le Républicain
21. Februar 2019 - 18.05

Wenn wir Rentner ein Ministergehalt wie Frau Cahen und Herr Schneider hätten, würden wir auch der Ansicht sein das es kein Armutsrisiko in Luxemburg gibt; leider ist dem nicht so....

n der Parad
21. Februar 2019 - 13.15

Jaja,Frau Minister hat nun eben eine ganz andere Statistik,das ist so üblich!Ich persönlich bin Rentner,Luxemburger,lebe in der Grande Nation(??) und komme mit meiner Schwerindustrie-Rente hier ziemlich gut zurecht,im Ländle wäre das schon sehr viel schwieriger!Verglichen mit französischen Renten,meine liebevolle alte Nachbarin hat nur so ungefähr 780 Euro's zur Verfügung,steht unsereiner recht gut da,obschon Bettel und co. das Steuerprivileg für Grenzgänger abgeschafft hat!Eine luxemburgische Lehrer-Rente wäre schon besser,ist aber nicht!Zum Vergleich:meine Gnädige,Lehrerin und Direktorin bezieht so ungefähr 2600 Euro's Rente.Naja,Statistiken sind eben Futter für Gutgläubige denn immer irgenwie nicht richtig.

josh randall
21. Februar 2019 - 12.51

Léiw Politiker,dir hut keng Ahnung wéi et beim Vollek ausgeseit.Kommt emol erof vun ärer Wuelstandswollek an mat iech en eegend Bild.Dir sidd absolutt nieft der Schinn.Wonnert iech net wann et hai genausou geht wei a Frankreich!!!!

ClaudeK
21. Februar 2019 - 12.19

Ein Rentner, der nur 60% des Durchschnittseinkommens hat, andererseits aber sein Haus / Wohnung abbezahlt hat, besitzt mehr Geld zum Leben, als ein Lohnempfänger, der ein Durchschnittseinkommen hat und jeden Monat seine Raten auf das Haus / Wohnung bezahlen muss, daneben noch minderjährige Kinder zu versorgen hat. Entscheidend ist in Luxemburg, was nach Zahlung der Miete, bzw. Abbezahlen von Wohnungs-Krediten übrigbleibt.

Grober J-P.
21. Februar 2019 - 11.27

Liebe Frau Minister. Bin bereit Ihnen alle Unterlagen meiner Mutter zu unterbreiten. Sie ist seit April 2018 im Altersheim. Leider langt ihre Rente nicht um das "Hébergement" ganz zu begleichen. Nach der Begutachtung der Assurance Dépendance wurden sogar die Stundenmittel zur Pflege erhöht, davon profitiert laut Aussage das Altersheim, da sie so höhere Beträge vom Staat einfordern können. Komisch ist nur, dass daraufhin auch die Kosten für das "Hébergement" nach oben angepasst wurden und die Rente immer weniger langt. Das Altersheim profitiert 2 mal von den Rentnern.