Fall Puto G.: Ein Tod und viele offene Fragen am Baggerweiher in Remerschen

Fall Puto G.: Ein Tod und viele offene Fragen am Baggerweiher in Remerschen

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Zwei Menschen ertranken in dieser Saison bereits am Baggerweiher in Remerschen. Zunächst der Rapper Puto G. am 30. Juni, dann ein 53 Jahre alter Bulgare am 29. Juli. Im Fall von Puto G. wird nun überprüft, ob unterlassene Hilfeleistung vorliegt. Hintergrund ist ein Artikel in der portugiesischsprachigen Wochenzeitung Contacto, der scharfe Kritik an der Badeaufsicht äußert. Wir haben nachgehakt.

Am 30. Juni, einem sonnigen Samstagnachmittag, kam Puto G., ein Rapper mit kapverdischen Wurzeln, am Baggerweiher in Remerschen ums Leben. Der 27-Jährige hatte sich mit Freunden und Bekannten dort verabredet. Er war einer der Letzten, die zur Gruppe dazustießen. Kurze Zeit nachdem Puto G. am Baggerweiher angekommen war, beschloss er, baden zu gehen.

All das kann man in einem Beitrag in der Wochenzeitung Contacto nachlesen, den wort.lu/fr übernommen hat. Inês Varela, eine Bekannte von Puto G., schildert dabei, wie das Unheil seinen Lauf nahm: „‚Le rappeur est entré dans le lac, a fait quelques brasses puis il s’est laissé couler à la verticale, les pieds vers le bas. Il a mis les mains en l’air, comme pour dire olá ou tchau, tout sourire, les yeux ouverts, et s’est laissé couler‘, rapporte Inês. Ce fut la dernière fois que la Portugaise a vu son ami en vie.“ Weiter heißt es: „15h39, il a plongé. 15h40, il n’a plus émergé.“

In dem Beitrag wird aber auch scharfe Kritik an der Badeaufsicht geäußert. Die Badeaufsicht versuchte, die junge Frau zu beschwichtigen und nahm sie scheinbar nicht ernst. Man schenkte ihr und ihren Bekannten angeblich keinerlei Glauben, obwohl alle beteuerten, dass Puto G. einen Badeunfall erlitten habe und man schnellstens den Notruf und die Feuerwehr alarmieren sollte.

„L’indifférence des employés contrastait avec le désespoir du groupe. Durant une heure, les amis ont insisté pour que le personnel du lac appelle les secours. Ils ne disaient pas non, ils disaient: ‚Restez calmes, nous sommes déjà en train de résoudre la situation, les pompiers sont déjà en chemin'“, heißt es weiter in dem Beitrag. Eine Stunde nachdem die Bekannten von Puto G. Alarm geschlagen hatten, wurde dann der Notruf alarmiert. Um 18.50 Uhr entdeckten Taucher den Leichnam des 27-Jährigen, dessen Tod Fragen aufwirft.

Mittlerweile hat sich auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. In einem Schreiben heißt es: „Au vu des éléments portés à la connaissance du substitut de service en date du 30 juin 2018, aucune autopsie n’a été ordonnée, l’intervention d’un tiers dans le cadre du décès de la personne en question ayant pu être exclue dès le début. Les circonstances dans les quelles la personne en question a été retrouvée, ont aussi permis d’exclure dès le jour des faits que des algues étaient en relation causale avec ce décès. Il s’agit donc d’une noyade accidentelle.“ Es handelt sich also um einen Badeunfall, der nicht in Verbindung steht mit den Algen.

Die Polizei überprüft aber mittlerweile, ob unterlassene Hilfeleistung vorliegt, wie wir bereits in unserer Samstagsausgabe berichteten. Demnach gehe es darum, ob das Personal alles getan hat, um das Leben von Puto G. zu retten bzw. ob rechtzeitig reagiert wurde. LG


Bis zu sechs Meter tief

Die Ursprünge der Baggerweiher gehen auf die 70er Jahre zurück. Damals wurde in großem Stil Sand von der deutschen Firma Laubach in Remerschen abgebaut und im Zuge dessen entstanden die Baggerweiher. Vor rund 20 Jahren begann die Gemeinde damit, das Gelände zu umzäunen und als Schwimmweiher zu betreiben. Der Weiher hat in der Mitte eine maximale Tiefe zwischen fünf und sechs Metern. Im vorderen Bereich sind es zwischen zwei und drei Meter. Im Sommer tragen die Quellen dazu bei, dass das Wasser eine prima Qualität hat und es nicht zu warm wird. Aufgrund der Quellen ist der Weiher im Winter denn auch nie ganz zugefroren. Lg

CGDIS: 16.36 Uhr und 16.39 Uhr

Auf Nachfrage hin teilte Cédric Gantzer, Pressesprecher des CGDIS, uns mit, dass der erste Anruf von der Badeaufsicht um 16.36 Uhr einging. In dem hieß es, dass eine Person vermisst werde. Drei Minuten später, also um 16.39 Uhr, hieß es während des Telefonats, dass die vermisste Person ertrunken sei. Um 16.43 Uhr alarmierte das CGDIS dann die Rettungskräfte. Genauer den sognannten „First Responder“, die Ambulanz vom CIS Remich, die Ambulanz vom CIS Schengen sowie die Froschmänner, die dann vom Stausee in Esch/Sauer per Helikopter sofort angeflogen kamen. MH


„Über psychologischen Druck wird nicht gesprochen“

Nico Prickaerts ist Leitender Bademeister im „Centre aquatique Krounebierg“ in Mersch und arbeitet seit 25 Jahren in dem Beruf. Er stand dem Tageblatt Rede und Antwort bezüglich der Ausbildung von Bademeistern.

Tageblatt: Wie werden Bademeister heute ausgebildet?
Nico Prickaerts: Wer in Luxemburg ausgebildeter Bademeister werden will, braucht mindestens eine 9e. Das Lycée technique du Centre ist die einzige Schule im Land, an der die Ausbildung absolviert werden kann. Das Ganze läuft dann, wie bei jeder handwerklichen Ausbildung, über die „Chambre des métiers“ und dauert drei Jahre. Davon verbringt der Auszubildende jeweils 20 Stunden die Woche in der Schule, wo ihm Fächer wie Physik und Chemie beigebracht werden. 20 weitere Stunden müssen bei einem Praktikumsbetreuer in einem Betrieb absolviert werden. Hier wird der Schüler auf den Berufsalltag vorbereitet und lernt neben dem Rettungsschwimmen auch, wie das Wasser aufbereitet werden muss.

Wie sah die Ausbildung früher aus?
Während heute oft Quereinsteiger zu Bademeistern werden, waren es früher meist jene, die aus dem Schwimm- oder Tauchsport kamen. Vor den achtziger Jahren kümmerte sich die „Fédération des maîtres nageurs sauveteurs“ noch um die Ausbildung. Danach übernahm die „Chambre des métiers“ diese Aufgabe. Die Gesellenprüfung gibt es ebenfalls seither.

Werden Bademeister auch auf den psychologischen Druck vorbereitet, der im Ernstfall entsteht?
Nein, darüber wird eigentlich kaum geredet. Aus Erfahrung weiß ich, dass man solche Situationen ein paar Mal erlebt haben muss, um zu lernen, wie man damit umgeht. In 25 Jahren war ich vielleicht in drei Situationen, in denen fast jemand ertrunken wäre.

Wie wird denn eigentlich entschieden, wie viele Bademeister für einen bestimmten Bereich oder Anzahl von Gästen gebraucht werden?
Das einzige Gesetz, was es diesbezüglich gibt, ist eines aus dem Jahr 1991. Das bezieht sich allerdings nur auf das Schulschwimmen. Darin steht, dass auf 20 Kinder eine Aufsichtsperson anwesend sein muss. Das kann ein Erzieher oder ein Lehrer sein. Zusätzlich muss ein Bademeister, der eine Gesellenprüfung hat, in der Halle sein. In der Regel macht das Schwimmbad oder der Weiher eine Risikoanalyse, anhand derer berechnet wird, wie viele Bademeister an welchen Orten gebraucht werden. Beispielsweise wird dann einer bei der Rutsche, einer beim Springturm, einer beim kleinen und einer beim großen Becken gebraucht. Das wären dann vier Bademeister. Wenn das Schwimmbad den ganzen Tag über geöffnet ist, gibt es zwei Schichten. Dann sind wir bereits bei acht. Viele Gemeinden können sich schlicht und ergreifend nicht so viel Personal leisten … MH