EIB-ProzessExperte hält Aussagen des Beschuldigten für „zusammenhängend und schlüssig“

EIB-Prozess / Experte hält Aussagen des Beschuldigten für „zusammenhängend und schlüssig“
Drei Zeugen haben am Donnerstag vor Gericht ausgesagt Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Der Europäischen Investitionsbank (EIB) zufolge hat sich ein früherer Mitarbeiter durch falsche Behauptungen eine Invalidenrente erschlichen. Er gibt an, durch einen Selbstmord 2013 im EIB-Gebäude auf Kirchberg so traumatisiert worden zu sein, dass er nicht mehr arbeiten konnte. Das sieht die Bank nicht so und behauptet, der Mann habe sich durch falsche Angaben zu seiner Rolle bei dem Selbstmord eine Invalidenrente erschwindelt.

Rund eine Stunde lang hat der beschuldigte Ex-Mitarbeiter dem Vorsitzenden Richter Georges Everling, dem Staatsanwalt und der Verteidigung Rede und Antwort gestanden. Den Vorwurf, er habe sich bereichern wollen, wies er einmal mehr zurück. Der ehemalige EIB-Mitarbeiter blieb auch am Donnerstag vor Gericht bei seinen früheren Angaben und bekräftigte erneut, dass er bei der Frau, die Selbstmord begangen hatte, war, bevor sie starb. 

Zur Kritik des Staatsanwaltes infolge seiner Aussagen erklärte der Angeklagte: „Ich bin nur von einem einzigen Polizisten zur Sache vernommen worden. Ich werfe der Staatsanwaltschaft vor, dass im Verfahren eingleisig ermittelt wurde und keine entlastenden Umstände geprüft wurden. Am 13. November 2013 war ich unten im Gebäude der EIB. Dort habe ich wahrscheinlich ein paar Telefonate getätigt. Ich weiß es nicht mehr genau. Plötzlich wurde ich von einem dumpfen Geräusch erschreckt. Das klang wie eine Explosion, der Boden hat gebebt, ich spürte den Schock in meinen Beinen. Als ich hinsah, erblickte ich einen menschlichen Körper. Instinktiv bin ich hingerannt. Dort sah ich die junge Frau am Boden liegen. Neben ihr kniete ein Mann. Dieser Mann stand unter Schock. Ich habe zu ihm gesagt, er solle bei der Frau bleiben. Ich würde das melden. In diesem Augenblick hat die Frau noch gelebt. Ich bin dann zur Rezeption gelaufen, die ungefähr 20 Meter vom besagten Ort entfernt ist, und habe dort den Vorfall gemeldet. Als ich wieder zurückkam, war der Mann verschwunden.“

Auf die Frage des Richters, ob der Angeklagte wisse, wer dieser Mann war, antwortete er: „Nein, ich habe ihn nie wiedergesehen. Ich war dann zwei oder drei Minuten alleine mit der Frau. Gegen 17.50 Uhr ist sie gestorben. Erst nach dem Tod der Frau sind zwei oder drei Sicherheitsbeamte am Ort aufgetaucht. Ich kehrte dann in mein Büro zurück, das sich im siebten Stock befand.“

„Kein Zweifel, dass er psychisch instabil ist“

Vorher sagten noch drei Zeugen zum Vorfall aus. Weil die Verteidigung auf den Untersuchungsbericht der SSTL („Sécurité et santé au travail Luxembourg“) pocht, hatte das Gericht den Direktor der besagten Firma geladen. Viel konnte dieser aufgrund einer EIB-Vertraulichkeitsklausel nicht mitteilen – nur, dass seine Firma das Gebäude auf Sicherheitslücken kontrolliert habe. Die EIB hätte ihm eine Liste von Zeugen des Suizid-Vorfalls ausgehändigt, die er dann befragte. Der Beschuldigte stand nicht auf dieser Liste. 

Ein weiterer Zeuge, ein Kontrollarzt der Versicherung AXA, hatte den Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Invalidenrente untersucht. Der Experte setzte die Invalidität auf zwölf Prozent fest. Der Experte erzählte, dass ein Psychiater aus Brüssel zur Untersuchung zugezogen wurde. „Niemand von uns hatte den geringsten Zweifel, dass der Mann psychisch instabil ist. Hätten wir einen Verdacht gehabt, hätten wir die Kontrollen vertieft“, sagte der Experte.

Ein dritter Zeuge, ein Psychologe, der sich mit Suizidfällen befasst und von der EIB bestellt wurde, hatte den Traumatisierten untersucht. Der Angeklagte war sieben Jahre lang bei ihm in Behandlung. Sein psychischer Zustand sei kritisch gewesen, „le cas de suicide a fait ressurgir d’autres problèmes chez lui“, sagte der Psychologe. Er bezeichnete die Antworten des Beschuldigten als „zusammenhängend und schlüssig“.

Auf die Frage, ob er eine Kamera in der Gegend des Unfallortes gesehen habe? „Ja“, antworte der Psychologe, „da war eine Kamera, die auf die ‚Cour de Justice européenne’ gerichtet war. Als ich dann zwei Personen fragte, ob ich den Film der Kamera bekommen könnte, sagte ein Generalsekretär der EIB zu mir: ‚Les images ne sont pas exploitables.’“

Die Anwältin der EIB beantragte in einer zivilen Nebenklage einen Schadenersatz von einem symbolischen Euro. Sie warf dem Beschuldigten vor, er hätte dem Image der Bank geschadet. Der Anwalt der AXA will das Geld eintreiben, das der Angeklagten sich seiner Meinung nach erschwindelt hat. Die Summe beträgt rund 137.000 Euro.

Der Prozess wird am Dienstag mit den Plädoyers fortgesetzt.