BulgarienEx-Premier Bojko Borissow kann bei Parlamentswahl auf Zugewinne hoffen – mit kräftiger Unterstützung der EVP

Bulgarien / Ex-Premier Bojko Borissow kann bei Parlamentswahl auf Zugewinne hoffen – mit kräftiger Unterstützung der EVP
Bulgariens Ex-Premier Bojko Borissow könnte seine Gerb-Partei wieder zur stärksten Kraft im Land machen Foto: Daniel Mihailescu/AFP

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Totgeglaubte leben länger: Bei Bulgariens vierter Parlamentswahl in 18 Monaten winkt dem tief gefallenen Ex-Premier Bojko Borissow mit kräftiger Unterstützung der Europäischen Volkspartei (EVP) ein kleines Comeback. Seine Gerb liegt in den Umfragen vorn – ohne klare Aussicht auf eine Regierungsmehrheit.

Rechtzeitig vor Bulgariens Parlamentswahl am 2. Oktober sprang der EU-Parlamentarier und EVP-Präsident Manfred Weber im fernen Straßburg wieder einmal für seinen tief gefallenen Politfreund im Balkanstaat in die Bresche. Die kurzzeitige Verhaftung des unter Korruptionsverdacht geratenen Ex-Premiers Boris Borissow (GERB) im März sei illegal gewesen, forderte der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament vergangene Woche eine „Debatte über den Rechtsstaat in Bulgarien“ ein.

Tatsächlich ist für dessen katastrophalen Zustand nicht zuletzt Bulgariens Ex-Bugbild Borissow verantwortlich. Doch Wiederholungstäter lassen sich auch durch schlechte Erfahrungen nicht schrecken. Ob Ungarns EU-Störenfried Viktor Orban (Fidesz), Serbiens autoritär gestrickter Staatschef Aleksandar Vucic (SNS), der mazedonische Ex-Premier Nikola Gruevski oder Bulgariens korruptionsanrüchiger Ex-Saubermann Borissow: die Liste zweifelhafter Balkanregenten, die sich der Nibelungentreue der EVP erfreuen konnten und können, ist erstaunlich lang.

Korruption, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch kennt im Südosten des Kontinents kein Parteibuch: Auch unter linken Regierungen florierte und floriert der Nepotismus und die Parteienwirtschaft – oft ohne Kritik der EU-Schwesterparteien. Auffällig stark und erfahrungsresistent huldigt jedoch vor allem die EVP in Südosteuropa mit schwarz-weißen Schablonen dem längst überkommenen und fatalen Lagerdenken.

EVP setzt auf diskreditiertes Schlachtross

Statt auf die personelle Erneuerung bei der Schwesterpartei zu drängen, setzt die EVP auf deren diskreditiertes Schlachtross. Über seine bescheidene Erfolgsbilanz sehen seine EVP-Wahlhelfer großzügig hinweg. In der fast zwölfjährigen Premier-Ägide des bulligen Ex-Leibwächters blühte vor allem die Korruption, die Oligarchenwirtschaft und die Presseknebelung im Schattenstaat: Bei vielen Landsleuten hat „Sheriff“ Borissow seinen einstigen Kredit längst völlig verspielt.

Doch Totgeglaubte leben länger. Weniger die Schützenhilfe seiner EVP-Wahlhelfer als die Wählerenttäuschung über das Unvermögen der bulgarischen Reform- und Protestparteien, eine stabile Regierung zu bilden, dürften dem Ex-Premier ein kleines Comeback bescheren. Zumindest in den Umfragen hat sich seine Gerb-Partei mit leichten Zugewinnen die im letzten Jahr verlorene Position als stärkste politische Kraft zurückerobert. Mit prognostizierten 23-25 Prozent liegt die Gerb klar vor der Anti-Korruptionspartei PP von Ex-Premier Kiril Petkow (17 Prozent) – allerdings noch ohne erkennbare Aussicht auf eine Regierungsmehrheit.