Konferenz über Zukunft EuropasEU-Parlament für Vertragsänderungen

Konferenz über Zukunft Europas / EU-Parlament für Vertragsänderungen
Die EU-Parlamentarier sprachen sich gestern dafür aus, einen Konvent zur Änderung der EU-Verträge einzuberufen Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

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Über 300 Vorschläge wurden von der Konferenz über die Zukunft Europas ausgearbeitet. Das Europäische Parlament (EP) hat in einer gestern verabschiedeten Entschließung erklärt, dass den Schlussfolgerungen der Konferenz „Rechnung getragen werden“ müsse und einige der Vorschläge von EU-Bürgern eine Änderung der Verträge erforderten.

Vor über einem Jahr nahm die Konferenz über die Zukunft Europas ihre Arbeit auf. Erst zögerlich, dann aber mit steigender Dynamik. Neun Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen wie dem Klimawandel, Gesundheit, die EU in der Welt oder die europäische Demokratie arbeiteten Vorschläge aus, die unter anderem in Plenarsitzungen diskutiert wurden. Der luxemburgische EP-Abgeordnete Marc Angel (LSAP/S&D) leitete die Arbeitsgruppe „Migration“. In die Arbeitsgruppen wurden insbesondere Bürger aus allen EU-Staaten eingebunden, die per Zufall ausgewählt wurden. Vertreten waren aber auch Abgeordnete aus dem EP, den nationalen Parlamenten, Vertreter von Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft, sowie regionale und lokale Mandatsträger.

Am vergangenen Wochenende fand die letzte Plenartagung der Konferenz statt. 325 Vorschläge hatten die neun Arbeitsgruppen bis dahin ausgearbeitet, die sich auf Vorschläge und Empfehlungen von nationalen und europäischen Bürgerforen stützen, die seit vergangenem Jahr abgehalten wurden. Zu den Forderungen zählen etwa die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im EU-Rat, was vor allem immer wieder für außenpolitische Entscheidungen verlangt wird. Dem EP soll, wie es bereits für nationale Parlamente der Fall ist, ein Initiativrecht für Gesetzesvorschläge zugestanden werden. Ein anderer Vorschlag, die Einführung transnationaler Wahllisten bei den nächsten Europawahlen, haben die EU-Parlamentarier bereits diese Woche in einer Resolution aufgegriffen, über die sie demnächst mit dem EU-Rat verhandeln wollen.

Marc Angel erklärt, dass viele der Vorschläge „antizipatorisch“ auf die großen Probleme der Zeit eingingen. Auch stünde weniger der Markt als vielmehr das Leben der Menschen im Mittelpunkt der ausgearbeiteten Forderungen. Etwa wenn es darum ginge, dass sich die EU vermehrt um die soziale Gerechtigkeit in der Union kümmern müsse. So wird beispielsweise im Abschlussdokument verlangt, dass „ein Protokoll über den sozialen Fortschritt in die Verträge“ aufgenommen wird.

Abschluss der Konferenz am 9. Mai

Für die Umsetzung vieler der Vorschläge sei einfach nur ein Politikwechsel nötig, sagt Marc Angel. Dies dürfte etwa bei Themen wie dem Umwelt- und Klimaschutz oder der Nachhaltigkeit der Fall sein. Andere Vorschläge wiederum müssten über neue EU-Gesetze umgesetzt werden. Und nur wenige bedürften einer Änderung der Verträge, so der EU-Parlamentarier, etwa wenn es darum gehe, eine Energie- oder Gesundheitsunion zu schaffen oder die vorgeschlagene Zusammenarbeit in der Verteidigung zu vertiefen. Marc Angel warnt jedoch davor, das Resultat der Zukunftskonferenz „auf die Vertragsänderung zu reduzieren“.

Dennoch ist dies der bedeutsamste Punkt in der gestern von den EU-Parlamentariern verabschiedeten Resolution zur Zukunftskonferenz. Darin fordern sie ihren Ausschuss für konstitutionelle Fragen auf, einen Konvent zur Änderung der Verträge einzuberufen. Dazu müssen jedoch auch die EU-Staaten ihre Zustimmung geben, die in dieser Frage jedoch sehr zurückhaltend sind. Denn Vertragsänderungen werden gerne mit dem Öffnen der Büchse der Pandora gleichgesetzt, da sie sich konfliktbeladen über Jahre hinweg ziehen und die Handlungsfähigkeit der EU lähmen können.

Dessen dürften sich die Initiatoren der Konferenz über die Zukunft Europas jedoch durchaus bewusst gewesen sein. Allen voran der französische Präsident Emmanuel Macron, dem neben den Präsidentinnen der anderen EU-Institutionen am kommenden 9. Mai, dem Europatag, während einer Feier im EP in Straßburg ein Abschlussdokument der Konferenz vorgelegt werden soll. Macron hatte nach den Europawahlen 2019 auf die Abhaltung der Konferenz gedrängt, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nahm die Idee damals in ihr Arbeitsprogramm auf.