Mittwoch12. November 2025

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GazastreifenEU-Parlament debattiert über Israels Besatzungspläne

Gazastreifen / EU-Parlament debattiert über Israels Besatzungspläne
Kinder bei der Essensausgabe in einer Suppenküche im Gazastreifen Foto: Eyad Baba/AFP

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Das Europäische Parlament (EP) diskutierte am Mittwoch die Pläne der israelischen Regierung, den Gazastreifen zu besetzen, um die noch von der Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln zu befreien. Es war eine angespannte Debatte, in der sich zuweilen zwei Lager scheinbar unversöhnlich gegenüberstanden. So wie im Nahen Osten.

Müssten die EU-Parlamentarier den israelisch-palästinensischen Konflikt lösen, sie würden sich vermutlich in Teilen nicht minder schwertun, wie die beiden sich seit Jahrzehnten streitenden Parteien im Nahen Osten. Dennoch dürfte im Laufe der gestrigen Debatte eine deutliche Mehrheit zum Schluss gekommen sein, dass Israel den Bogen überspannt hat. Vor allem die humanitäre Blockade, die die israelische Regierung seit Anfang März in aller Härte gegen die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen durchzieht, wurde von fast allen Fraktionen mehr oder weniger scharf verurteilt und eine sofortige und umfassende Wiederaufnahme der Hilfslieferungen an die leidende Bevölkerung verlangt.

„Die Situation im Gazastreifen ist katastrophal“, stellte denn auch der Kommissionsredner Glenn Micallef fest und betonte, dass Israel als „Besatzungsmacht“ dazu verpflichtet sei, dass humanitäre Hilfe die Bevölkerung erreicht. Hilfe müsse „sofort und in ausreichender Menge“ bereitgestellt werden, so der maltesische EU-Kommissar, der zudem darauf verwies, dass die EU die meiste Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen leiste und sie nicht wolle, dass Israel oder eine andere Regierung die Kontrolle darüber erhält, sondern in den Händen der bisherigen und mit der Lage vor Ort vertrauten Organisationen verbleibt. Damit dürfte Glenn Micallef wohl unter anderem das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) gemeint haben, das von Israel als von der Hamas unterwanderte Organisation dargestellt wird, nach Ansicht etwa des luxemburgischen Außenministers Xavier Bettel im Gazastreifen aber unersetzlich ist. 

Die Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion S&D, Iratxe Garcia Perez, prangerte den Ton der israelischen Regierung in diesem Krieg an. „Gaza dem Erdboden gleich machen“, „Die Armee sollte rachsüchtig und grausam vorgehen“, seien nur einige Erklärungen von Kabinettsmitgliedern der Regierung von Benjamin Netanjahu. Und die Spanierin fragt sich, warum noch einige darüber staunen könnten, „dass die Welt das Genozid nennt, was sich im Gazastreifen abspielt“. Iratxe Garcia Perez machte deutlich, dass sie nicht das israelische Volk anklage. Viele in Israel wollten, dass der Krieg endet. Sie aber wolle nicht, dass die EU die Fehler von Ruanda und Srebrenica wiederhole. 

EP-Abgeordnete: Abkommen mit Israel aussetzen

Dem hielt Hermann Tertsch von der rechtsextremen Fraktion „Patrioten für Europa“ entgegen, dass es die Islamisten der Hamas seien, die einen Völkermord verübt hätten. Es gebe Leute, die nicht wollten, dass Israel sich verteidigt, behauptete der spanische VOX-Politiker weiter. Immer wieder rechtfertigten EP-Abgeordnete rechtsextremistischer und rechtspopulistischer Fraktionen das Vorgehen Israels im Gazastreifen mit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023. Ungeachtet der Unverhältnismäßigkeit, die der israelische Krieg mittlerweile angenommen hat.

Doch auch in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zeichnet sich ein Wandel ab. „Vom demokratischen Israel einzufordern, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren, macht niemanden zum Antisemiten“, stellte der deutsche EVP-Abgeordnete Michael Gahler klar. Und seine Fraktionskollegin Hildegard Bentele attestierte Israel „blind gegenüber dem Schicksal der Menschen im Gazastreifen“ geworden zu sein.

Vielfach wurde die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel gefordert. Am Vortag hatte sich eine Mehrheit der EU-Außenminister in Brüssel dafür ausgesprochen, das Abkommen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte durch Israel einer Überprüfung zu unterziehen. Die schwedische S&D-Abgeordnete Evin Incir hingegen meinte, die Zeit der Bewertung sei vorbei. Das Abkommen müsse sofort ausgesetzt werden. Dem schloss sich neben vielen anderen die belgische Abgeordnete der liberalen Renew-Fraktion, Hilde Vautmans, an. Die zudem beklagte, dass unter den am selben Tag im Westjordanland unter Beschuss durch israelische Soldaten geratenen Diplomaten auch belgische Vertreter waren.