Eurobarometer-UmfrageEU-Bürger stehen hinter Sanktionen gegen Russland

Eurobarometer-Umfrage / EU-Bürger stehen hinter Sanktionen gegen Russland
In der bulgarischen Hauptstadt Sofia wird gegen Putins Krieg in der Ukraine demonstriert Foto: AFP/Nikolay Doychinov

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80 Prozent der EU-Bürger befürworten die im Zuge des Ukraine-Kriegs gegen Russland verhängten Sanktionen, wie aus einer unlängst von der EU-Kommission veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage hervorgeht. Eine noch größere Mehrheit ist zudem der Ansicht, die EU-Staaten sollten ihre Abhängigkeit von russischen Energielieferungen reduzieren.

Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat die Menschen in Europa tief erschüttert. Entsprechend halten sie sich über die Ereignisse, die sich im Osten des Kontinents abspielen, auf dem Laufenden. Eine große Mehrheit der EU-Bürger informiert sich demnach mindestens einmal am Tag über den Verlauf des Krieges in der Ukraine, wie aus der im April durchgeführten repräsentativen Erhebung hervorgeht. Im EU-Durchschnitt gaben 70 Prozent der Befragten an, sich mindestens einmal am Tag über den Krieg zu informieren. Was sie dabei erfahren, löst große Besorgnis aus. Erstaunlicherweise am meisten in Portugal, dem EU-Land, das mit am weitesten vom Ort des Geschehens entfernt ist, stimmten 96 Prozent der Befragten der Frage zu, dass sie persönlich wegen des Krieges in der Ukraine besorgt sind. Es folgen Malta (91 Prozent), Italien (90 Prozent), sowie die baltischen Staaten und Polen (87-90 Prozent). EU-weit liegt der Wert bei 81 Prozent, in Luxemburg bei 79 Prozent. Die Ukraine wird außer in Bulgarien und Zypern von einer Mehrheit der Menschen in der EU als „der europäischen Familie“ zugehörig angesehen. Dass das Land, wenn es einmal so weit ist, der EU beitreten soll, wird außer in Ungarn in allen anderen EU-Staaten mehrheitlich befürwortet. Die höchste Zustimmung dafür erhalten die Ukrainer in Portugal (87 Prozent), EU-weit sind es 66 Prozent, in Luxemburg nur 52 Prozent.

Für die „gegenwärtige Situation“ in der Ukraine werden von den EU-Bürgern mehrheitlich die „russischen Behörden“ verantwortlich gemacht. Diese Meinung wird vor allem von den Menschen in Polen und Finnland (91 bzw. 90 Prozent) geteilt. Es folgen die Niederlande, Schweden und Portugal mit jeweils 88 Prozent; der EU-Durchschnitt liegt bei 78 Prozent, in Luxemburg sind nur mehr 66 Prozent dieser Ansicht. Die Zyprioten meinen gar zu 51 Prozent, dass die Verantwortung nicht bei Russland liegt und in Bulgarien halten sich die beiden Lager zu jeweils 46 Prozent die Waage.

Pro-russische Tendenz in Zypern

Aus der Umfrage geht weiter hervor, dass die EU-Bürger mehrheitlich zufrieden mit den Maßnahmen sind, mit denen die EU auf den Krieg in der Ukraine reagiert hat. Vor allem die humanitäre Hilfe für die vom Krieg betroffenen Menschen wird von 64 Prozent voll und tendenziell noch von 29 Prozent befürwortet. Die Flüchtlinge werden von 89 Prozent der Befragten willkommen geheißen. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden EU-weit zu 80 Prozent begrüßt. Vor allem in Portugal, Polen und Finnland finden die Sanktionen gegen Moskau mit Werten über 90 Prozent Zustimmung; in Luxemburg liegt dieser Wert bei 73 Prozent. Lediglich in Bulgarien (44 Prozent) und Zypern (48 Prozent) findet sich keine Mehrheit für diese Maßnahmen.

Die eher pro-russische Tendenz der zypriotischen Werte haben ihren Grund. Jahrelang hat der Inselstaat reichen Russen sogenannte „goldene Pässe“ als die zyprische Staatsbürgerschaft angeboten, wenn sie zweieinhalb Millionen Euro in Zypern investieren. Das Programm wurde zwar vor zwei Jahren eingestellt, doch leben mittlerweile rund 40.000 russische Staatsbürger mit zypriotischem und daher auch EU-Pass auf der Insel. Mittlerweile hat die Regierung in Nikosia allerdings damit begonnen, die Pässe sanktionierter russischer Oligarchen wieder einzuziehen. Die Zyprioten jedoch scheinen ihre reichen Neu-Bürger zu mögen: nur 46 Prozent der für die Umfrage Befragten auf der Insel befürworten die Sanktionen gegen die russischen Oligarchen, mit Abstand der niedrigste Wert gegenüber den anderen EU-Staaten.

Mehrheit will weniger russische Energieimporte

Die Bereitstellung und Finanzierung militärischer Ausrüstung für die Ukraine wird EU-weit von 67 Prozent der Menschen befürwortet, 26 Prozent der Befragten lehnen dies tendenziell oder vollständig ab. Die größte Zustimmung für die militärische Hilfe ist von 83 bis 90 Prozent in Portugal, Lettland, Polen, Estland und Finnland zu finden. In Luxemburg liegt dieser Wert bei 62 Prozent. Am wenigsten wollen die Menschen in Bulgarien (30), Zypern (31), Griechenland (40), Ungarn (42), der Slowakei (44) und Slowenien (49) der Ukraine militärisch helfen. In allen EU-Staaten ist angesichts des Krieges in der Ukraine eine Mehrheit der Ansicht, dass innerhalb der EU die Notwendigkeit einer stärkeren militärischen Zusammenarbeit besteht. EU-weit sind 75 Prozent der Befragten dieser Ansicht und verständlicherweise ist dieser Wert vor allem bei den unmittelbaren russischen und ukrainischen EU-Nachbarn besonders hoch.

Im Rahmen der gegenwärtigen Diskussionen über einen EU-Importstopp für russisches Öl und Gas dürften folgende Zahlen interessant sein: 85 Prozent der Befragten sprechen sich EU-weit dafür aus, dass die EU-Staaten unabhängiger von russischen Energielieferungen werden. In allen EU-Staaten gab es eine deutliche Mehrheit für diese Forderung, selbst in Ländern, deren Regierungen sich derzeit mehr oder weniger gegen ein Öl-Embargo gegen Russland aussprechen, wie Ungarn (67 Prozent) und die Slowakei (59 Prozent).