„Marche blanche“„Et geet elo duer!“: Tausende Menschen demonstrieren in Luxemburg gegen die aktuelle Corona-Politik

„Marche blanche“ / „Et geet elo duer!“: Tausende Menschen demonstrieren in Luxemburg gegen die aktuelle Corona-Politik
 Foto: Lucien Montebrusco

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Schätzungsweise weit mehr als 4.000 Personen* haben am Freitagabend in Luxemburg gegen die aktuelle Covid-19-Politik demonstriert. Der „Weiße Schweigemarsch“ fand zum vierten Mal statt. Treffpunkt war der Vorplatz der Philharmonie, Ziel der „Knuedler“.

Die breite Treppe zur Philharmonie hinauf empfängt links den weißen Block, in Weiß gekleidete Demonstranten, viele mit weißen Luftballons in der Hand, einige mit Lichtgirlanden dekoriert. Dunkel vor dem weißen Hintergrund der Kolonnen des Gebäudes hebt sich rechts die Reihe Polizeibeamter ab. Sie haben sich oben postiert und schauen gelassen hinunter auf die sich verdichtende Menschenmenge. Lange vor dem vereinbarten Termin um 19 Uhr ist der Platz gefüllt. Die Menschen stehen in kleinen Gruppen zusammen, Arbeitskollegen, Familienangehörige. Man kennt sich. Viele haben ihre Kinder mitgebracht, andere nutzen die „Marche blanche“ als abendlichen Spaziergang mit dem Hund.

 Foto: Alain Rischard

Nur vereinzelte Maskenträger haben sich hier verirrt. Dabei hatten sich zuvor auch die Kritiker in der Tram maskentragend regelkonform verhalten, wie etwa jener junge Mann mit weißem T-Shirt über schwarzem Pulli oder die Dame mittleren Alters mit weißem Boa-Schal um den Hals.

Die Weißträger sind an diesem Abend in der Minderheit. Wie Angehörige einer verschworenen Gemeinschaft, einer Sekte, sieht die Mehrzahl der Demonstranten nicht aus, eher wie Bürger, die man am Wochenende in beliebigem Einkaufszentrum trifft. Sie entsprechen der von den Organisatoren im Aufruf zur Demo formulierten Definition: „Der ‚Weiße Schweigemarsch‘ ist eine friedvolle Bewegung – pluralistisch und tolerant, außerhalb politischer Strömungen.“ Es wird Französisch, Deutsch, Luxemburgisch, Polnisch, Spanisch, Portugiesisch, Englisch gesprochen.

Auf die gewaltfreie Seite der Bewegung wird vor dem Start des Umzugs mehrmals per Megafon hingewiesen. Man solle bis zur Ankunft am „Knuedler“ Stille bewahren, das heißt keine Losungen skandieren, es handele sich schließlich um einen Schweigemarsch. Wer ein Plakat mitführe, solle es so umdrehen, dass man den Text nicht lesen könne. Gewalt wird nicht toleriert. „Wir lehnen den Gebrauch von Gewalt ab, da unsere größte Stärke in unserem friedlichen Handeln liegt“, lesen die in einem weißen Overall gekleideten und wohl zu den Organisatoren zählenden Mahnern vor.

 Foto: Lucien Montebrusco

Mit reichlich Verspätung setzt sich der Umzug über die Rote Brücke Richtung Stadtzentrum in Bewegung. Brav besetzen die Tausenden die ganze Breite des Bürgersteigs, der stellenweise doch fast zu eng wirkt, angesichts der manchmal heranbrausenden Fahrzeuge. Nicht auszumalen, würde ein von der Menschenmasse abgelenkter Fahrzeugführer die Kontrolle über seine Maschine verlieren. Auch ein Polizeiwagen rast mit Blaulicht vorbei. „Müssen wohl zur zweiten Impfung“, stichelt ein Deutsch sprechender Demonstrant lächelnd.

* Zahl der Teilnehmer

Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer etwas niedriger als unser Autor: Sie erklärt am Samstagmorgen, es seien wohl nicht mehr als 3.500 Teilnehmer gewesen. (fgg)

Den Zug dominieren junge Menschen. Diese Generation wehre sich, meint ein älterer Herr. Er sei bloß gekommen, um zu schauen, nicht um zu demonstrieren, sagt er am Rande stehend. Seine Generation habe sich ja alles gefallen lassen. Er selbst sei dreimal gegen Covid geimpft und lasse sich regelmäßig PCR-testen. Sich gegen wen oder was wehren? Na dagegen, dass man sich nun testen müsse, wenn man zur Arbeit oder ins Restaurant wolle. Dass dann gemeldet werde, falls man positiv getestet sei. Wie stehe es denn mit dem Datenschutz, meint unser Gesprächspartner.

 Foto: Lucien Montebrusco

Nicht geimpft ist dieser 50-jährige Franzose, ein Veteran des Schweigemarsches in Luxemburg. Er lasse sich regelmäßig testen, weil er immer wieder nach Spanien zu seiner Mutter müsse, sagte er uns vor Beginn des Marsches. Die EU-Kommission habe Zehnjahresverträge mit den Pharmakonzernen für die Impfstoffe abgeschlossen. Die Mär vom Virus müsse aufrechterhalten werden. „Wir alle sind Versuchskarnickel“, sagt er und lässt den Blick über die Menschenmasse vor der Philharmonie schweifen.

Das Problem seien die Medien, mischt sich ein hagerer junger Mann in das Gespräch ein und versteigt sich zur Aussage „Kein Krieg ohne Medien“ und meint damit die klassischen Medien, analog wie digital. Man müsse sich an der richtigen Quelle informieren und nennt gleich mehrere angebliche Experten, die etwa die Existenz von Viren verneinen oder die Wirksamkeit der PCR-Tests infrage stellen. Die würden alles und nichts zeigen. Auf Gegenargumente folgen Gegenargumente. Wissenschaftler und Ärzte, die sich gegen den allgemeinen wissenschaftlichen Konsens erheben, würden plötzlich verschwinden, verunglückten.

 Foto: Lucien Montebrusco

Derlei Diskussionen sind kaum zielführend. Den meisten, die sich an diesem Abend auf dem „Knuedler“ vor dem Rathaus einfinden, geht es wohl eher um einfachere, aber dennoch prinzipielle Fragen. Solche über ihre Freiheit, die sie durch die Covid-19-Politik beeinträchtigt sehen. „Liberté“, schreit jemand auf der Treppe vor dem Rathaus. „Liberté“ hallt es von der Menge unten wider, immer lauter, aus immer mehr Kehlen. Es folgen Applaus und Pfiffe. Und schon folgen die nächsten Slogans: „Et geet elo duer!“, „Mir si fräi!“.

Dann wird es konkreter: „Bettel, le pass on n’en veut pas!“ … und etwas politischer auf dieser sich unpolitisch wollenden Kundgebung: „Bettel – Démission“. Das Echo ist eher verhalten, die Parole eine einmalige Angelegenheit an diesem Abend.

 Foto: Lucien Montebrusco

Um 20.45 Uhr ist der Platz gut gefüllt, und noch sind nicht alle angekommen. Es befänden sich weiterhin Menschen auf der Roten Brücke, schreit jemand, der sich neben einen der Bronzelöwen an der Treppenseite gestellt hat.

Tatsächlich ist der zu Beginn kompakte Umzug unterwegs auseinandergerissen worden. Der Grund ist die Verkehrsregelung an der Kreuzung boulevard Royal und avenue de la Porte-Neuve, wo Polizeibeamte abwechselnd Autofahrer und Demonstranten durchwinken. Letztere bewegen sich in Gruppen weiter durch die Großstraße, den Krautmarkt, mitten durch Feierabend feiernde Kneipen- und Restaurantbesucher, durch die rue de la Reine zum „Knuedler“.

Zum Schluss werden es ihrer mehrere tausend gewesen sein, die an diesem Schweigemarsch teilgenommen haben. Zwischen 4.000 und 6.000 sagt uns der in einem weißen Overall steckende junge Mann später, einer der Mitorganisatoren. Die Polizei und einer von ihnen zähle. Meistens würden die Zahlenangaben übereinstimmen.

Nach 21.15 Uhr beginnt sich die Kundgebung aufzulösen, während die Teelichter und andere Kerzen um die Bronzelöwen weiter flackern.

grenzgegner
2. November 2021 - 17.44

Die Demonstrationen am Freitagabend sind mittlerweile für bestimmte Gruppen aus der deutschen Eifel und dem Saarland Pflichttermine. Auch französische und belgische Gruppen schicken selbstverständlich solidarisch ihre Mitglieder nach Luxemburg. Dazu kommen ein paar Querdenker, die vorübergehend in Luxemburg zu Gast sind - Leute aus weiteren Ländern, die sich für besonders "aufgeklärt" halten, und doch nur besonders leichtgläubig auf falsche "Aufklärer" hereingefallen sind, oder ein besonders verqueres Weltbild haben. Es wäre aufschlussreich (und hilfreich), wenn man die Zusammensetzung dieser Demonstrationen ein wenig öffentlich machen würde. Wie viele Luxemburger wohl am Ende von den Tausenden übrig bleiben?

Lucilinburhuc
31. Oktober 2021 - 10.43

“ Ech fuerderen datt d’Medien sou Versammlungen guer nët mei ernimmen.“ Was ist das blos mit dieser Regelwut (fordere) in diesem Land? Mann kann doch nicht 4000 Bürger einfach so aus den Medien streichen. Verbote bringen nichts. Auch wenn in vielen Köpfen dieses Kleinod gerne gepflegt wird. Stattdessen die Leuten überzeugen und deren Ängsten lindern. Alles andere ist faschistische Ideologie.

Grober J-P.
30. Oktober 2021 - 23.52

„Et geet elo duer!“ Dann also bitte, lasst euch alle infizieren, ist ja kaum ein Risiko vorhanden. Nach etwa 2 - 3 Wochen haben wir die gewünschte Herdenimmunität erreicht und alle können wieder "frei" sein, sogar mit Bescheinigung "Genesen"!

Grober J-P.
30. Oktober 2021 - 21.30

Eines würde mich interessieren, wie die Leute leben, wie sie aufgewachsen sind, was für eine Erziehung und Bildung sie genossen haben, welche solche Demos organisieren. Mich würde interessieren wie sie reagieren würden, wenn sie mal so richtig vom Virus gepackt wurden, wenn einer ihrer Freunde das Virus nicht überstanden hätte, wenn einmal eine Pflegekraft ihnen sagen würde, ich brauch jetzt eine Auszeit, kann nicht mehr. Oder noch krasser wäre es zu erfahren wie sie reagieren, wenn ihnen der Zugang zur Intensivstation verwehrt würde, tut uns leid, jetzt sind einmal die Krebspatienten dran. Bisher noch keine überzeugende Antwort auf alle Fragen bekommen. Die Teelichter um den Löwen waren bestimmt zur Erinnerung an die Millionen Coronatoten, dann ok!

Observer
30. Oktober 2021 - 15.24

Delta ++ ist im Anmarsch! An die Masken für lange Zeit oder in Freiheit sterben.Jeder hat die Wahl.Ich bin schon lange ausgestiegen und staune aus der Ferne über die Unfähigkeit dieser Weltgemeinschaft.

Josette
30. Oktober 2021 - 14.38

Jo, ët geet lo wiirklech duer matt der Ignoranz matt där di Leit do leider geseent sin. Wann é vun dénen duerno op der Intensiv lait, hëllt en wann d'Zuelen eropgin just engem aaneren eng Plaaz ewech. Ech fuerderen datt d'Medien sou Versammlungen guer nët mei ernimmen.

HTK
30. Oktober 2021 - 14.11

"Die Mär vom Virus müsse aufrechterhalten werden." Was anderes hätte man denn erwartet? Wenn der gute Mann,sowie seine Demo-Freunde heuer mit einem positiven Test konfrontiert werden und anschließendem Aufenthalt auf der Intensivstation,wird er wohl an anderen Demos teilnehmen.