„Es ist ein Teufelskreis“ – FLF-Präsident Paul Philipp über Favoriten und UEFA-Zahlungen

„Es ist ein Teufelskreis“ – FLF-Präsident Paul Philipp über Favoriten und UEFA-Zahlungen

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Für FLF-Präsident Paul Philipp ist der F91 wieder einmal klarer Favorit auf den Meistertitel. Doch das Verbandsoberhaupt sprach auch über die Rolle von Investor Flavio Becca und die finanziellen Unterschiede in der BGL Ligue.

Tageblatt: Von den vier BGL-Ligue-Vereinen hat es einer in die dritte Runde der Europa League geschafft. Wie haben sich die Luxemburger Klubs verkauft?

Paul Philipp: Insgesamt nicht schlecht. Gegen Vitoria Guimarães oder die Glasgow Rangers kann man verlieren. Die Jeunesse hat zuvor den wohl schwersten Gegner aus dem Wettbewerb gekegelt. An einem guten Tag, wohl auch mit einer anderen Schiedsrichterleistung, wäre es auch besser für die Fola gelaufen. Glücklicherweise hat die UEFA das Reglement geändert, sonst wäre jetzt kein Verein in der dritten Runde. Düdelingen hat die fantastische Gelegenheit, wieder einmal in die vierte Runde einzuziehen, denn Nomme Kalju ist definitiv auf Augenhöhe. Und danach kann alles passieren …

Der F91 zählte 28 Neuzugänge bei 22 Abgängen. Hat Sie die Leistung der vergangenen Woche deshalb überrascht?

Nicht gerade positiv überrascht haben sie mich gegen die Malteser. Die zweite Hälfte des Heimspiels war nicht gut. Gegen Shkëndija lief es bereits wesentlich besser. Es wächst etwas zusammen, weshalb sie für mich wieder einmal Favorit auf den Titel sind. Ich hoffe, dass die Spitzengruppe wieder etwas näher zusammenrückt. Niederkorn will es diesmal wissen und muss aufgrund seiner Ambitionen diesmal ganz nah rankommen. Die Fola ist die Unbekannte. Individuell ging Qualität verloren. Die Frage ist, ob das Kollektiv dies auffängt. Bei der Jeunesse muss man abwarten, genau wie bei UT Petingen. Déifferdeng 03 scheint mir diesmal mit weniger Druck antreten zu können.

Welche Rolle und welchen Einfluss hat Investor Flavio Becca im Luxemburger Fußball?

Am Dienstag saß ich beim F91-Heimspiel neben ihm. Er hat mitgefiebert. Es ist zu begrüßen, dass er nach wie vor dort engagiert ist. Die Änderung der Transfer-Regelung bei Leihspielern, die vorgenommen wurde, hatte nichts mit seiner Person, sondern mit der Sache an sich zu tun. Hesperingen ist nicht direkt betroffen, da es sich um eine andere Liga handelt. Ob das gut für den Fußball ist, wage ich zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz ist es kein Regelverstoß. Der Luxemburger Fußball steht und fällt nicht mit einer Person. Weder mit Flavio Becca noch mit Paul Philipp, Luc Holtz oder sonst jemandem. Ich kritisiere niemanden, der investiert. Dafür muss man die notwendigen finanziellen Ressourcen haben. Ob es der richtige Weg ist? Ich weiß es nicht. Es würde allerdings dem Fass den Boden ausschlagen, wenn man sich nicht darüber im Klaren wäre, dass Flavio Becca maßgeblichen Anteil an der Gruppenphasen-Qualifikation des F91 hatte. Wie sich das Ganze lang- und mittelfristig auswirkt, wird man sehen.

Wird die Schere zwischen den Europapokal-Mannschaften und dem Rest des Feldes weiter auseinander gehen?

Ich bin immer wieder fassungslos, dass ausgerechnet die UEFA diese Feststellung anprangert. Sie sind schuld daran. Mittlerweile wird der Meister bekanntlich in der Europa League aufgefangen. Geht es um Planungssicherheit? Jedenfalls kann man jetzt schon genau vorhersagen, welche 26 der 32 Vereine mit Sicherheit in der Gruppenphase der Königsklasse spielen werden. Es ist ein Teufelskreis. Die Solidaritätszahlung, die an den Rest der Mannschaften geht, die nicht „europäisch“ sind, ist kein Vergleich: Das ist zwanzigmal weniger.

Insgesamt wurden 148 Neuzugänge gemeldet. Ist das für Sie eine normale Anzahl?

Es sind viele … Deshalb bin ich froh, dass wir uns nicht in die Richtung bewegen, das Transferfenster noch länger zu öffnen und Wechsel nach Liga-Auftakt zu erlauben. Wenn man bedenkt, wie viel Potenzial – also Jugend – vorhanden ist, sind es ungemein viele Transfers. Ich will niemandem einen Vorwurf machen. Es ist menschlich, dass man den schnellen Erfolg sucht. Die Geduld, etwas langfristig aufzubauen, ist nicht da. Zudem wurde es in den Jahren zuvor verpasst, den Nachwuchs einzubauen.

Ist es ein Nachteil, dass BGL-Ligisten zu diesem Zeitpunkt noch Spieler ins Ausland verlieren könnten, ohne Ersatz verpflichten zu dürfen?

Das ist in den letzten zehn Jahren nur dreimal vorgekommen. Der Erste war Aurélien Joachim. Letztendlich entscheiden die Vereine, ob sie die Spieler ziehen lassen oder nicht. Es gibt Verträge. Diese Einzelfälle fallen nicht ins Gewicht. Es sind nicht die Ausnahmen, die eine Regel bestätigen.

Sie haben die Regeländerung bezüglich des „transfert temporaire“ angesprochen. Wie waren die Reaktionen?

Das geschah in enger Zusammenarbeit mit den Vereinen. Es wurde bei Versammlungen eine Anzahl von zwei Spielern festgelegt. Wir haben das Rad nicht neu erfunden, das gibt es auch in anderen Verbänden. Jeder, der dabei war, war von der Änderung überzeugt – auch wegen unseres Images nach außen.

Warum ist eine Profi-Liga in Luxemburg weiterhin keine Option?

Wir als FLF wollen dies nicht, weil die Vereine es ebenfalls nicht wollen. Die UEFA-Bedingungen kann in Luxemburg kein Klub erfüllen. Es ist erfreulich, dass es nichtsdestotrotz Profifußballer hierzulande gibt, die von professionellen Trainern betreut werden. Stand der Dinge ist, dass aktuell jeder Verein das so handhaben kann, wie er will. Niemand muss zweimal täglich trainieren. Wir haben bei unserem Stellenwert nach außen fünf Stufen auf einmal genommen – nicht nur wegen der Europa League, sondern auch wegen der Nationalmannschaft und unserer Auslandsprofis. Ich würde sogar behaupten, dass der Luxemburger Fußball im Ausland besser angesehen ist als bei uns zuhause. Viele Profiklubs wären froh, wenn sie aus ihren Fußballschulen einen so hohen Prozentsatz an Leistungsträgern hervorbringen würden, wie wir es tun.