Corona„Es hätte Tausende Tote geben können“

Corona / „Es hätte Tausende Tote geben können“
Ulf Nehrbass, Sprecher der Luxemburger Covid-Taskforce Foto: Editpress/Julien Garroy

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Am Donnerstag stellten Forscher aus Luxemburg erste Ergebnisse einer großangelegten Corona-Studie in Luxemburg vor. Den Wissenschaftlern zufolge liegt die Prävalenz der Viruserkrankung in Luxemburg bei 0,3 Prozent. Immer noch steckt eine infizierte Person im Schnitt mindestens eine weitere Person an. Ohne die getroffenen Maßnahmen hätte es in Luxemburg Tausende Tote gegeben, sagen die Wissenschaftler.

Anfang April haben Wissenschaftler damit begonnen, die Ausbreitung des Coronavirus in Luxemburg ganz genau zu untersuchen. Besondere Beachtung wird dabei asymptomatischen Fällen geschenkt. Also solchen Fällen, in denen eine Person infiziert ist, jedoch keine oder untypische Symptome hat. Bei einer Pressekonferenz in den Räumen der Universität haben Mitglieder der Luxemburger Corona-Taskforce am Donnerstag Ergebnisse der ersten Runde der Convince-Studie vorgestellt. Die Taskforce wurde eingerichtet, um das Fachwissen in Luxemburg zu bündeln. Sie wird vom Ministerium für Hochschulwesen und Forschung unterstützt. Beteiligt sind viele luxemburgische Forschungsinstitute.

Für die Studie wurde mithilfe des Meinungsforschungsinstitutes TNS Ilres eine repräsentative Stichprobe aus der Bevölkerung zusammengestellt. Dabei entschieden sich die Forscher, nur Einwohner über 18 zu untersuchen. Die Probanden werden nach möglichen Symptomen, ihrem Reiseverhalten und Vorerkrankungen befragt. Im Rahmen des Tests wird ein Abstrich gemacht, um nach Viren zu suchen, und ein Antikörpertest vorgenommen, um im Blut nach Antikörpern zu suchen. Zusätzlich werden die Probanden gefragt, ob sie eine Stuhlprobe abgeben wollen. Viruspartikel können im Stuhl nachweisbar sein. Die Studienteilnehmer (und mit ihrem Einverständnis der behandelnde Arzt) werden informiert, wenn ihr Test positiv ausfällt. Erhalten die Probanden keine Rückmeldung, dann heißt das, dass das Ergebnis des Tests negativ war.

Dabei wurden insgesamt 1.842 Personen mittels eines Abstriches der Atemwege auf SARS-CoV-2-Viren hin untersucht. In fünf Fällen war das Ergebnis positiv. Keine dieser fünf Personen hatte die Covid-19-Erkrankung. Einer hatte gar keine Symptome. Die anderen hatten wenige und unspezifische Symptome.

Die Versuchspersonen wurden auch auf Antikörper hin untersucht. Diese treten nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung auf. 35 von 1.820 Tests brachten ein positives Ergebnis. Der Leiter der Studie Rejko Krüger unterstrich am Donnerstag jedoch, dass dies nicht automatisch bedeute, dass diese Personen nun immun seien. Aus den Ergebnissen haben die Forscher (nach Gewichtungen) eine Prävalenz von 0,3 Prozent berechnet. „Das entspricht ungefähr 1.449 Mitbürgern, die in Luxemburg wohnen und zwischen 18 und 79 Jahren alt sind“, so Krüger. „Das ist eine Zahl wie sie ähnlich niedrig auch in Island in nicht repräsentativen Studien beobachtete wurde.“

Damit ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Alle Proben und Daten stehen für weitere Tests zur Verfügung. Die Forscher wollen eine finale Studie in einem Jahr durchführen.

Einer steckt immer noch einen an

Eine wichtige Zahl bei der Entwicklung der Epidemie, die in allen Ländern mit Argusaugen verfolgt wird, ist die Reproduktionszahl Rt. Einfach ausgedrückt sagt die Reproduktionszahl aus, wie viele Menschen eine infizierte Person im Schnitt ansteckt. Eine Reproduktionszahl von 2 bedeutet also, dass eine infizierte Person im Durchschnitt zwei andere Personen mit dem Virus infiziert. Eine wichtige Grenze ist die 1. Liegt die Reproduktionszahl darunter, geht man davon aus, dass Infektionsketten wieder nachverfolgbar sind und die Epidemie eingedämmt werden kann. Liegt die Reproduktionsrate zu hoch, dann ist das meistens nicht möglich – die Lage ist zu unübersichtlich. Bei Corona war dies der Fall. Aus diesem Grund wurde eine andere Maßnahme getroffen, um das Virus einzudämmen: soziale Distanzierung.

Derzeit liegt die effektive Reproduktionszahl in Luxemburg bei 1,04 – also noch immer knapp über 1. Laut Vertretern der Covid-Taskforce liegt das auch daran, dass hierzulande relativ viele Menschen (im Vergleich zu anderen Ländern) infiziert waren. Selbst wenn die Menschen sich an die Ausgangsbeschränkungen hielten, könne es immer noch Ansteckungen innerhalb einer Familie geben, sagte Ulf Nehrbass von der Covid-19-Taskforce. Derzeit gibt es in Luxemburg 300 aktive Corona-Fälle. Es ist davon auszugehen, dass diese 300 Personen weitere Menschen angesteckt haben.

„Ein beeindruckender Erfolg“

Zu den Aufgaben der involvierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehört es auch, Modelle darüber zu berechnen, wie das Coronavirus sich unter verschiedenen Bedingungen verhält. Für Paul Wilmes von der eingerichteten Covid-19-Taskforce geht daraus deutlich hervor: Ohne Ausgangsbeschränkungen hätte es Tausende Tote gegeben. Die Universität hat mehrere Szenarien durchgespielt. Darunter eines ohne Maßnahmen, ein sehr optimistisches und ein mittleres. Die tatsächlich gemessenen Zahlen (der bestätigten Infektionen und Todesfälle) liegen sehr nahe an dem optimistischen Szenario. Nehrbass zieht daraus den Schluss, dass die richtigen Maßnahmen beschlossen wurden und die Menschen in Luxemburg sich sehr gut an die Ausgangsbeschränkungen halten. „Das ist ein beeindruckender Erfolg“, sagt der Forscher.

Erklärtes Ziel der Taskforce ist es, eine zweite Ansteckungswelle zu verhindern. Davon, dass die Pandemie nicht mehr so sichtbar ist wie am Anfang, sollte man sich nicht täuschen lassen, mahnt Ulf Nehrbass: „Das wird uns noch einige Wochen und Monate begleiten. Das muss uns klar sein.“ Allerdings sieht er die Möglichkeit, den Exit aus den Corona-Maßnahmen durch ein proaktives Vorgehen zu beschleunigen. Will heißen: Es soll viel getestet werden und die Bürger sollen eigenständig auf soziale Distanzierung und Hygiene achten.

Derzeit gibt es überall in Europa Anstrengungen, die Ausgangsbeschränkungen zu lockern. In Luxemburg wurden zuerst die Mitarbeiter der Baubranche wieder an die Arbeit geschickt. Am Montag sind die Schüler der Abschlussklassen (unter dem Protest der Studierendenorganisation UNEL und der Gewerkschaft SEW/OGBL) wieder in die Schulen zurückgekehrt. Am Montag kommender Woche soll – unter strengen Auflagen – der Handel wieder öffnen.

1.000 asymptomatische Fälle im Bausektor

Die Forscher haben die Bevölkerung in „Kontingente“ (meist Berufsgruppen) unterteilt, die nach und nach getestet werden und dann in den Alltag zurückkehren könnten – so wie die Abschlussklassen und die Mitarbeiter des Bausektors. In der Folge müsste immer wieder nachgetestet werden, um festzustellen, ob sich nicht doch noch Infektionen zeigen.

Bevor die Mitarbeiter des Bausektors wieder an die Arbeit geschickt worden sind, wurde eine Stichprobe von ihnen untersucht. Die Wissenschaftler gehen nun davon aus, dass 2 bis 2,3 Prozent der Belegschaft der Baubranche positiv sind, ohne Symptome zu haben. Auf alle Bauarbeiter hochgerechnet würde dies bedeuten, dass rund 1.000 Beschäftigte des Bausektors mit dem Virus infiziert sind und keine Symptome haben, rechnet Ulf Nehrbass vor. Natürlich würden dort nun Sicherheitsmaßnahmen wie Schutzmasken und Mindestabstand benutzt. „Trotzdem ist es wichtig, dass wir, sobald wir können, diesen Sektor ganz screenen und die, die positiv sind, entnehmen“, so Nehrbass. Diese Mitarbeiter könnten dann für zwei Wochen in die Selbstisolation geschickt werden. Ob und wann dies geschieht, liegt offenbar in der Hand der Politik. Würde man systematisch bei allen Kontingenten so vorgehen, könnte man die Menschen nach und nach aus der Ausgangssperre entlassen und hätte eine relative Sicherheit, sagt Nehrbass.

Daneben wurden alle Schüler der Abschlussklassen aufgefordert, sich freiwillig testen zu lassen. Fast 40 Prozent von ihnen kamen der Aufforderung nach. Bei 9 der getesteten 2.354 Schüler fiel das Ergebnis positiv aus.

Wer wann getestet wird, ist Entscheidung der Politik. Darüber, ob auch bei den Mitarbeitern des Einzelhandels, die am Montag die Arbeit wieder aufnehmen sollen, eine solche Stichprobe durchgeführt wurde, konnten die Mitglieder der Taskforce am Donnerstag keine Auskunft geben.

In einem Modell sind die Forscher auch der Frage nachgegangen, was passieren würde, wenn die Gastronomie wieder aufmachen würde und erneut Partys zu Hause gefeiert werden. In diesem Fall sagen die Forscher eine zweite Welle an Corona-Fällen voraus. Ein Szenario, das nur die Gastronomie betrifft (ohne Partys daheim), wurde den Angaben der Wissenschaftler zufolge aufgrund begrenzter Rechenkapazitäten nicht untersucht. Die Forscher benutzen für ihre Berechnungen den Hochleistungs-Computer-Cluster der Universität. Ihnen wurde dazu Vorrang auf den Maschinen gegeben.

Die Taskforce gab an, die Szenarien am Sonntag an die Regierungsmitglieder weitergegeben zu haben. Die Parlamentarier erhielten sie erst am Mittwochabend. Am Donnerstagmorgen wurden sie der Öffentlichkeit vorgestellt, um am Donnerstagnachmittag bereits in der Chamber diskutiert zu werden.

Taskforce interessiert sich für Tracing Apps

Des Weiteren hieß es von den Mitgliedern der Taskforce, die Gruppe habe ein Dokument über sogenannte Tracing Apps ausgearbeitet. Über solche Smartphone-Apps wird derzeit überall in der Welt diskutiert. In Asien werden sie in manchen Ländern flächendeckend eingesetzt. Sie sollen dabei helfen, festzustellen, mit wem infizierte Personen Kontakt hatten, und könnten herkömmliche Rückverfolgungsmethoden, bei denen Mitarbeiter der „Inspection sanitaire“ Corona-Patienten befragen, noch ergänzen.

Eine zweite Runde der Convince-Studie hat bereits begonnen. So wollen die Forscher das „dynamische Geschehen“ der Pandemie im Auge behalten.

TNT
10. Mai 2020 - 13.37

@J.Scholer 1. wurden seitens der Virulogen von 5000-15000 Toten für Luxemburg vorhergesagt. Pure Panikmache.....!?! 2. Ist Norditalien etwas, aber nur ein bisschen grösser als Luxemburg? Dies dürften SIE als ausrangierter EX Mini RAMBO, doch was die Geographie anbelangt schon wissen, wenn sie schon in Comments etwas Privates über sich preisgeben. 3. Die Primaner haben der Taskforc schon mal den Mittelfinger gezeigt. 61,1% liessen sich nicht tetsten!! 4.Wie schrieb einer hier treffend, morgens negativ, mittags positiv. 5. Risikogruppen, Angsthasen, Hypochonder dürfen sich gerne täglich 3Mal täglich testen lassen. Es wurden ja genügend Testverfahren bestellt.

KTG
10. Mai 2020 - 11.08

@HTK: So ein Unsinn! Auch Sie haben absolut nichts verstanden, aber auch rein gar nichts! Niemand hat geschrieben, dass jeder Infizierte sterben würde. Das Beispiel Schweden ist an Dämlichkeit und Falschheit fast nicht zu überbieten. Schweden hat rund 26000 Fälle, davon sind 3200 gestorben. Wäre Luxemburg ein Teil von Schweden hätten wir bei fast 4000 positiven Tests nicht 100 sondern 500 Todesfälle gehabt. Dreisatzregel anwenden. Los! Es ist absolut nicht sicher, dass es eine Impfung geben wird. Der Vergleich mit der Grippe ist ebenfalls an Simplizität nicht zu überbieten. Wie es geht, wenn man nichts tut, zeigt das Beispiel USA, aber das haben Sie ja mal lieber schnell nicht erwähnt. Wäre Luxemburg ein Teil der USA, hätten wir nicht 100, sondern 250 Tote und erste Untersuchungen haben dort gezeigt, dass die Zahl der Toten massiv höher sein muss, als sie es wirklich ist. Sterbetabellen aus verschiedenen Gegenden zeigen nämlich eine deutliche höhere Todesraten und lassen darauf schließen, dass es nicht die offiziellen 80.000 Toten sind, sondern weit über 120.000 oder noch mehr. Aber das scheint Sie ja auch nicht zu interessieren. Auch nicht, dass in den USA manchen Bundesstaaten die Toten nicht mehr zählen lassen wollen (republikanikanische Gouverneure halt, siehe Florida), nicht wahr? Weil Sie ja unbedingt Corona mit der Grippe gleichstellen wollen: Innerhalb weniger Wochen sind in den USA an Corona 80.000+ Menschen gestorben. In der gesamten Grippesaison 19/20 sind in den USA bisher (mit Stand März) etwa 24.000 Menschen gestorben, und das über einen deutlich längeren Zeitraum. Eine Schätzung für die Saisonm 17-18 liegt bei 80.000 in der gesamten Saison, also über einen deutlich längeren Zeitraum. Da die Zählung für Corona wohl zehntausend Tote "vergessen" hat, ist Corona weitaus tötlicher und das binnen sehr viel kürzerer Zeit.

KTG
10. Mai 2020 - 10.53

@TNT: Wären Ihnen tausende Tote denn lieber gewesen? Oder was soll Ihr Kommentar? Wir haben in diesem Land Meinungsfreiheit. Das bedeutet, dass Ihnen der Staat den Mund nicht verbieten darf, das bedeutet aber nicht, dass Sie jeden menschenfeindlichen Müll absondern sollten, der Ihnen durch die Gehirnwindungen geht. Meinungsfreiheit bedeutet auch, dass andere Ihre Meinung doof finden können. Und das tue ich hiermit auch. Ohne unsere Politiker (und dazu zählt hier auch ein Großteil der Opposition), wäre Luxemburg geradewegs in eine Katastrophe gelaufen. Ohne deren schnelles Handeln, hätten Sie nie 5 Masken vom Staat erhalten und könnten wohl auch keine kaufen. Und ohne deren schnellen Entscheidungen würden Sie auch nicht weitere 50 Masken erhalten! Während Sie im Internet Kommentare abgesondert haben, haben die Verantwortlichen 25-30 Millionen Masken gehortet. Von den übermenschlichen Anstrengungen, um die Krankenhäuser und den Flughafen/den Logistik-Sektor auf Trab zu bringen, ganz zu schweigen.

J.Scholer
9. Mai 2020 - 8.44

@TNT: Was können wir froh sein, dass unsere politischen Entscheidungsträger die richtigen Weichen gestellt haben, denn mit italienischen Zuständen wäre uns vielleicht Ihr Kommentar erspart blieben.

TNT
8. Mai 2020 - 9.05

@Humpejang Den Humpen eidel?? Lieber Delirium als gar keinen Schlaf oder?

HTK
8. Mai 2020 - 8.50

Nichts genaues weiß man nicht. Statistiken beweisen alles,sogar das Gegenteil. Es hätte tausende Tote geben können?Wenn man bedenkt von welchem Altersdurchschnitt der Verstorbenen und deren Gesundheitsvorgeschichte wir reden,dann ist das auch eine Statistik,die allerdings bei den hysterischen Entscheidungen keine Berücksichtigung fand. Und wenn diese Experten recht haben,warum wurden dann die anderen Experten,die das Ganze lockerer sehen, nicht längst eingesperrt? Beispiel Schweden. Es dürfte keine Schweden mehr geben wenn die Theorie unserer "Taskforce" stimmen würde. Es wird zur "Durchseuchung" kommen und danach werden wir ein Serum haben und danach leben wir weiter.Wie mit der normalen Influenza,an der jährlich tausende Menschen sterben,seit Äonen.

TNT
8. Mai 2020 - 8.48

Dank der phänomänalen Handytastatur hier die Korrektur. Hätte, Hätte, Fahrradkette und natürlich Jedem Depp Seine APP!! Aber womit ich ein RIESENPROBLEM habe, „Trotzdem ist es wichtig, dass wir, sobald wir können, diesen Sektor ganz screenen und die, die positiv sind, entnehmen“, so Nehrbass. Sektor, ein ganzes Volk, oder die ganze Welt?? Riecht Ihr es auch.....??? Wie heisst nochmal das Lied von Heino? Wenn ihr selbsternannten Experten dem Virus den Garaus machen wollt, dann bleiwen aber die Grenzen bis Mohkuchsdaag zou. Screening Tracing Chasing, mir sinn keng INSEL!!!!!!!!!

Humpejang
8. Mai 2020 - 8.32

@TNT: mei een blöden Komentar kann een wuel nët oofgin. Ausser erausrappen vun eenzelenen Textpassagen an Reimsprechelcher huet dësen absolut keen Contenue. Wann een nët mei kann, da soll een et ganz si lossen!

TNT
7. Mai 2020 - 21.33

Es hätte Tausende Tote geben können........... Hätten an Haaten... Hätte Kätte Fahrradkette. Wer's glaubt......? Taskforce, die Gruppe habe ein Dokument über sogenannte Tracing Apps ausgearbeitet. Jedem DEPP seien App!