GastronomieEs brodelt nicht nur im Kochtopf: Wie ein Restaurantbesitzer die aktuelle Lage einschätzt

Gastronomie / Es brodelt nicht nur im Kochtopf: Wie ein Restaurantbesitzer die aktuelle Lage einschätzt
Christophe und Azra Huber blicken nachdenklich in die Zukunft Foto: Roger Infalt

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Seit vielen Jahren betreiben Azra und Christophe Huber das Restaurant Neptwone im Gebäude des Fahrsicherheitszentrums in Colmar-Berg. Wegen seines hervorragenden Preisleistungsverhältnisses und der Zuvorkommenheit gegenüber den Kunden hat sich sein Restaurant über die Jahre hinweg einen sehr guten Namen gemacht. Am Samstag haben wir den sympathischen elsässischen Chef in seiner Küche besucht und mit ihm vor allem über den derzeitigen Lockdown im Gaststättengewerbe gesprochen.

Christophe Huber steht in seiner Küche, als wir das Restaurant am Samstagmorgen betreten. Zusammen mit einem seiner sieben Mitarbeiter ist er dabei, die ersten Vorbereitungen für das Mittagessen zum Mitnehmen zu treffen. Er schmunzelt, als er uns sieht, und gibt gleich zu verstehen, dass er eigentlich ein bisschen nervös sei, wenn er mit der Presse in Kontakt kommt. Als es durch die Küche blitzt, lacht sein Mitarbeiter und fragt: „Est-ce que la photo va paraître dans le journal?“

Der Chef nimmt sich aber gleich Zeit, setzt seine Kochmütze ab und wirft die Kaffeemaschine an der Theke des Restaurants an. „Ça fait de la peine de voir la salle vide, les lampes éteintes, les chaises sur les tables … non?“ Das Restaurant, das in normalen Zeiten bis zu 140 Plätze bietet, fristet in diesen Tagen ein eher trostloses Dasein.

„Der erste Lockdown hat uns bereits heftig getroffen. Man muss wissen, dass wir hier eigentlich vier verschiedene Kategorien an Kunden haben“, so Christophe Huber weiter. „Da wären die Teilnehmer am täglichen Fahrsicherheitstraining, die bei uns gefrühstückt und auch zu Mittag gegessen haben. Die haben wir seit dem ersten Lockdown verloren, da die Trainingseinheiten coronabedingt so umgestaltet wurden, dass nur in kleinen Gruppen das Praktische geübt wird, den theoretischen Teil bewältigen die Teilnehmer bei sich zu Hause. Das gemeinsame Frühstück sowie das Mittagessen vor Ort sind dieser Umgestaltung zum Opfer gefallen.“

Keine Familien- und Betriebsfeiern

Auch die Klientel, die in und um Colmar-Berg arbeitet und in der Mittagsstunde zum Essen kommt, bleibe wegen der Telearbeit weg. „Dazu kommt dann noch, dass wir in den vergangenen Jahren sehr viele Familien- und Betriebsfeiern in unserem Restaurant hatten. In diesem Jahr haben wir lediglich ein Kommunionsessen gezählt – zudem war das noch auf wenige Leute begrenzt. Bei alledem ist es nur gut, dass wir auf eine vierte Kategorie zählen können, und das sind unsere treuen Kunden, die mindestens einmal die Woche zum Essen kommen, sei es mittags oder abends. Diese Kunden bestellen auch jetzt ihr Essen zum Mitnehmen bei uns. Wir bereiten im Moment mittags zwischen 30 und 40 solcher Mahlzeiten zu, die reichen von der Pizza über das Tagesmenü bis hin zum ausgeklügelteren Fleischgericht. Abends ist es überaus ruhig. Erlauben Sie mir, von dieser Gelegenheit zu profitieren, um unserer treuen Kundschaft ein herzliches Dankeschön für ihre Unterstützung auszusprechen.“

Mahlzeiten zum Mitnehmen als Dienst am treuen Kunden
Mahlzeiten zum Mitnehmen als Dienst am treuen Kunden Foto: Roger Infalt

Ob er denn damit über die Runden kommt, wollen wir von Christophe Huber wissen. Er nimmt einen Schluck Kaffee und meint dann: „Nein, an den Mahlzeiten zum Mitnehmen verdienen wir kaum etwas, aber wir machen es als Dienst an unseren treuen Kunden.“ Wir haken nach, wie es denn generell um den Betrieb und die Finanzen steht. „Wir mussten aufgrund des ersten Lockdowns leider zwei Mitarbeiter entlassen, einer in der Küche und einer im Restaurant. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, dass das ein ganz schwerer Moment für meine Frau Azra und mich war, denn wir pflegen in unserem Betrieb von jeher eine Zusammenarbeit mit unseren Angestellten, die auf gegenseitigem Respekt und einer fast schon familiären Freundschaft basiert.“

„Das wäre eine Katastrophe“

Was die Finanzen betrifft, antwortet der Elsässer sehr ehrlich: „Après le premier confinement, les pendules étaient remises à zéro. On a eu la chance de n’avoir pas de dettes, sinon …“ Das sei auch jetzt während dieses zweiten Lockdowns das, was ihn über Wasser halten würde. „En même temps on a dû et on doit encore limiter les dépenses au maximum.“

Und wie sah es zwischen den beiden Lockdowns aus? „Wir konnten arbeiten, das war gut. Doch die eingeschränkte Kundenzahl, bedingt durch die sanitären Schutzmaßnahmen, hatte einen nicht unerheblichen Rückgang der Einnahmen zur Folge. Den Monat September – um nur dieses Beispiel zu nennen – schlossen wir mit 30 Prozent weniger Umsatz gegenüber dem gleichen Monat im Vorjahr ab.“

Das Restaurant mit seinen 140 Sitzplätzen fristet im Moment ein eher trostloses Dasein
Das Restaurant mit seinen 140 Sitzplätzen fristet im Moment ein eher trostloses Dasein Foto: Roger Infalt

Und trotzdem: „Auch wenn ich den Sinn der jetzigen erneuten Schließung der Gaststättenbetriebe nicht vollends nachvollziehen kann, so möchte ich aber mit Blick über unsere Landesgrenzen hinaus sagen, dass wir hierzulande bis dato noch von Glück reden konnten, eine Regierung zu haben, die die Lockdowns auf eine kurze Dauer begrenzte und uns zudem auch noch finanziell tatkräftig unter die Arme greift. Ich kann und möchte mich daher nicht beklagen. Ich kenne viele Berufskollegen außerhalb Luxemburgs, denen das Wasser längst bis zum Halse steht, die seit Monaten wahre Überlebenskünstler waren und nun den Herd endgültig ausschalten mussten.“

Und was passiert, wenn es in den nächsten Wochen oder Monaten eventuell zu einem weiteren Lockdown kommen sollte? Christophe Huber nimmt tief Luft, senkt den Kopf und sagt kurz und bündig: „Sans vouloir exagérer: Ça serait une catastrophe!“

GéBé
11. Dezember 2020 - 18.45

An der Chamber an an der Regierung sëtzt keen Wiert , keen Kach , keen Bar an Nuetsclubbesëtzer , oder ? Grad ewéi och zu Esch keen Geschäftsman am Gemengeroot sëtzt. Wiëm seng Schold ?

Marc Decker
11. Dezember 2020 - 7.45

Pauvre gens,pauvre gastronomie... Courage...