„Niemanden zurücklassen“Erklärung zur Entwicklungszusammenarbeit

„Niemanden zurücklassen“ / Erklärung zur Entwicklungszusammenarbeit
Franz Fayot, bereits am Dienstag öfters durch Fragen der Parlamentarier gefordert, legte am Mittwoch den jährlichen Bericht zur Entwicklungszusammenarbeit vor Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Ähnlich, wie dies bei der außenpolitischen Erklärung der Fall ist, soll ab kommendem Jahr der Bericht zur Entwicklungszusammenarbeit (ehemals als Entwicklungshilfe bekannt) während zwei Tagen im Parlament behandelt werden. Am Mittwoch geschah dies (Erklärung des Ministers und Debatte) noch an einem Nachmittag.   

An der Corona-Pandemie kommt auch die Zusammenarbeit mit wirtschaftlich schwachen Ländern selbstredend nicht vorbei. Covid beeinflusste die Entwicklung in den Partnerländern der Luxemburger Kooperation in oft dramatischer Weise, doch auch andere politische Krisen, wie die nicht anerkannte Wahl in Nicaragua, die Bürgerkriegszustände in Mali, der Staatsstreich in Myanmar, die allgemein dramatische Lage in der Sahel-Zone, wo Luxemburg in Burkina-Faso, Mali und Niger aktiv ist, machen die Kooperationsarbeit nicht unbedingt einfacher.

Wie Kooperationsminister Franz Fayot (LSAP) darlegte, ist in unseren Regionen zwar Licht am Ende des Covid-Tunnels zu sehen, in vielen Entwicklungsländern bleibe der wirtschaftliche Aufschwung dagegen schwach. Die Pandemie habe einen starken Rückfall in Sachen Armut, Bildung, Ernährung, Sicherheit usw. bedeutet. Fayot, der erst vor kurzem mit einer Delegation im Senegal war, verwies darauf, dass drei Wochen nach einem Lockdown dort fast eine Revolution ausgebrochen war, weil viele Menschen kein Essen haben, wenn sie es nicht Tag für Tag draußen verdienen können. Zum Glück seien die Infektionszahlen in dem Land niedrig geblieben. Die Luxemburger Hilfe dort wird ausgebaut, so werden ein SAMU-System, ein Spital und ein  technisches Lyzeum unterstützt.

In vielen Ländern verschlimmere sich die Lage weiter; immerhin hält Luxemburg an seinem Ziel fest, ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Entwicklungshilfe zu investieren.    

Weiter ein Prozent des BIP

Durch den krisenbedingten Rückgang der Wirtschaftsleistung waren dies im Vorjahr 396 Millionen, was weniger Geld als 2019 war. Die NGOs allerdings, wichtige Partner der nationalen Kooperation, erhielten nicht weniger Unterstützung für ihre Projekte. 2021 wird die Entwicklungszusammenarbeit bei erholter Wirtschaft 455 bis 461 Millionen, 2022 dann die Rekordsumme von 476 Millionen Euro betragen. 

Die vier großen Ziele der Kooperation, so Fayot, seien die Verbesserung des Zugangs zu elementaren und qualitativ guten sozialen Dienstleistungen, die verbesserte sozio-ökonomische Integration von Frauen und Jugendlichen, eine verbesserte Gouvernance und ein stärkeres nachhaltiges und inklusives Wachstum. Diese Ziele der Zusammenarbeit sollen im Kontext der transversalen Prioritäten Menschenrechte, gleiche Rechte der Geschlechter, nachhaltige Umwelt erreicht werden.   

Der Minister, der einen äußerst ausführlichen Bericht vorlegte (der u.a. integral auf gouvernement.lu nachgelesen werden kann), detaillierte weiter die Lage in den bisherigen und eventuell künftigen Zielländern. So wurde die bilaterale Kooperation mit Myanmar und Nicaragua gestoppt, die Hilfe in Äthiopien liegt auf Eis, die politische Lage in Laos ist ebenfalls keine positive, Ruanda hingegen könne neues Zielland werden. Kap Verde bleibt weiter ein privilegierter Partner, Senegal auch und im Kosovo werden ebenfalls Projekte durchgeführt.

Die Zusammenarbeit laufe unter dem Motto „Leave no one behind“; die Entwicklung in den betroffenen Ländern soll grüner, resilienter und inklusiver werden; Nachhaltigkeit soll stärker als bislang als Ziel berücksichtigt werden. Abschließend unterstrich Fayot, Luxemburg „boxe in dem Bereich über seiner Gewichtklasse“ und wolle dies weiter tun. 

Nothilfe und Impfdosen

Neben der strukturellen Zusammenarbeit beteiligt sich Luxemburg am Covax-Mechanismus und spendete bislang 400.000 Impfdosen; weitere werden folgen. Kühlschränke einer Bissener Firma wurden mit dem Militär-Airbus A-400M nach Burkina Faso geflogen und die professioneller gestaltete Nothilfe wurde um elf Millionen auf 60 (2022) erhöht. 

Die CSV, so Paul Galles, unterstütze das Ziel, ein Prozent des BIP für Kooperation auszugeben, formulierte Lob für die aktuelle Politik und verwies auf die zunehmende Bedeutung der Klimakrise für die Kooperation. Er deklinierte das Thema Klima und Entwicklung in den verschiedenen Bereichen und verwies auf die historische Verantwortung des globalen Nordens, Verschulder des Klimawandels gegenüber dem globalen Süden, Hauptleidtragender dieses Wandels.

Er forderte praktische Maßnahmen zur energetischen Versorgung Afrikas abseits von karbonproduzierenden E-Werken, etwa kleine Solaranlagen zur Versorgung eines Haushaltes oder eines Dorfes.

Gusty Graas (DP) beleuchtete die Herausforderungen der Kooperation, die auch er in der Entwicklung des Klimas sieht. Auch ökologische Landwirtschaft müsse unterstützt werden: Als positives Beispiel nannte er u.a. die Luxemburger Post, die Mitarbeiter mit Pullovern aus biologischer Fairtrade-Baumwolle ausstattete. Er unterstützte die Forderung des „Cercle de la coopération“, der ein verstärktes Augenmerk auf die Einhaltung der Menschenrechte anregt.

Der Optimismus des Jahres 2015, als die Agenda 2030 hehre Ziele für die Zukunft der Menschheit formulierte und das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet wurde, sei mittlerweile verflogen, so Lydia Mutsch (LSAP), die darauf verwies, dass die Pandemie diesen Optimismus „op d’Kopp“ geworfen habe. Die Ungleichheit bleibe auch durch fehlende Impfstoffe in benachteiligten Ländern bestehen. Die drei „C“ – Conflicts, Climate Change, Covid – würden die Entwicklung in den ärmsten Staaten weiter bremsen bzw. diese zurückwerfen. Luxemburg habe die Hilfe schnell angepasst und folge nun innovativen, inklusiven und nachhaltigen Zielen.

Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft

Mutsch warf weiter die Frage auf, wie die Kooperation mit Ländern gestaltet werden solle, die „unsere Werte“, etwa Menschenrechte, Geschlechtergleichheit, Demokratie, nicht berücksichtigen. Die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft könne eine Antwort sein.

Stéphanie Empain („déi gréng“) lieferte beunruhigendes Zahlenmaterial: 135 Millionen Menschen leiden aktuell Hunger, weitere 130 Millionen sind von Hunger bedroht – allein in Kenia seien dies zurzeit 2 Millionen Menschen. Die Zahl der Flüchtlinge habe sich seit 2010 weltweit verdoppelt. Empain regte eine Stärkung der NGOs im Rahmen der Kooperation an. 

ADR-Politiker Fred Keup wiederholte die bekannten Aussagen seiner Partei, die an der Effizienz der Kooperation zweifelt und findet, Luxemburg solle nicht über die 0,7-Prozent-Schwelle des BIP hinaus Gelder investieren. Die Eigenverantwortung etwa Afrikas könne zudem durch die Hilfe sabotiert werden. 

Für Nathalie Oberweis („déi Lénk“), die selbst auf dem afrikanischen Kontinent lebte, liegen die Probleme des Kontinents nicht dort, sondern im reichen Norden, der immer noch die koloniale Brille trage. Dass Luxemburg mehr Geld in Rüstung investiert als in Kooperation, sieht die Linke als falsche Politik.

Pirat Marc Goergen wünschte sich, dass bei zusätzlichen Partnerländern der Kooperation die bisherigen nicht zu kurz kommen dürften. Luxemburg verfüge über demnächst ablaufende 13.000 Impfdosen von AstraZeneca, die nicht gebraucht würden: Diese sollten schnellstmöglich gespendet werden.

Zum Abschluss der Sitzung beantwortete Minister Fayot die während der Debatte aufgeworfenen Fragen der Redner.            

Fern
18. November 2021 - 15.49

Wat huet dat da mam Thema Entwécklungszesummenaarbecht ze dinn?

Sturen Aalen Bock
18. November 2021 - 10.14

„.Niemanden zurücklassen“. Man sollte nicht über den Tellerrand schauen. Ein Land das glaubt,bei drei bis viermal den Mindestlohn diese armen Elternpaare gratis Mahlzeit, Betreuung für ihre Kinder erhalten müssen, die Preise für ein älteres Paar in Alten-, Pflegeheimen nicht mit einer Rente zu bezahlen sind .Die Politik lebt im Glauben, die Generation der Rentner , wo die Frauen noch die Rolle der Erziehung , Betreuung ihrer Kinder übernommen haben , würde im Luxus schwelgen, irrt sich gewaltig.Viele Rentnerpaare dürften sich froh schätzen eine Rente von 4000€ gemeinsam für sich zuhaben, doch dank grüner Umweltsteuern , der steigenden Lebenshaltungskosten, einer Nichtanpassung der Renten ,müssen viele ältere Bürger im Gegensatz zu der restlichen Bevölkerung sich einschränken.