OGBL„Erhöhung der Miet- und Teuerungszulage war längst überfällig“

OGBL / „Erhöhung der Miet- und Teuerungszulage war längst überfällig“
„Die Erhöhung der Teuerungszulage ist längst überfällig. Sie hat seit Jahren an Wert und Wirksamkeit verloren, deshalb darf sie nach der Krise nicht wieder abgeschafft werden“, erklärt Frédéric Krier, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des OGBL Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Gewerkschaft OGBL fordert, dass die Wohnungshilfen, die die Regierung im Rahmen der Corona-Krise beschlossen hat, auch nach Ende der sanitären Krise beibehalten werden. Die Erhöhung der Mietzulage und die Verdoppelung der Teuerungszulage wären ohnehin längst fällig gewesen. Der Spezialfonds zum Bau von erschwinglichem öffentlichen Wohnraum muss laut OGBL um mindestens das Zehnfache erhöht werden. Finanziert werden soll diese Erhöhung durch eine progressive Anhebung der Grundsteuer und eine höhere Besteuerung spezialisierter Investmentfonds (FIS).

Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) hatte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz Maßnahmen vorgestellt, mit denen die Regierung in der Corona-Krise Mieter auf dem privaten Wohnungsmarkt besser schützen und unterstützen will. Die wichtigsten Maßnahmen sind laut Kox das vorübergehende Verbot von Wohnungsräumungen („déguerpissements“), die Erhöhung und Erweiterung der Mietzulage sowie das Einfrieren der Mietpreise. Während die ersten beiden Maßnahmen mit dem Ende des Ausnahmezustands am 24. Juni auslaufen, soll letztere bis Ende des Jahres in Kraft bleiben. Bereits eine Woche zuvor hatte Familien- und Integrationsministerin Corinne Cahen (DP) darüber informiert, dass die Teuerungszulage für das Jahr 2020 verdoppelt werde.

In einer Mitteilung hat die Gewerkschaft OGBL am Dienstag auf die Ankündigungen des Wohnungsbauministers und der Familienministerin reagiert. Der Wohnungsnotstand in Luxemburg werde durch die Corona-Krise weiter verschärft, betont der OGBL. Waren vor der Krise laut einer Statec-Studie bereits rund 40% der Haushalte sehr hohen Wohnkosten ausgesetzt, hätten die Lohn- und Einkommenseinbußen infolge der Kurzarbeit und der ansteigenden Arbeitslosigkeit die Situation noch verschlimmert. Die unteren Einkommensschichten seien dieser Entwicklung am stärksten ausgesetzt.

Neue gesetzliche Mietpreisbremse benötigt

Wenngleich die Gewerkschaft die Maßnahmen des Wohnungsbauministers grundsätzlich begrüßt, weist sie darauf hin, dass die Erhöhung der Mietzulage wegen des starken Anstiegs der Mietpreise ohnehin fällig gewesen wäre. Weil die in der Krise vorgenommene Anpassung der Entwicklung der Mietpreise nur zum Teil gerecht werde, fordert der OGBL eine zusätzliche Aufbesserung der Mietzulage. Gleiches gelte für die Teuerungszulage, die seit über zehn Jahren (seit 2009) nicht mehr erhöht wurde. Deshalb dürfe die Erhöhung dieser Zulage unter keinen Umständen nach dem 31. Dezember wieder zurückgenommen werden, sondern müsse auch für die kommenden Jahre beibehalten werden. „Die Erhöhung der Teuerungszulage ist längst überfällig. Sie hat seit Jahren an Wert und Wirksamkeit verloren, deshalb darf sie nach der Krise nicht wieder abgeschafft werden“, erklärt Frédéric Krier, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des OGBL, auf Nachfrage.

Auch das Einfrieren der Mietpreise muss laut OGBL über das Datum des 31. Dezember 2020 hinaus beibehalten werden. Das Coronavirus schaffe das, was seit Jahren des Notstands auf dem Wohnungsmarkt und der Preisexplosion der Mietpreise von durchschnittlich 5 bis 7% unterlassen wurde, schreibt die Gewerkschaft. Die Mietpreise dürften nun solange nicht mehr erhöht werden, bis endlich eine neue gesetzliche Mietpreisbremse eingeführt sei. Eine solche Mietpreisbremse wurde bereits mit dem Mietgesetz von 2006 eingeführt, doch sie wird nicht angewandt und gilt als überholt. Das Mietgesetz von 2006 sieht vor, dass die Jahresmiete 5% des investierten Kapitals einer Immobilie nicht überschreiten darf. Man müsse darüber diskutieren, ob diese 5-Prozent-Grenze nicht in vielen Fällen zu hoch angesetzt sei, sagt Frédéric Krier. Zudem werde die Einhaltung des Gesetzes nicht kontrolliert und es fehle an Transparenz. „Meist weiß der Mieter nicht einmal, wie hoch das investierte Kapital ist und welchen Prozentsatz er bezahlt“, erläutert Frédéric Krier. Neben der Transparenz müssten auch die mit dem Gesetz von 2006 geschaffenen Mietkommissionen mehr Mittel erhalten, um ihrer Rolle gerecht werden zu können.

Nur fünf von zwölf Mietkommissionen konstituiert

In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von „déi Lénk“ hatte der Wohnungsbauminister Mitte Februar bestätigt, dass seit den Gemeindwahlen 2017 lediglich fünf der zwölf interkommunalen Mietkommissionen für Gemeinden mit unter 6.000 Einwohnern besetzt sind (in den Kantonen Esch/AIzette, Grevenmacher, Luxemburg, Mersch und Redingen). Insgesamt haben diese fünf Mietkommissionen seit Oktober 2017 nur elf Fälle behandelt. Für die anderen sieben Mietkommissionen hätten nicht genügend Kandidaturen vorgelegen, damit sie überhaupt hätten gegründet werden können, antwortet Henri Kox.

Auf der Pressekonferenz vergangene Woche hatte der Wohnungsbauminister auch erneut den Spezialfonds angesprochen, der die Planung und den Bau von erschwinglichem öffentlichen Wohnraum erleichtern und transparenter gestalten soll. Am 21. März hatte das Parlament das entsprechende Gesetzesprojekt einstimmig angenommen.Obwohl der OGBL die Schaffung dieses Spezialfonds prinzipiell befürwortet, weist die Gewerkschaft darauf hin, dass der Bestand sozialer Wohnungen derzeit unter 5% liegt und sich seit Jahrzehnten im Verhältnis zum gesamten Wohnungsbestand ständig verringert hat. Der OGBL fordert deshalb schon seit Jahren, dass der Bestand an Sozialwohnungen der Höhe des Armutsrisikos in Luxemburg angepasst werden muss. Das Armutsrisiko liegt aktuell bei 18%, sodass noch viel Nachholbedarf besteht. Deshalb schlägt der OGBL der Regierung vor, den Spezialfonds um mindestens das Zehnfache zu erhöhen.

Spezialfonds um das Zehnfache erhöhen

Diese substantielle Erhöhung soll einerseits durch eine Reform der Grundsteuer und andererseits durch eine höhere Besteuerung der sogenannten „spezialisierten Investmentfonds“ (FIS) finanziert werden. Die Grundsteuer soll laut OGBL progressiv gestaffelt werden. Für das Eigenheim und eine Zweitwohnung soll Steuerfreiheit gelten, lediglich der Mehrfachbesitz müsse ab einem bestimmten Gesamtwert progressiv besteuert werden. „Wer zehn-, 20-, 50- oder 100-facher Immobilien- und Grundbesitzer ist, dem soll der Anreiz genommen werden, sich noch weiter auf Kosten des Rests der Bevölkerung mit Grund- und Immobilienbesitz zu segnen“, schreibt die Gewerkschaft. „Je mehr Grundstücke jemand besitzt, desto höher sollen die Steuern sein, die er bezahlt“, präzisiert Krier. Die Grundsteuer, die bislang von den Gemeinden festgelegt und erhoben wird, könne zentralisierter gestaltet werden, ohne dass die Gemeinden Einbußen befürchten müssten, so Krier.

Hinsichtlich der „spezialisierten Investmentfonds“ (FIS) verlangt der OGBL, dass alle steuerlichen Vorteile in Bezug auf Immobilien und Grundstücke ausnahmslos und unverzüglich abgeschafft werden. Das Finanzinstrument der FIS wird vor allem von reichen Privatpersonen und Unternehmen dazu benutzt, um die Zahlung von Steuern zu umgehen.