RechtsstaatlichkeitEP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima auf schwieriger Mission in Ungarn

Rechtsstaatlichkeit / EP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima auf schwieriger Mission in Ungarn
Die EU-Parlamentarierin Isabel Wiseler-Lima gehörte einer siebenköpfigen EP-Delegation an, die vergangene Woche auf offizieller Mission in Ungarn war Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Sieben EU-Parlamentarier des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) informierten sich vergangene Woche vor Ort über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Mit dabei war die luxemburgische EVP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima, die uns gestern ihre Eindrücke schilderte.

Isabel Wiseler-Lima wirkt zuweilen fassungslos, wenn sie von dem berichtet, was sie in der vergangenen Woche während drei Tagen in Budapest erlebt hat. Dabei war sie in einem europäischen Land, einem EU-Mitgliedstaat in offizieller Mission unterwegs. Allerdings nicht aufgrund einer Einladung, und das ließ man sie spüren. Von Mittwoch bis Freitag redeten die sieben Abgeordneten mit über 100 Leuten: Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, Politikern, Journalisten, Richtern, Vertretern von kulturellen Institutionen, Akademikern. Sie wollten sich einen Eindruck der Lage im Land machen, gegen welches das Europäische Parlament (EP) vor drei Jahren eine Prozedur nach Artikel 7 des Lissabonner Vertrages eingeleitet hat. Dieser wegen seiner politischen Sprengkraft auch schon mal als „Atombombe“ bezeichneter Artikel wird dann ausgelöst, wenn die „eindeutige Gefahr einer schweren Verletzung“ gegen die grundlegenden Werte der EU besteht. Daraufhin wird eine Prozedur in Gang gesetzt, an deren Ende dem betreffenden EU-Staat gewisse Rechte entzogen werden können, unter anderem das Stimmrecht der Regierung im Ministerrat.

Nur, im dafür zuständigen Rat der EU-Minister hat sich bislang noch kaum etwas getan. Zwar gab es drei Anhörungen dazu, Entscheidungen sind allerdings noch keine gefallen. „Das Problem ist, dass durch diese Untätigkeit die ganze EU in ein schlechtes Licht gebracht wird“, findet Isabel Wiseler-Lima. Denn immerhin gehe es um Verstöße gegen grundlegende Prinzipien wie die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Und die Liste der Vorwürfe ist lang, die die EP-Abgeordneten im September 2018 vorgelegt hatten.

Hinzu kommt: Seitdem die EP-Abgeordneten Artikel 7 ausgelöst haben, gebe es keine Besserung in Ungarn, stellt die EVP-Politikerin fest, „im Gegenteil“. Bei ihren Treffen sei deutlich geworden, dass die ungarische Regierung es Asylsuchenden weiter erschwert, um Schutz anzusuchen, und dass die Situation für Homosexuelle im Land sich verschlechtert hat, vor allem nach der Verabschiedung eines Gesetzes, das unter anderem „die Werbung“ für Homosexualität verbietet. Seitdem hätten Aggressionen gegen homosexuelle Menschen in Ungarn zugenommen, sei ihnen berichtet worden, erklärt Isabel Wiseler-Lima. Die Unabhängigkeit der Lehre sei in Gefahr, da staatliche Universitäten zwar privatisiert, über Stiftungen aber von Anhängern der regierenden Fidesz-Partei kontrolliert werden. Der grüne Budapester Bürgermeister Gergely Karacsony habe sich darüber beklagt, dass der Zentralstaat Steuergelder zurückhalte und vornehmlich Fidesz-Bürgermeister in ihren Projekten unterstütze. Während Vertreter regierungsnaher Medien nichts von Problemen hätten wissen wollen, hätten Journalisten anderer Medien davon erzählt, dass ihnen die Arbeit und der Zugang zu Informationen erschwert würden.

„Respektlosigkeit“ und herablassende Behandlung

Besonders unangenehm war der EVP-Politikerin die Atmosphäre, mit der die EP-Delgation konfrontiert wurde. Am obersten Gerichtshof sei ihnen deutlich gemacht worden, dass sie nur „geduldet“ seien. Viele Fragen seien nicht beantwortet worden. Die Justizministerin Judith Varga sei im Gespräch zwar nett gewesen, habe die Delegation aber als „LIBE-Touristen“ und „Immigrationspolitiker“ dargestellt. Es sei versucht worden, die Mitglieder der Delegation persönlich zu diskreditieren. „In den Medien wurden über mich Dinge gesagt, die komplett falsch sind“, sagt Isabel Wiseler-Lima. Sie seien als „Linksaktivisten“ oder „LGBTQI-Aktivisten“ bezeichnet worden und zuweilen herablassend und mit „Respektlosigkeit“ empfangen worden.

Ihre Feststellungen wollen die EP-Abgeordnete in einem Bericht festhalten und noch in diesem Jahr eine Resolution dazu im Parlament verabschieden lassen. Sie habe bei offiziellen Stellen „keine Spur von Willen, etwas zu ändern“ feststellen können, so Isabel Wiseler-Lima. Und selbst wenn die vereinte Opposition den Regierungschef Viktor Orban bei den Wahlen im kommenden Jahr stürzen könnte, habe auch sie es schwer, viel zu ändern. Nicht nur bedürften viele Gesetze einer Zwei-Drittel-Mehrheit, um sie zu ändern, erklärt die EVP-Politikerin. Orban habe mit Getreuen seiner Fidesz auch „einen Staat hinter dem Staat“ errichtet, was Anlass zu großer Sorge sei, so Isabel Wiseler-Lima.

chris
6. Oktober 2021 - 16.36

Se bauen den Preisen hier Autoen, an dat belleg, an duerfier hun se nit vill vun der EU ze färten, dach, en beisen Fanger!

Wieder Mann
5. Oktober 2021 - 13.19

„Für einen Rechtsstaat ist es gefährlich,wenn die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nur durch Kontrolle erzwungen werden.“ Wolgang Schäuble

Klod
5. Oktober 2021 - 11.48

7 EU parlementarier auf schwieriger mission in ungarn. Hoffen wir wenigstens dass die betten im 5 sterne hotel komfortabel sind und dass das essen und der tokajer auch keine wuensche uebrig lassen.