Vor 73 JahrenEinweihung des Mahnmals im luxemburgischen Bahnhof

Vor 73 Jahren / Einweihung des Mahnmals im luxemburgischen Bahnhof

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Es wird heute kaum wahrgenommen, wenn man durch die hauptstädtische Bahnhofshalle eilt. Doch damals war seine Einweihung ein großes Ereignis und seine Botschaft jedem unmittelbar verständlich: Es ist hier die Rede von der „Flamme éternelle“, dem vom Rümelinger Bildhauer Albert Hames erschaffenen Denkmal zu Ehren der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Eisenbahner.

Am Sonntag, 9. Mai 1948, als das Denkmal im Beisein von Erbgroßherzog Jean, ranghohen Regierungsvertretern und Botschaftern enthüllt wurde, war das Publikum so zahlreich, dass die Feier mit Lautsprechern nach draußen übertragen werden musste. Musikkapellen begleiteten die Zeremonie, die Emotionen unter den Anwesenden und die Erinnerungen an die jüngsten Schreckensjahre und das damit verbundene Leiden waren unmittelbar zu spüren. Der Krieg war erst drei Jahre zuvor, fast auf den Tag genau, zu Ende gegangen und an jenem Sonntag konnte noch niemand ahnen, dass zwei Jahre später, am 9. Mai 1950, mit der Erklärung Robert Schumans zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die Geburtsstunde der heutigen Europäischen Union festgelegt würde.

Das über fünf Meter hohe Mahnmal befand sich bei seiner Einweihung zwischen den Warteräumen der zweiten und dritten Klasse. Damals machten sich Klassenunterschiede bereits an den Fahrkarten bemerkbar. Heute liegt die Skulptur, viel prosaischer, zwischen Imbiss und Zeitungsladen. Die imposante Vorderseite des Denkmals stellt den liegenden Helden dar, der unter den Feindesschlägen zusammengebrochen ist. Unter ihm sieht man das Flügelrad, Symbol der Eisenbahner. Hinter der liegenden Figur erhebt sich der Widerständler. Unbezwingbar hält er die Freiheitsfackel in der rechten Hand und mit der linken schützt er sie vor dem Erlöschen: die „Flamme éternelle“. Die linke Seite des Mahnmals zeigt oben eine Frau mit ihren Kindern: Ihre Heimat brennt und sie wird deportiert. Der untere Teil zeigt das Leiden der Opfer, im Hintergrund Totenkreuze. Auf der rechten Seite hingegen zerreißt ein Gefangener seine Ketten, während unterhalb davon die Familie sich über den errungenen Frieden freut, die Frau hält ihr Kind im Arm, das eine Friedenstaube hochfliegen lässt. Das, was heute gestalterisch etwas pathetisch bzw. veraltet wirken mag, war damals rezente, von vielen Menschen erlebte Wirklichkeit.

Neues Kulturzentrum

Es ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, dass der Rümelinger Bildhauer Albert Hames (1910-1989) Sohn eines Eisenbahners war. Sein Entwurf wurde unter 18 eingereichten Vorschlägen von einer Jury ausgewählt. Hames, zeitlebens ein eher bescheidener Mensch, galt schon in den dreißiger Jahren als der erste Luxemburger, der eine spezifische Ausbildung zur Restaurierung von kirchlichen Gütern innehatte. Auch während des Zweiten Weltkrieges konnte er weiterarbeiten. Nach dem Krieg restaurierte er die teilweise beschädigten oder gänzlich zerstörten Altäre, Skulpturen und Kreuze und er erhielt öffentliche Aufträge zur Schaffung von Denkmälern.

Der 1989 verstorbenen Künstler hat seine Wohn- und Arbeitsstätte in Rümelingen hinterlassen, welche von der Gemeinde aufgekauft wurde und derzeit zum Kulturzentrum umgebaut wird. In diesem Haus befindet sich noch die Werkstatt des Künstlers, die nach über dreißig Jahren noch so aussieht, als ob der Bildhauer gerade den Meißel niedergelegt hätte.