Eine TV-Ikone gegen Putin?

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Die russische TV-Ikone Xenia Sobtschak will Putin bei der Präsidentenwahl herausfordern. Als „Kandidatin gegen alle“ protestiert sie gegen das System. Viele zweifeln aber an der Echtheit ihrer Ambitionen. Wer ist die Blondine mit dem schrillen Auftreten?

Als Kremlchef Wladimir Putin vor russischen Arbeitern seine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2018 ankündigt, ist seine selbsternannte Rivalin Xenia Sobtschak nur 16 Kilometer entfernt. Doch alle Aufmerksamkeit ist auf Putin gerichtet, als dieser beim Autobauer GAZ in Nischni Nowgorod die lang erwartete Ansage macht.

Sobtschak – 36, TV-Star und Mitbewerberin um das höchste Staatsamt – macht zur selben Zeit Wahlkampf in der Handelsstadt an der Wolga. „Dass Putin und ich heute beide hier sind, ist Zufall. Aber dass wir beide antreten, ist kein Zufall“, ruft sie rund 100 Anhängern zu. Russland brauche politischen Wettbewerb, sagt sie.

Auf ihrem Kurztrip in die Provinz sagt sie der Deutschen Presse-Agentur: „Meine wichtigste Forderung ist, dass eine Regierung ausgewechselt werden kann; dass jene, die dieses Mal wieder an der Wahl teilnehmen, sich nie wieder zur Wahl stellen werden. Ein friedlicher Machtwechsel ist mein Hauptziel.“

Wer ist die Frau?

Klingt nach einer aufstrebenden liberalen Oppositionsführerin? „Mag sein“, sagen manche; „alles Fake“, sagen andere. Einige Moskauer Experten sehen in Sobtschak ein Instrument des Kremls, um den Wahlkampf aufzupeppen und Putins erwartete Wiederwahl demokratisch stärker zu legitimieren. Wer ist diese blonde Frau, die seit mehr als zehn Jahren vor allem als schrilles It-Girl bekannt ist?

Im Zug nach Nischni Nowgorod wirkt die Stimmung im Team gespannt. Eng getaktet ist der Zeitplan. Ein Wahlkampfbüro soll eröffnet werden, mehrfach wurde der Termin verschoben wegen angeblicher Probleme, einen Ort zu finden. Beim Gespräch in ihrem Einzelabteil lehnt sich Sobtschak zurück und versucht, Zweifel zu zerstreuen, etwa, warum sie kaum Konflikte mit den Behörden hat, Sendezeit im Staatsfernsehen bekommt, der Oppositionelle Alexej Nawalny hingegen nicht.

„Ich weiß nicht, ob mein Name mir hilft, aber ich sehe, dass ich die Möglichkeit habe, und ich nutze das aus“, sagt sie. Ihr Vater Anatoli Sobtschak, in den 1990er Jahren Bürgermeister von St. Petersburg, hatte Putin als jungen Politiker gefördert. Vor allem daher rührt die Skepsis an Sobtschaks Wahlkampagne.

„Das Parlament braucht mehr Macht“

In den vergangenen Wochen hat Sobtschak viele Dinge gesagt, die in westlichen Ohren gut klingen, Putin aber kaum gefallen dürften: Das Parlament brauche mehr Macht und die Krim-Annexion sei ein Völkerrechtsbruch. Letzteres rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan, bereitete ihr bislang aber keine rechtlichen Probleme.

„Ich habe keinen Zweifel, dass der Kreml weniger streng mit mir umgeht als mit Nawalny“, sagt sie. „Das erkläre ich so: Ich bin eine Frau, ich komme aus dem Show-Geschäft, ich bin weniger gefährlich und ich habe nicht das große Geld im Rücken.“ Es ärgere sie, dass ihr eine Verbindung zum Kreml nachgesagt werde. „Für Seriosität muss man hart arbeiten, was ich jetzt tue.“

Mit Blick auf Nawalny sagt sie: „Einem Menschen, dem bereits Straftaten angehängt wurden, kann man leichter Probleme machen als einer Frau aus dem Showbiz. Bei mir gibt es nichts zu holen, womit man mich unter Druck setzen könnte.“

Nawalny darf wegen einer Bewährungsstrafe nicht kandidieren. Mehrfach hat er Zehntausende Demonstranten mobilisiert, Hunderte wurden festgenommen. Sobtschak will seine Rolle nicht übernehmen. „Ich halte Nawalny für den bedeutendsten Anführer der Opposition“, sagt sie.

Karriere als Moderatorin

Nach dem Studium an einer Moskauer Kaderschmiede begann Sobtschaks steile TV-Karriere 2004 mit der Reality-Sendung „Dom-2“ (Haus 2). Als Moderatorin begleitete sie bis 2012 Russen, die vor der Kamera ein Haus bauten und die große Liebe suchten. Für Sobtschak waren diese und viele andere Sendungen nach eigener Darstellung vor allem eine Gelegenheit, Geld zu verdienen. Geprägt habe sie aber die Kindheit in einer Politikerfamilie. Eine Familie, in der auch Putin Gast war.

Heute macht sie Geld unter anderem mit Werbung für Kosmetik. Das Magazin Forbes schätzt ihr Einkommen auf 2,1 Millionen US-Dollar im Jahr. 2011 schloss sie sich Protesten gegen die Regierung an, dann arbeitete sie als Journalistin für den kritischen Sender Doschd.

Umfragen sehen Sobtschak bei der Wahl bei einem Prozent der Stimmen, Putin bei gut 60 Prozent. Auch ihr ist das klar. „Ich weiß, dass gewinnen so gut wie unmöglich ist, aber das heißt nicht, dass wir nicht aufstehen und unsere Meinung sagen können.“

Letztlich räumt Sobtschak sogar ein, dass Putin ihr Engagement gelegen kommen könnte. „Es ist klar, dass sie vermutlich auch mich ausnutzen wollen, weil sie denken, ich sei ungefährlich“, sagt sie.

Egal, ob ihre Kandidatur von Putin gewollt oder nur geduldet ist: Der Politologe Andrej Kolesnikow vom Moskauer Carnegie-Zentrum hält Sobtschak für eine „Kreml-Idee im weitesten Sinne. Nicht der Administration, aber etwa von Putin-treuen Oligarchen.“ Doch auch sie könne sich nicht alles erlauben. „Wenn sie (mit provokanten Aussagen) insistiert, läuft sie Gefahr, nicht registriert zu werden“, sagt er.

pierre dirkes
9. Dezember 2017 - 14.03

Muss seit langem feststellen dass Tageblatt Kommentatoren gleich die richtige Antwort haben aber kaum die Lage Vorort kennen, nur mal drauf hauen wie früher unter Useldinger und dann sehen ob Stalin und Chrichtshev auch die Brötchen schicken. Was kennt denn schon jemand über Russland welcher das Land nicht besucht hat. Alles Selbstdarsteller!

Muller Guy
9. Dezember 2017 - 11.48

Vill Gleck Madame. Hoffenlech gitt dir virdrun net duerch eng vun der Putin-Mafia montéierter Geschicht agespart oder méi schlemm nach vum Putin sengen Vasalen embruecht.

Aline
8. Dezember 2017 - 23.58

“Für Seriosität muss man hart arbeiten, was ich jetzt tue.” Dann viel Spaß Frau Sobtschak, bis die alten Säcke von der dpa auf dümmliche Kosenamen wie "die zierliche Blondine" (das Wort "Blondine" war so charakteristisch, dass er gleich zweimal fallen musste offenbar) verzichten kann oder das Tageblatt solch peinliche Textpassagen entweder raus-editiert oder ins 21. Jahrhundert übersetzt.

armand
8. Dezember 2017 - 18.48

sarah palin?

Den Pingelechen
8. Dezember 2017 - 18.23

Hoffentlech net !!

J.C. KEMP
8. Dezember 2017 - 16.36

Hoffentlich überlebt die Dame den Wahlkrieg!

Lucy Linburhuc
8. Dezember 2017 - 16.30

Auge um Auge, Zahn um Zahn: Xenia an dem Lügendetektor anschließen und nach alter KGB Manier herausfinden ob sie in Auftrag von Vladimir handelt. Mit Fake, near Fake und sonnstige Lügen, Verschwörungen und -Verschwörungstheorien, kommen wir irgendwann mal dorthin.

Michel Konrad
8. Dezember 2017 - 15.54

Blondine? Ok dann bin ich farbenblind :)