„Interesse in Luxemburg steigt“Wie verlaufen Vasektomien? – Ein Urologe und ein Patient geben Erklärungen

„Interesse in Luxemburg steigt“ / Wie verlaufen Vasektomien? – Ein Urologe und ein Patient geben Erklärungen

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Das Verfahren ist in Luxemburg wenig bekannt, wird aber von immer mehr Menschen in Betracht gezogen und ab dem 1. April von der Krankenkasse zurückerstattet: Bei einer Vasektomie werden die Samenleiter im Hodensack durchtrennt. Sie gilt als eine der sichersten Verhütungsmethoden. Was bedeutet dies für den Patienten? Gibt es Nebenwirkungen? Das Tageblatt hat bei Dr. Victor-Emmanuel Jouret nachgefragt.

Tageblatt: Herr Jouret, was genau geschieht bei einer Vasektomie?

Dr. Victor-Emmanuel Jouret: Das Erste, was erwähnt werden muss, ist, dass es sich hierbei um einen endgültigen Eingriff handelt. Bei einer Vasektomie werden die Samenleiter durchtrennt und die Person wird unfruchtbar gemacht. Dies ist ein definitiver Schritt, der nur sehr schwer rückgängig gemacht werden kann. Theoretisch ist es möglich, die Samenleiter wieder zusammenzuführen – die Prozedur nennt sich Vasovasostomie –, doch es handelt sich um eine schwerwiegende Operation, die in vielen Fällen nicht gelingt. Deswegen ist es wichtig, dass sich die Patienten zu hundert Prozent sicher sind, dass sie sich einer Vasektomie unterziehen wollen.

Wichtig ist auch, zu erwähnen, dass eine Vasektomie nicht vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten schützt. Das tut nur ein Kondom. Die Vasektomie verhindert lediglich Schwangerschaften.

Konkret setzt sich der Eingriff aus vier Schritten zusammen: Zuerst müssen die Samenleiter freigelegt werden. Dies erfolgt durch eine kleine, rund 1 cm weite Öffnung der Haut des Hodensacks. Die beiden Samenleiter werden dann ein Stück herausgezogen und durchtrennt. Anschließend werden die losen Enden abgebunden, per Hitze verödet und in unterschiedlichen Gewebsschichten des Hodensacks ligiert, damit sie nicht wieder zusammenwachsen.

Der Patient hat die Wahl zwischen einer Vollnarkose und einer örtlichen Betäubung. Bei einer Vollnarkose spürt er absolut nichts, bei einer Lokalanästhesie spürt der Patient möglicherweise ein leichtes Ziehen im Bereich der Samenleiter. Der Eingriff selbst nimmt 15 bis 20 Minuten in Anspruch. Man kommt morgens in die Behandlung und geht abends wieder heim.

Kann es zu Komplikationen kommen?

Insgesamt handelt es sich bei der Vasektomie um einen effizienten, risiko- und komplikationsarmen Eingriff. Das Risiko, dass die abgetrennten Enden der Samenleiter wieder zusammenwachsen, liegt bei quasi null. Nach dem Eingriff kann es zu Blutergüssen oder Nachblutungen kommen. Das ist aber üblich und absolut ungefährlich. In seltenen Fällen ist das Auftreten einer Infektion möglich, die aber schnell behandelt werden kann. Spürt der Patient nach einigen Monaten etwas Druck im Bereich des Hodensacks, verschwindet dies durch die Einnahme von entzündungshemmenden oder schmerzlindernden Medikamenten. Insgesamt ist die Vasektomie weniger invasiv als eine Tubenligatur.

Nach dem Eingriff sind die Samenleiter also durchtrennt. Wie geht es dann weiter?

Die Unfruchtbarkeit tritt nicht sofort ein. Vasektomien sind effizient und endgültig, aber nach dem Eingriff können sich noch Spermien in der Samenflüssigkeit befinden. Rund 20 Samenergüsse sind notwendig, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Deswegen werden Spermiogramme durchgeführt, bei denen die Samenflüssigkeit auf die Präsenz von befruchtungsfähigen Spermien hin untersucht wird. Beträgt das Ergebnis nicht null, sollte man noch abwarten und ein weiteres Spermiogramm beantragen. Erst wenn zweimal in Folge keine Spermien nachgewiesen werden, kann der Patient auf zusätzliche Verhütungsmittel verzichten.

Eine Vasektomie hat keinerlei Einflüsse in puncto Samenerguss oder Testosteron-Level. Jegliche Gerüchte dieser Hinsicht sind falsch. Die Folgen des Eingriffs sind auch nicht physisch erkennbar.

Man hört öfters von vor allem jüngeren Patienten ohne Kinder, dass sie Schwierigkeiten haben, einen Arzt zu finden, der eine Vasektomie bei ihnen durchführt. Spielt das bei Ihnen eine Rolle?

Für mich ist dies eine Frage der persönlichen Entscheidung des Patienten. Ich habe keine persönlichen Überzeugungen zu diesem Thema. Was ich immer sage, ist: Eine Vasektomie ist eine gute Wahl, wenn man eine definitive Sterilisation erwünscht. Man muss sich nur bewusst sein, dass es ein endgültiger Eingriff ist. Der Patient muss in jedem Fall eine Einverständniserklärung unterzeichnen. Solange er dazu fähig ist, diese Entscheidung zu treffen, sehe ich es als seine persönliche Wahl an.

Hatten Sie bereits mit jüngeren Patienten ohne Kinder zu tun, die sich für eine Vasektomie entschieden haben?

Ja, durchaus. Es gibt junge Menschen, die sich im Vorfeld ausführlich Gedanken zu diesem Thema gemacht haben, und Paare, bei denen zum Beispiel die Frau keine hormonellen Verhütungsmittel mehr nutzen wollte.

Es gibt Zahlen aus Frankreich, die belegen, dass immer mehr Menschen sich einer Vasektomie unterziehen. Auch in Kanada handelt es sich um eine beliebte Verhütungsmethode. Wie sieht es in Luxemburg aus? Haben Sie ein gestiegenes Interesse an dieser Prozedur bemerkt?

Ja, die Nachfrage steigt. Immer mehr Menschen ziehen die Vasektomie als Verhütungsmethode in Betracht. Es handelt sich nach wie vor um ein delikates Thema, aber ich habe den Eindruck, dass es mittlerweile weniger tabu ist. Auch in Luxemburg.

Anmerkung: Das Interview wurde zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als noch nicht bekannt war, dass die meisten Verhütungsmittel in Luxemburg künftig zurückerstattet werden. Laut Dr. Jouret kostete eine Vasektomie bislang zwischen 1.000 und 1.500 Euro. „Es kommen nämlich Kosten auf allen Ebenen auf. Jeder muss bezahlt werden, vom Chirurgen bis hin zum Anästhesisten“, so der Experte.


„Enorme Befreiung“: Ein Patient erzählt

Thomas (Name von der Redaktion geändert, Anm. d. Red.) hat sich im November sterilisieren lassen. Er ist Anfang 50 und seit mehr als 20 Jahren verheiratet. „Meine Frau und ich konnten uns noch nie ein Leben mit Kind vorstellen“, sagt er im Gespräch mit dem Tageblatt. „Das hat nichts mit Klimaschutz oder Ähnlichem zu tun, auch wenn das aktuell viel thematisiert wird. Das ist einfach eine innere Entscheidung, die wir getroffen haben. Bereut haben wir sie nie.“

Seine Ehefrau nahm jahrelang die Pille. „Doch wir hörten immer wieder von Nebenwirkungen, unter anderem von einem erhöhten Thrombose-Risiko“, sagt Thomas. Andere Verhütungsmittel kamen nicht infrage – „zu unsicher oder zu kompliziert“. Im Juni 2022 befasste er sich zum ersten Mal mit dem Thema Vasektomie. Der Weg zum Ziel war jedoch steinig. „Als ich die Option zum ersten Mal mit einem Urologen besprach, wurde bei mir ein Leistenbruch diagnostiziert. Dieser musste zuerst behandelt werden, bevor überhaupt an einen anderen Eingriff zu denken war“, erzählt Thomas, der sich letztendlich nicht bei diesem Arzt sterilisieren ließ, da das Sympathiebild nicht so richtig passte.

Drei Monate später ging die Arztsuche weiter. „Der nächste Urologe lehnte es schlichtweg ab, da er den Eingriff vor kurzem durchgeführt hatte und dieser missglückt war“, berichtet Thomas. „Anschließend fuhr ich rund 150 Kilometer zu einer Praxis. Das war im November. Dort traf ich auf ein sehr professionelles Ärzteteam. Die Preise waren etwas höher, doch mir war wichtig, dass die Ärzte eine gute Arbeit leisteten.“

Thomas erhielt eine örtliche Betäubung. Die Haut wurde mit dem Skalpell geöffnet. „Während der Operation bat ich um eine zweite Betäubung, da es sich doch vom Zug her etwas heftiger anfühlte. Danach war aber alles gut und ich konnte mich sogar locker mit dem Arzt während des Eingriffs unterhalten“, erzählt er und betont, dass ein solches chirurgisches Verfahren auch Folgen hat. „Ich spürte danach leichte Schmerzen, doch sie waren absolut erträglich. In den nächsten zehn Tagen gab es ein gewisses Druckgefühl, doch das legte sich auch wieder.“

Nach dem Eingriff konnte er sein Leben wie gewohnt weiterführen. Er fährt gelegentlich Fahrrad, hat dies aber in den Folgetagen vermieden.

Die Vasektomie bezeichnet er als „enorm befreiend“. „Für mich war dieses Kapitel erledigt“, sagt Thomas heute. „Hätten meine Frau und ich früher gewusst, dass dies eine Option ist, wäre ich diesen Schritt früher gegangen.“ Wichtig ist aber die Nachpflege, wie Thomas hinzufügt: „Mit der Operation allein ist es nicht getan. Es folgen noch Samenproben. Bevor man sicher ist, dass man steril ist, muss man weiterhin verhüten.“


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Robert Hottua
31. März 2023 - 10.45

Auch bei diesem Thema ist es wichtig/sinnvoll die Geschichte zu kennen. Ab 1933 wurde im päpstlichen "Luxemburger Wort" einer brutalen, auf Sterilisationen und Vasektomien beruhenden selektiven erbbiologischen Bevölkerungspolitik Vorschub geleistet. Diese Vorschubleistung ist tabuisiert im Volksgedächtnis präsent. Von 1933 bis 1945 wurden im neuen Reich ungefähr 400.000 ReichsbürgerInnen zwangssterilisiert oder zwangsvasektomiert. Es gab dabei hunderttausendfache traumatisierende Todesangst und mehrere tausend Todesopfer. Es handelte sich bei den Opfern nicht um jüdische Menschen. MfG Robert Hottua

jegi
31. März 2023 - 9.17

virun 35 Joer heemlech an enger Urologepraxis maache geloos. Nie bereit, nie Niewnwierkungen gehat. Apparat fonktionéiert haut nach ?