Damen-BasketballEin Traum wurde wahr: Estelle Muller spielt in der zweiten Bundesliga für TS Jahn München

Damen-Basketball / Ein Traum wurde wahr: Estelle Muller spielt in der zweiten Bundesliga für TS Jahn München
Estelle Muller konnte im Sommer mit den FLBB-Damen den Titel bei der Kleinstaaten-EM feiern Foto: FIBA

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Estelle Muller hat die Herausforderung angenommen und kombiniert ihr Studium der Sportwissenschaften in München mit Basketball in der 2. Damen-Bundesliga. Die ehemalige Düdelingerin ist mit ihrer Entscheidung vollkommen zufrieden und freut sich auf ihre erste Rückkehr nach Luxemburg, wenn die FLBB-Damen am Donnerstag in der EM-Qualifikaiton auf die Schweiz treffen.

Es ist ein Problem, das besonders den Damenbasketball in Luxemburg immer wieder trifft: Viele junge Talente gehen dem Sport mit dem orangefarbenen Ball nach ihrem Schulabschluss verloren, weil sie sich für ein Studium im Ausland entscheiden und der Weg hin und zurück zu ihrem Klub nach Luxemburg einfach zu weit ist. Auch die 21-jährige Estelle Muller stand im Sommer vor dieser Herausforderung: „Mein Ziel, oder besser gesagt mein Traum war es schon immer, in München studieren zu dürfen“, betont die junge Basketballerin. Nachdem sie sich im letzten Jahr, auch Corona-bedingt, erst einmal für ein Medizinstudium in Luxemburg entschieden hatte, bewarb sie sich für das Wintersemester 2021/22 für ein Studium der Sportwissenschaften im Süden Deutschlands. „Es hat mir gefallen, doch gerade dieses Studium bedeutete auch ziemlich viel Stress und wäre mit Basketball kaum noch zu kombinieren gewesen.“ Als die Zusage im Hause Muller schließlich eintraf, begann für die junge Spielerin gleichzeitig auch ein Dilemma: „Ich wollte auf keinen Fall mit dem Basketball aufhören und am liebsten weiterhin auf einem ähnlichen Niveau wie in Luxemburg spielen.“

Mir war es schon wichtig, in einer Mannschaft spielen zu können, in der ich auch die nötige Verantwortung übernehmen darf

Estelle Muller

Und so war es Mariusz Dziurdzia, der eine Lösung für dieses Problem parat hatte. Der Nationaltrainer stellte den Kontakt zur TS Jahn München her, einem Team, das in der zweiten deutschen Bundesliga spielt. Eine Win-win-Situation für beide Seiten, wie sich schnell herausstellen sollte: „Ich bin zu einem Testtraining, um mir alles einmal anzuschauen, und der Klub, das Konzept der Trainerin, alles hat mir direkt gefallen.“ Seit September weilt Muller somit schon in München und hat auch aufgrund ihrer Teamkolleginnen – fast alles ebenfalls Studentinnen – schnell Anschluss gefunden: „Ich konnte schon eine Zeit vor dem Semesterbeginn Mitte Oktober die Stadt erkunden, habe bereits viele Leute kennengelernt, das hat mir den Start hier in München auf jeden Fall sehr vereinfacht“, schwärmt die ehemalige Düdelingerin von ihrem neuen Klub. Denn mit ihren Teamkolleginnen standen in den vergangenen Wochen neben Trainingseinheiten und Matches auch immer wieder Ausflüge auf dem Programm, etwa zum Tiergarten oder in den Olympiapark: „Das hat das Team wirklich zusammengebracht“, betont Muller, die sich in ihrer neuen Heimat sichtlich wohlfühlt. Und so erfahren ihre Teamkolleginnen auch schon Kurioses: „Lustig war zum Beispiel, als ich erklärt habe, dass das weiteste Auswärtsspiel in Luxemburg für uns etwa Ettelbrück war, was so 50 Kilometer weit weg ist. Hier fährst du schon einmal fünf Stunden zu einem Auswärtsspiel, da mussten alle lachen.“

Eine komplett neue Rolle

Beim TS Jahn München hat sich Estelle Muller schnell zu einer wichtigen Leistungsträgerin entwickelt. „Mir war es schon wichtig, in einer Mannschaft spielen zu können, in der ich auch die nötige Verantwortung übernehmen darf“, erklärt die 21-Jährige, die beim amtierenden luxemburgischen Meister im letzten Jahr im Schnitt um die 20 Minuten auf dem Parkett stand. Dabei musste sich die Nationalspielerin auch an eine komplett neue Rolle gewöhnen: „Ich werde hier bereits auf allen fünf Positionen eingesetzt, darauf musste ich mich auch erst einmal einstellen.“

Die junge Basketballerin freut sich, dass ihr Spiel gerade hierdurch auch variabler wird, vor allem, da die Münchnerinnen ohne Profi-Spielerinnen antreten. Und so avancierte Muller beim Team, das eine Bilanz von fünf Siegen und drei Niederlagen aufweist, in den vergangenen Wochen auch regelmäßig zur wichtigen Scorerin ihrer Mannschaft. Zurzeit belegt TS Jahn in der Tabelle den siebten Rang, mit dem bisherigen Saisonverlauf ist man dennoch ganz zufrieden: „Wir haben schon das Potenzial, gut oben mitspielen zu können, das Team ist ziemlich neu, deshalb mussten wir in den ersten Spielen auch erst einmal auf dem Parkett zusammenfinden.“ In puncto Niveau sieht Muller keinen allzu großen Unterschied zur Luxembourg Basketball League: „Ein Team wie zum Beispiel Tabellenführer Rhein/Main würde in Luxemburg bestimmt um den Titel mitspielen, wenn man es nicht sogar stärker einschätzen müsste.“ 

Bei der TS Jahn München wird Estelle Muller auf allen fünf Positionen eingesetzt
Bei der TS Jahn München wird Estelle Muller auf allen fünf Positionen eingesetzt Foto: privat

Die gute Stimmung in München ist für die 21-Jährige umso wichtiger, da sie in Luxemburg eine Gruppe guter Freundinnen zurücklässt, mit denen sie auf und neben dem Basketballparkett bereits durch dick und dünn gegangen ist. Denn mit Spielerinnen wie Catherine Mreches oder Mandy Geniets wuchs sie beim T71 auf und konnte nach mehreren Vizemeistertiteln schließlich im Frühling 2021 erstmals die Meisterschaft feiern. Langsam verschlägt es den ehemaligen T71-Nachwuchs in alle Ecken dieser Welt. So studiert Svenia Nürenberg inzwischen in den USA, wo sie an der Campbell University Basketball und Studien kombiniert. Mandy Geniets ist nach Stationen in Frankreich und Deutschland, wo sie derzeit in Saarbrücken studiert, basketballerisch inzwischen zurück in der „Forge du Sud“. Und Catherine Mreches nimmt Woche für Woche den Weg von der Universität in Köln zurück zum T71 auf sich. „Uns war bewusst, dass jede von uns irgendwann ihren eigenen Weg gehen wird. Der T71 war immer wie eine zweite Familie und es ist schwer, die anderen mal zwei Monate nicht zu sehen“, betont Muller, fügt aber gleichzeitig hinzu, dass der Gruppe die neue Situation auch guttut: „Neue Impulse sind wichtig und so lernt man auch, die gemeinsame Zeit mehr zu schätzen.“ Kurioserweise studieren Muller, Geniets und Mreches nun alle das Gleiche und so kann man sich auch im akademischen Bereich inzwischen mit Tipps weiterhelfen. Und den luxemburgischen Basketball verfolgt sie nach wie vor mit ganz großem Interesse.

Einen weiteren Schritt wagen

In Zukunft möchte Estelle Muller am liebsten versuchen, sich auch in Sachen Basketball weiterzuentwickeln und eventuell einen Schritt weiter zu gehen: „Zuerst muss ich sehen, wie ich das mit den Examen geregelt kriege, Studium und Basketball kombinieren kann. Doch ich habe schon die Ambitionen, irgendwann einmal noch ein Niveau höher zu spielen.“ Was daraus wird, wird nach Meinung der 21-Jährigen die Zeit zeigen. Gute Nachrichten dürften dies jedoch auf jeden Fall für Nationaltrainer Dziurdzia sein, der neben den beiden Profis Magaly Meynadier und Lisa Jablonowski nun auf eine weitere Spielerin zurückgreifen kann, die Spielpraxis im Ausland sammeln kann. Denn am Donnerstag bestreiten die FLBB-Damen, die im Sommer den Titel bei der Kleinstaaten-EM holten, ihr erstes EM-Qualifikationsspiel seit fünf Jahren. Estelle Muller, die erst am Montag zum Team hinzustieß, kann den Tag jedenfalls kaum noch erwarten: „Ich freue mich besonders darauf, alle wiederzusehen, auf diesem Level spielen zu dürfen haben wir uns hart erarbeitet.“ Dankbar ist sie auch, dass sie von ihrem Klub, der in dieser Zeit nicht spielfrei hat, freigestellt wurde. In München dürfte man nämlich stolz sein, dass man eine Nationalspielerin in den eigenen Reihen hat: „Die Trainerin meinte, dass das Nationalteam absolut Priorität hat, dafür bin ich wirklich dankbar.“ Und vielleicht kann man Estelle Muller – nach den Spielen gegen die Schweiz und Italien – vielleicht sogar mit einem Sieg zurück in München begrüßen.

Für Estelle Muller (Nr. 10), die mit Düdelingen viele Höhepunkte, aber auch einige Enttäuschungen erlebt hat, war die T71-Truppe immer wie eine zweite Familie
Für Estelle Muller (Nr. 10), die mit Düdelingen viele Höhepunkte, aber auch einige Enttäuschungen erlebt hat, war die T71-Truppe immer wie eine zweite Familie Archivbild: Gerry Schmit