„Fun um Glacis“ / Ein Stück Normalität: Schausteller und Gastronomen dürfen endlich wieder ihrer Arbeit nachgehen
Nachdem viele Schausteller und Gastronomen im vergangenen Jahr gezwungenermaßen eine Pause einlegen mussten, gastieren sie in diesem Sommer wieder mit ihren Fahrgeschäften und Buden auf dem Glacis in Luxemburg-Stadt. Denn auch wenn die traditionelle Schobermesse erneut abgesagt werden musste, wird mit „Fun um Glacis“ eine ebenbürtige Alternative geboten – sehr zur Freude der Besucher, aber auch der Schausteller.
Der Duft von gebrannten Mandeln hängt in der Luft, aufgeregte Schreie ertönen aus Richtung einer Achterbahn und lachende Jugendliche laufen in Gruppen über das weite Areal des hauptstädtischen Glacis. Fast könnte man meinen, die „Schueberfouer“ sei in der Stadt – aber eben nur fast. Denn zwischen den aufgebauten Fahrgeschäften gibt es größere Abstände, ein Riesenrad ist nicht zu sehen und stattdessen gehören Desinfektionsspender sowie Masken in diesem Jahr zum bunten Kirmestreiben dazu. Zum zweiten Mal in Folge musste die Stadt Luxemburg die traditionelle Schobermesse absagen, sorgt allerdings mit „Fun um Glacis“ für eine coronakonforme Alternative.
„Nichts machen war für uns keine Lösung. Es wird ja immer gesagt, wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Karussell fahren, zusammen etwas trinken– das gehört doch alles zum Leben dazu. Auch wenn keine ‚Fouer‘ stattfinden kann, war klar, dass wir ein Alternativprogramm schaffen“, so Laurent Schwaller von der „Ville de Luxembourg“ (VdL). Seit 2019 ist er verantwortlich für den „Service espace public, fêtes et marchés“, kümmert sich dort unter anderem um die Organisation der Schobermesse und hat schon in der Kindheit fast jeden Tag auf der Kirmes verbracht. Mit einem Augenzwinkern wird er auch als Meister der „Fouer“ bezeichnet.
Kirmes ohne Riesenrad
„Fun um Glacis“ soll der traditionellen Schobermesse ähnlich sein, allerdings mit der klaren Vorgabe, dass es eben doch nicht die richtige „Fouer“ ist. „Deshalb haben wir uns auch bewusst dazu entschieden, das Riesenrad in diesem Jahr nicht nach Luxemburg zu holen. Das ist das Symbol der Schobermesse und wir wollten keine falschen Erwartungen bei den Besuchern wecken. Mit dem ‚Fun‘ wollen wir den Gästen und Einwohnern der Stadt etwas bieten, aber auch den Schaustellern die Möglichkeit geben, Geld zu verdienen“, erklärt Laurent Schwaller.
Denn als gegen Ende Mai beziehungsweise Anfang Juni klar wurde, dass auch die 681. „Schueberfouer“ nicht stattfinden wird, war die Enttäuschung bei den Schaustellern und Gastronomen groß. „Die Schobermesse ist unser ‚Karschnatz‘, wenn wir die nicht haben, wird es für uns schwer“, erklärt Charles Hary, Präsident der Luxemburger „Fédération nationale des commerçants forains“ (FNCF) und selbst Besitzer von je zwei Autoscooter-Fahrgeschäften und Süßwarenständen. Umso größer war laut Charles Hary dann die Erleichterung, als die Verantwortlichen der Stadt Luxemburg über ein geplantes Alternativprogramm informierten.
Daran erinnert sich der Besitzer des Fahrgeschäftes „Break Dance“, Alexandre Marc, noch sehr gut. Der französische Schausteller aus Mulhouse kommt seit 1988 jeden Sommer mit seiner Attraktion ins Großherzogtum und schätzt vor allem, dass dort Kirmesbudenbesitzer aus der ganzen Welt zusammenkommen. „Wir alle haben uns sehr über ‚Fun um Glacis‘ gefreut. Gleichzeitig haben wir uns Sorgen gemacht, schließlich wussten wir, dass die Anzahl der Plätze begrenzt ist. Die Schobermesse ist einer der größten Momente des Jahres – auch aus finanzieller Sicht. Da muss man einfach dabei sein“, erklärt der Besitzer des „Break Dance“, der den vor Freude schreienden Menschen auf seinem Fahrgeschäft immer wieder mit der Frage „Vous voulez encore?“ einheizt.
Von Schaustellern geschätzt
Tatsächlich ist der Luxemburger Jahrmarkt laut Laurent Schwaller von der VdL bei Schaustellern sowie Gastronomen aus dem In- und Ausland sehr beliebt: „Von der Länge her haben wir ein sehr rentables System. In Deutschland dauert eine Kirmes oft nur eine Woche, mit der Fahrt und dem Aufbau bedeutet das sehr viel Aufwand. In Frankreich und Belgien beträgt die Dauer oft einen Monat, da ist an einigen Tagen sehr wenig los. Und unsere Schobermesse funktioniert unter sehr attraktiven Bedingungen: Es sind Ferien und viele lassen sich den Besuch gerne etwas kosten.“
Für diesen Sommer konnten sich Schausteller und Gastronomen entweder für „Fun um Glacis“ oder für „Kiermes am Duerf“ bewerben. Letztere ist eine Aktion der Gemeinde Luxemburg, während der noch bis zum 12. September Attraktionen in der Innenstadt sowie in den Stadtvierteln geboten werden. Rund 171 „Foraine“ bewarben sich für beide Veranstaltungen, bei 85 Plätzen, die zu besetzen waren – 41 davon auf dem Glacis und 44 in der Innenstadt beziehungsweise in den Stadtvierteln. Zum Vergleich: Bei der letzten Schobermesse 2019 standen 231 Buden, Fahrgeschäfte und Restaurants auf dem Glacis, bei rund 800 eingegangenen Bewerbungen.
Um allerdings das Einhalten der Abstandregeln garantieren und mehr Platz schaffen zu können, wurden in diesem Jahr weniger Stellplätze vergeben. Das gesamte Glacis-Areal wurde in zwei Bereiche aufgeteilt: In Zone A befinden sich die Fahrgeschäfte und Spielstände. Besucher können den abgezäunten Bereich ohne Covid-Check erreichen, müssen auf dem gesamten Gelände allerdings einen Mund- und Nasenschutz tragen. Dieser kann in Zone B, dem Gastronomie-Bereich, abgelegt werden. Der Einlass zu dieser Zone funktioniert deshalb allerdings nach dem Covid-Check-System (siehe Informationskasten). Auf einer der zahlreichen Bänke und überdachten Sitzmöglichkeiten können sich die Besucher dann den gebackenen Fisch oder die Kartoffelpuffer schmecken lassen, die sie sich an einem Essensstand geholt haben.
Gastronomiebetriebe mussten umstellen
Bedienung am Tisch gibt es bei „Fun um Glacis“ nicht. Wegen der geltenden Auflagen mussten die Gastronomen in diesem Jahr auf den Aufbau von großen Restaurant-Zelten verzichten. Einige Betriebe, die nur dieses Material besitzen, konnten deshalb gar nicht teilnehmen. Andere konnten lediglich in reduzierter Form aufbauen, so auch die Besitzerin vom „Restaurant Kugener“, Manon Schmit: „Normalerweise haben wir 750 Sitzplätze und bedienen die Gäste am Tisch. Rund 120 Leute sind dann im Einsatz. Hier haben wir 200 Plätze und kommen mit 20 Mitarbeitern aus. Es ist alles anders in diesem Jahr. Aber endlich sieht man wieder Menschen ohne Maske und das ist ein Stück Normalität in dieser verrückten Welt.“ Fündig werden die Besucher bei der breiten Auswahl an zahlreichen Imbissbuden, Getränkeständen und Süßwarengeschäften allemal.
Seit 1998 ist Manon Schmit bei dem Luxemburger Volksfest dabei und bewirtet mit Leib und Seele gerne Gäste. Sie schätzt den Kontakt und beschreibt es als „Privileg, dort arbeiten zu dürfen, wo sich andere Menschen amüsieren“. Und das hat ihr in der vergangenen Zeit gefehlt. Denn die letzte große Aktivität für das „Restaurant Kugener“ war die Teilnahme am Weihnachtsmarkt im Jahr 2019. Umso dankbarer ist Manon Schmit, nun auf dem Glacis dabei sein zu können. „Es musste ein neues Konzept ausgearbeitet werden und das Ergebnis ist wirklich gut geworden. Aber letztlich ersetzt nichts unsere ‚Fouer‘“, stellt sie dann doch etwas wehmütig fest.
Wie bei vielen anderen Gastronomen, Schaustellern und auch Besuchern bleibt trotz würdiger Alternative die Hoffnung, dass nächstes Jahr wieder eine klassische „Schueberfouer“ möglich sein wird. Dem stimmt sogar „Fouer“-Meister Laurent Schwaller zu: „Wir haben das Beste aus der aktuellen Situation gemacht. Trotzdem hoffen wir, dass wir im kommenden Jahr wieder eine Schobermesse organisieren können, die mindestens zu 90 Prozent dem entspricht, was wir kennen.“ Für dieses Jahr wünscht sich Laurent Schwaller aber erst einmal, dass es weitergeht wie in den ersten Tagen der Eröffnung: gutes Wetter, vollbesetzte Fahrgeschäfte und übertroffene Erwartungen bei den Besuchern.
„Fun um Glacis“
Noch bis zum 12. September wird „Fun um Glacis“ in der Hauptstadt stattfinden. Geöffnet ist täglich von 11 bis 23 Uhr. Zum Bereich der Fahrgeschäfte und Spielstände (Zone A) erhält man ohne Covid-Check Zugang. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist dort allerdings Pflicht – Kinder unter sechs Jahren sind von dieser Regelung ausgenommen. In dieser Zone müssen Besucher auf den Verzehr von Lebensmitteln und Getränken verzichten. Für Zone B (Gastronomie) gilt das Covid-Check-System: Das heißt, dass die Besucher entweder eine Impf- oder Genesungsbescheinigung oder ein negatives Covid-19-Testzertifikat vorzeigen müssen. Teststationen gibt es vor Ort. Um längere Wartezeiten zu vermeiden, empfiehlt die Stadt Luxemburg allerdings, sich bereits vorab testen zu lassen.
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