Dmitri Muratow / Ein mutiger Journalist und nunmehriger Friedensnobelpreisträger
Der russische Journalist ist seit mehr als 20 Jahren Chefredakteur von „Nowaja Gaseta“ in Moskau, der Zeitung, die wie kaum eine andere für kritischen, investigativen Journalismus im Land steht. Mehrere Journalisten wurden wegen ihrer Arbeit getötet.
Noch am Tag zuvor hatten sie kurz innegehalten. Hatten ihrer Kollegin Anna Politkowskaja gedacht, in deren Büro im Zentrum Moskaus es immer noch so aussieht, als hätte sie ihre Brille schnell auf den Tisch vor den alten Rechner gelegt und wäre nur kurz rausgegangen. Doch Anna Politkowskaja ist tot. Vor 15 Jahren in ihrem Haus in Moskau erschossen, weil sie eine Unbequeme war. Weil sie über die Verbrechen in Tschetschenien schrieb und sich von kaum etwas hat aufhalten lassen. Auch nicht von Dmitri Muratow, ihrem Chefredakteur bei der Nowaja Gaseta. Zusammen mit der philippinischen Journalistin Maria Ressa erhält Muratow den diesjährigen Friedensnobelpreis.
Muratow ist ein ruhiger Mensch. Und ein bestimmter. Politkowskaja hatte er einst verboten, nochmals nach Tschetschenien zu fahren. Sie tat es dennoch. Da half auch der Streit samt herumfliegenden Stühlen in der Redaktion wenig. Muratow vertraute ihr. Immer. Und er verkündete in der Redaktion ihren Tod. Wie er den Tod seiner weiteren fünf Kolleginnen und Kollegen am runden Redaktionstisch mitteilen musste. Getötet, weil sie ihrer journalistischen Arbeit nachgegangen waren. Die Auftraggeber für den Mord an Politkowskaja sind bis heute nicht gefasst. Russland hält die Tat mittlerweile für verjährt. Die Redaktion der Nowaja Gaseta hat zum Jahrestag ihrer Ermordung am 7. Oktober – dem Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin – eigene Recherchen zum Tod von „Anka“ veröffentlicht, wie Muratow die Journalistin stets nannte. Ein Moment der Trauer.
Wir werden mit dem Preis all jenen helfen, die Repressionen unterworfen sind, die der Staat zu Agenten macht, die er drangsaliert und ins Exil treibtFriedensnobelpreisträger
Am Tag darauf die große Überraschung. Doch von dieser will Muratow erst einmal nichts wissen. Der 59-Jährige drückt den Anruf aus Norwegen weg. Er habe die Nummer für Spam gehalten. „Jetzt lache ich“, sagt er kurze Zeit später russischen Medien – und will den Friedensnobelpreis russischen Journalistinnen und Journalisten widmen. „Wir werden mit dem Preis all jenen helfen, die Repressionen unterworfen sind, die der Staat zu Agenten macht, die er drangsaliert und ins Exil treibt“, sagt Muratow. Der Preis sei nicht sein Verdienst, sondern „der Verdienst all jener Journalistinnen und Journalisten, die für die Pressefreiheit starben“. Der Kreml gratuliert. „Muratow ist seinen Idealen verpflichtet. Er ist talentiert und mutig“, heißt es in einem kurzen Statement.
„Eine Zeitung, die den Menschen dient“
Muratow und sein Team stehen wie kaum jemand anderes im Land für eine kritische, unerschrockene, für den Staat unbequeme Berichterstattung. Die Zeitung gehört zu 51 Prozent dem Redaktionskollektiv, weitere zehn Prozent hält der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow, den Rest der Ex-Duma-Abgeordnete Alexander Lebedew. Muratow lässt seine Leute gewähren, er gibt ihnen die Zeit, die sie für einen Text brauchen. Denn er weiß: Die Themen, mit denen sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen – Folter, Konflikte, Korruption, organisierte Kriminalität, Tod – können auch in die Enge treiben, können für Schreibblockaden sorgen, für Tränen. Muratow hört stets zu. Es gibt nur eine Regel: Über Angst spricht niemand bei der Nowaja. Egal, was ist. „Wir machen weiter“, sagen sie dann und machen weiter.
Der 59-Jährige ist seit den 1980er Jahren Journalist. „Ich wollte eigentlich nur umsonst zu den Fußballspielen kommen.“ Er studierte klassische Philologie in Kujbyschew, dem heutigen Samara an der Wolga, und fing bei der Komsomolskaja Prawda an, früher das Blatt des sowjetischen Jugendverbandes, heute eine Boulevardzeitung. 1992 folgte der Bruch. Mit sieben Kollegen gründete er die Neue Tageszeitung, die heute nur noch Neue Zeitung (Nowaja Gaseta) heißt. Seit 1995 ist er ihr Chefredakteur. „Wir sind eine Zeitung, die den Menschen dient, nicht der Staatsmacht.“
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Da wird sich der Präsident auf Lebenszeit sicher was einfallen lassen.
Und wie waer es mit dem friedensnobelpreis fuer Assange
Nee..soweit geht der mut dann nicht sich mit den amis anzulegen.
@Klod – Den Assange an Snowden hätten e wierklech verdéngt, mä wann UNO, Obama, EU, Arafat etc, e kréien, dann seet dat genuch iwwert de stellewärt vun dem Präis aus.