ParlamentEin klares Nein zur Kollektivbestrafung: CSV fordert Nachbesserungen am Entwurf des neuen Agrargesetzes

Parlament / Ein klares Nein zur Kollektivbestrafung: CSV fordert Nachbesserungen am Entwurf des neuen Agrargesetzes
„Will die Regierung noch eine produktive Landwirtschaft?“, fragt Martine Hansen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die CSV wirft der Regierung vor, wegen des Fehlverhaltens einzelner Betriebe einen ganzen Berufsstand kollektiv bestrafen zu wollen. Die Rede ist vom geplanten Agrargesetz, der Landwirten eine Erweiterung der Produktion verbieten will, sollten Klimaschutzziele nicht erreicht werden.

Der Entwurf zu einem neuen Agrargesetz liegt seit Anfang August zur Begutachtung vor. Der neue Text soll die staatliche Förderung der Landwirtschaftsbetriebe neu regeln und gleichzeitig zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Noch in diesem Jahr soll das Projekt im Parlament verabschiedet werden, damit das Gesetz Anfang kommenden Jahres in Kraft treten kann. Das geht der CSV zu schnell. Dabei wollte sich auch Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) ausreichend Zeit dazu lassen, sagte CSV-Kofraktionspräsidentin Martine Hansen am Freitag. Man sollte besser damit warten und mit den vom Gesetz Betroffenen, den Landwirten, reden. Denn die im aktuellen Entwurf vorgesehenen Bestimmungen würden nicht nur die Arbeit der Bauern erschweren, sondern Letztere unter Umständen sogar bestrafen.

Kritik gibt es insbesondere an den vorgesehenen Produktionsbeschränkungen. Als Messlatte dient die theoretische Arbeitskräftezahl, die der Bauernhof zur Betreuung des Tierbestandes benötigt. Will ein Betrieb seinen Viehbestand vergrößern und benötigt er mehr als zwei „theoretische Arbeitskräfte“ (landwirtschaftliche Vollzeitarbeitskräfte) bedarf es einer Genehmigung des Ministers. Der Haken dabei: Wird eines der nationalen Klimaziele wie die Reduzierung der Ammoniak-Emissionen nicht erreicht, kann die Genehmigung verweigert werden. Luxemburg will den Ausstoß von Ammoniak bis 2030 um 22 Prozent reduzieren. In anderen EU-Ländern sind es 19 Prozent. Werden für die Arbeit mit einem Viehbestand fünf und mehr Arbeitskräfte benötigt, gibt es laut Gesetzentwurf grundsätzlich keine Genehmigung.

Ausgebremstes Wachstum

Die CSV stößt sich daran, dass mit dieser Bestimmung auch Landwirte bestraft würden, die sich vorbildlich verhalten und bereits viel in Umwelt- und Klimaschutz investiert haben. Statt den einzelnen schuldigen Schüler zu bestrafen, würde die ganze Klasse mit einer „Retenue“ bestraft, so Hansen. „Mit welchem Recht bremst die Regierung auf eine derart simplistische Methode das Wachstum der landwirtschaftlichen Betriebe aus?“, empört sie sich. Man sollte Landwirte, die sich viel Know-how im Bereich der Tierhaltung angeeignet haben, jetzt aktiv unterstützen. Ihre Partei fordert „einen betriebsspezifischen Nachhaltigkeitscheck, Klimabilanzen, ein Monitoring der Betriebe sowie eine angepasste Beratung“. Die Besatzdichte, die Zahl der Rinder pro Hektar, würde z.B. mehr über die Nachhaltigkeit eines Betriebes sagen als der theoretische Arbeitskraftbedarf, beziehungsweise die Gesamtzahl der Tiere.

Eine Produktionsbremse in Luxemburg würde bei steigender Milchnachfrage den Import erhöhen. Die Produktion würde woanders stattfinden, wobei das Einhalten von Umweltkriterien nicht garantiert sei. 

Die Politik nehme den Bauern Perspektiven, sagte Ronny Goedert, Milchbauer aus Ell. Mit seinen aktuell 200 Kühen würde er bereits jetzt aus dem Raster fallen. Denn sein theoretischer Arbeitskräftebedarf wäre sieben. Dabei bewirtschaften er und zwei weitere Personen den Hof. Goedert betont, dass Nachhaltigkeit und Umwelt- sowie Klimaschutz für die Landwirte sehr wichtig seien. Etliche Landwirte hätten ihre Gebäude bereits mit Solarpaneelen bestückt, würden Biogasanlagen betreiben. Auch bemühe man sich, die Ammoniak-Emissionen zu reduzieren. Das neue Agrargesetz setze nicht mehr auf Lebensmittelproduktion, so ein weiterer Vorwurf, den auch die CSV-Sprecherin Martine Hansen teilt. „Will die Regierung noch eine produktive Landwirtschaft?“, fragt sie. Die Landwirtschaft müsse rentabel und attraktiv bleiben. „Junglandwirte benötigen Perspektiven. Dieses Agrargesetz zeigt ihnen kaum welche auf“, heißt es seitens der CSV.

Die CSV spricht sich gegen eine Kollektivbestrafung der Landwirtschaftsbetriebe aus
Die CSV spricht sich gegen eine Kollektivbestrafung der Landwirtschaftsbetriebe aus Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Weg mit den „schwachsinnigen Vorschriften“

Die Oppositionspartei fordert Änderungen am Gesetzentwurf. Zuvor sollte der Agrarausschuss des Parlaments die Vertreter der Landwirtschaftskammer hören. Investitionen in Natur-, Klima- und Wasserschutz sollten eine den EU-Regeln entsprechende höchstmögliche Förderung genießen. Des Weiteren sollten Kompetenzzentren Landwirte bei Innovationsplänen beratend zur Seite stehen.

Martine Hansen ging zudem auf ein rezentes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ein, welches das Naturschutzgesetz von 2018 als verfassungswidrig eingestuft hatte. Laut CSV müsste das Gesetz nachgebessert werden. Unter anderem müssten „schwachsinnige Vorschriften“ verschwinden. Eine solche etwa erfordert die Genehmigung des Ministers, wenn Änderungen im Innenraum eines in einer Naturschutzzone befindlichen Gebäudes vorgenommen werden sollen. Dem Verwaltungsgericht sollte erneut das Recht gegeben werden, eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht bloß zu annullieren, sondern auch zu reformieren. Derzeit muss der Bürger eine neue Genehmigung bei der Verwaltung beantragen, wenn der erste Antrag abgelehnt wurde. 

Ollie
13. September 2022 - 11.33

"Die Produktion würde woanders stattfinden, wobei das Einhalten von Umweltkriterien nicht garantiert sei. " Die sind überall in der EU gleich. Kühe werden zwangsgeschwängert und die Kälber sofort weggenommen, das Muttertier schreit tagelang vor Verzweiflung und die Kälber werden mit Ersatzstoffen aufgepäppelt, damit Leute ein Sekret verzehren können, das aus der Drüse eine Tieres stammt. Hierzulande wird jede zweite Woche ein Trinkwasserbrunnen mit der Jauche verseucht, weil wir lauter Hobbybauern haben, die alle dasselbe produzieren. Wenn 1000 endlich aufhören würden, dann hätte der Rest auf dem Markt 'ne Chance.

Roberto
13. September 2022 - 11.29

" Das geht der CSV zu schnell. " ROTFLMAO, das glaube ich gerne, die haben immer 20 Jahre gebraucht und nie ist was gemacht worden.