Ein Domino-Effekt? Was sich seit der Weinstein-Affäre verändert

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Glaubt man dem Online-Magazin „Quartz“, dann sind immerhin drei Fünftel des Weges zu einer Welt ohne sexuelle Übergriffe geschafft. „Das Schlimmste liegt deutlich hinter uns“, schreibt Annalisa Merelli auf der Website. Ist das zu optimistisch gedacht, nachdem die „New York Times“ das Thema mit Vorwürfen wegen sexueller Belästigung gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein vor gerade einmal sechs Wochen ins Rollen brachte? Oder findet in den USA tatsächlich ein tiefgreifender Wandel statt?

Wie ein Lauffeuer hat sich die Diskussion seit der Causa Weinstein auf andere Gesellschaftsbereiche ausgebreitet, alle paar Tage wird das „#MeToo“ der Massen im Internet durch neue Vorwürfe unterfüttert. Frauen wagen sich zunehmend auch mit Anschuldigungen an die Öffentlichkeit, die sich auf Vorfälle von vor Jahrzehnten beziehen. Es wirkt wie ein kollektiver Befreiungsschlag – als wolle sich die US-amerikanische Gesellschaft von all dem über Jahre angesammelten Schmutz, von all den düsteren Geschichten endlich lösen.

Im Showbusiness

Vorwürfe von Sexismus, Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen gab es im Showbusiness schon immer. Doch mit dem rasanten Absturz des einst mächtigen Hollywood-Moguls Weinstein kam eine Lawine mit weitreichenden Folgen ins Rollen. Für den Oscar-prämierten Produzenten ging es nach Vorwürfen Dutzender Frauen – von Belästigung bis Vergewaltigung – Schlag auf Schlag: Rausschmiss aus dem eigenen Filmstudio The Weinstein Company (TWC), die Oscar-Akademie feuert ihn, die Polizei ermittelt, eine Flut von Klagen steht bevor.

Weinstein stehe eine „juristische Hölle“ vor, die ihn pleite machen oder hinter Gitter bringen könnte, schreibt das Branchenblatt „Hollywood Reporter“. Über sein Sprecherteam hat Weinstein wiederholt Vorwürfe von „nicht einvernehmlichem Sex“ kategorisch zurückgewiesen. Eine Debatte über das Prinzip der Unschuldsvermutung kommt in den US-Medien jedoch kaum vor.

„Nulltoleranz für sexuelles Fehlverhalten ist an der Tagesordnung“, schreibt die US-Journalistin Sharon Waxman, Gründerin des Branchenportals „The Wrap“. Hollywoods alte Regeln, die Jahrzehnte galten, seien überholt. Tatsächlich reagiert die Unterhaltungsbranche nun blitzschnell. Kaum wurden Vorwürfe gegen den „House of Cards“-Star Kevin Spacey laut, kündigte Netflix die Zusammenarbeit auf. Auch Regisseur Ridley Scott greift zu drastischen Maßnahmen, er schneidet Spacey aus seinem schon fertigen Spielfilm „Alles Geld der Welt“ komplett heraus – und das nur sechs Wochen vor dem geplanten Kinostart. Christopher Plummer soll die Szenen nachdrehen. Ein teurer, ungewöhnlicher Schritt.

Auch Komiker Louis C.K., der seine Schuld nach Vorwürfen mehrerer Frauen öffentlich einräumte, steht nun ohne Sender da. Die Veröffentlichung seines Filmes „I Love You, Daddy“ wurde kurzfristig abgesagt. „Rush Hour“-Regisseur Brett Ratner wies Belästigungsvorwürfe „kategorisch“ zurück, doch sein geplantes Regieprojekt über den kürzlich verstorbenen „Playboy“-Gründer Hugh Hefner liegt nun auf Eis.

Immer mehr Opfer sexueller Übergriffe brechen ihr Schweigen, wie am vorigen Sonntag beim «#MeToo»-Protestmarsch quer durch Hollywood. „Ihr seid alle mutig“, sagte die TV-Journalistin Lauren Sivan bei der Kundgebung. Sie selbst zählt zu den Frauen, die Weinstein sexuelle Belästigung vorgeworfen haben. Prominente sorgen dafür, dass die Thematik in den Schlagzeilen bleibt. So schrieb die kanadische Schauspielerin Ellen Page (30) vorige Woche in einem sehr persönlichen Facebook-Eintrag über Homophobie und Sexismus in Hollywood. Sie selbst sei als 18-Jährige von Brett Ratner am Filmset öffentlich und aggressiv als Lesbe geoutet worden. Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, fordert Page. Sie danke allen Opfern, die ihr Schweigen brechen – das sei eine „Revolution“.

Medien

Auch mächtige Männer in den Medien mussten nach Anschuldigungen von Frauen ihre Posten räumen, zuletzt der Journalist Mark Halperin, im vergangenen Frühjahr der konservative Star-Moderator Bill O’Reilly, der vom Fernsehsender Fox News gefeuert wurde, davor der mittlerweile verstorbenen Fox-News-Chef Roger Ailes.

Politik

In der Politik hat das Thema ebenfalls hohe Wellen geschlagen. In Kalifornien schilderten 20 Frauen aus dem Politikbetrieb der „Los Angeles Times“, wie sie von Männern unangemessen berührt, belästigt oder verbal missbraucht wurden. Dem republikanischen Senatskandidaten Roy Moore aus Alabama werfen mehrere Frauen vor, ihnen nachgestellt zu haben – eine davon war zur Zeit der mutmaßlichen Tat erst 14 Jahre alt. Moore wies die Vorwürfe zurück.

Mit Paul Ryan, dem Sprecher des Abgeordnetenhauses, und Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell meldeten sich indes die beiden derzeit mächtigsten Mitglieder des US-Kongresses zu Wort. Beide forderten Moore auf, aus dem Rennen um den Senatssitz auszusteigen. Eine im Abgeordnetenhaus geplante Richtlinie soll künftig außerdem alle Kongressmitglieder und deren Mitarbeiter zu einem speziellen Training verpflichten, um sexuellem Missbrauch vorzubeugen.

Neben diesen Vorwürfen steht der Name eines Mannes im Raum, der trotz offen sexistischer Bemerkungen im Wahlkampf ins höchste Amt der USA gewählt wurde: Präsident Donald Trump. Bevor er in die Politik einstieg, hatte er einige Frauen als „fette Schweine“, „Hunde“, „Schlampen“und „widerliche Tiere“ bezeichnet, sein vulgärer Spruch „Grab them by the pussy“ über drastische sexuelle Übergriffe bleibt unvergessen. Ob gegenüber der französischen First Lady Brigitte Macron („Sie sind so gut in Form“) oder TV-Moderatorin Mika Brzezinski – mit unangebrachten Bemerkungen und deftigen Beleidigungen mag Trump Sexismus in Teilen der Gesellschaft salonfähiger gemacht haben, wo er nicht ohnehin schon war.

Wirtschaft

Ob Trumps Bemerkungen in anderen Gesellschaftsbereichen wie der Wirtschaft zu mehr Übergriffen führen, lässt sich schwer messen. Eine landesweite Studie der US-Behörde für Diskriminierungsfragen stellte 2016 fest, dass zwischen 25 und 85 Prozent der Frauen schon einmal sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren haben.

In der teils offen frauenfeindlichen Tech-Industrie wurde schon vor dem Fall Weinstein über sexistisches und diskriminierendes Verhalten gesprochen. Bei Google und dem Fahrdienst-Vermittler Uber, wo Chef Travis Kalanick seinen Posten räumte, hatten Vorwürfe von Sexismus und Diskriminierung direkte Konsequenzen. Ob diese eine tief sitzende Macho-Kultur dauerhaft beenden können, scheint aber fraglich.

Sport

Auch im Sport sitzt die Macho-Kultur tief, trotzdem kommen nun auch hier Vorwürfe ans Licht. Der prominenteste: US-Star-Torhüterin Hope Solo wirft Ex-Fifa-Chef Sepp Blatter vor, sie 2013 am Po begrapscht zu haben. „Diese Behauptung ist lächerlich“, kommentierte Blatter. Sexuelle Belästigung sei im Sport weit verbreitet, sagte Torhüterin Solo. „Es passiert nicht nur in Hollywood.“ Sie wünsche sich, dass darüber mehr gesprochen werde.

Wissenschaft

In der Wissenschaft ist das Thema in den USA schon länger auf dem Tisch, auch wenn es für deutlich weniger Schlagzeilen sorgt als die Vorwürfe aus Hollywood. Eine Pionierin ist die US-Forscherin Hope Jahren, die inzwischen an der Universität in Oslo arbeitet und im vergangenen Jahr für ihr Buch „Lab Girl“ gefeiert wurde.

Sie berichtete von einem sexuellen Übergriff während eines Forschungstrips in die Türkei in den 90ern. Jahren wurde von einem Unbekannten angegriffen – meist seien es aber Kollegen beispielsweise aus dem Labor, schrieb sie später. Einer Studie aus dem Jahr 2014 zufolge wurde etwa jede vierte Wissenschaftlerin bei der Feldforschung schon einmal sexuell belästigt. Auch zahlreiche Forscherinnen nutzen nun den „MeToo“-Hashtag, um von ihren Erlebnisse zu berichten.

Mick
17. November 2017 - 8.41

Belästigungen dieser Art darf es nicht geben, was mich aber stört in der ganzen Diskussion die letzten Monaten isr, dass eine Frau nur zu sagen braucht, dass sie von Herr X sexuel belästigt wurde und schon glaubt jeder dieser Dame und Herr X wird durch den Dreck gezogen! Frauen sind auch nur Menschen und handeln auch aus Berechnung. So wie es Männer gibt die Frauen sexuel belästigen, gibt es auch Frauen die Männer, aus Rachsucht oder sonstigen Gründen, fälschlicherweise anzeigen! Beides ist verwerflich! Aber wie hat eine Frau zu mir gesagt ‘ich kann dich anzeigen und jedes Gericht wird mir Recht geben, ob ich die Wahrheit sage oder nicht!’

Romain
16. November 2017 - 17.25

Komesch elo obemol sinn Fraen all Sexual belästegt ginn virdrun net?? Déi béis Männer erëm eng Kéier an déi brav Fraen net ech mengen et muss mat 2 Féiss um Buedem bléiwen

johnny 44
16. November 2017 - 15.39

Waat seet dann dé Poopst zu esou Mësstënn?Säi Personal huet dach och esou verwerflech Naupen.

Nomi
16. November 2017 - 15.31

Iirt een dann elo enger Fra eng Beess gett muss se ee Papei'er ennerschreiwen dat et keng Belaestigung ass an datt si anverstaan ass ?????