USAEin Ballon lässt Blinkens China-Reise platzen: Mutmaßliche chinesische Spionage sorgt für Ärger

USA / Ein Ballon lässt Blinkens China-Reise platzen: Mutmaßliche chinesische Spionage sorgt für Ärger
US-Außenminister Antony Blinken hat seine Reise nach China abgesagt Foto: Stefani Reynolds/Pool/AFP

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Es hätte der erste China-Besuch eines US-Außenministers seit mehr als vier Jahren werden sollen. Doch am Freitag sagte US-Chefdiplomat Antony Blinken seine geplante Reise nach Peking abrupt ab.

Der Grund: die Entdeckung eines mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballons im Himmel über den USA. Washington prangerte eine „inakzeptable“ und „eindeutige Verletzung unserer Souveränität an“. Blinkens China-Reise soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, doch der diplomatische Schaden ist jetzt schon groß. Denn zwischen den beiden Großmächten gibt es viel zu besprechen – und viele Konflikte. Ob Handelsstreitigkeiten, die Taiwan-Frage, Hongkong, Menschenrechte, Nordkoreas Atomprogramm oder der Ukraine-Krieg: Blinken hätte am Sonntag und Montag in Peking über viele brenzlige Themen sprechen sollen.

Die Reise sollte nach Worten des Außenministers helfen zu verhindern, dass „Konkurrenz in einen Konflikt ausartet“. „Einer der Wege, dies zu tun, ist, sicherzustellen, dass es gute Drähte gibt.“

Ziel des Ballons ist ganz klar Spionage und sein aktueller Weg führt ihn über sensible Stützpunkte

Pentagon-Vertreter

Diese Bemühungen haben jetzt einen Rückschlag erlitten. Die US-Streitkräfte orteten in den vergangenen Tagen in großer Höhe einen chinesischen Ballon, der unter anderem den Bundesstaat Montana im Nordwesten des Landes überflog. „Ziel des Ballons ist ganz klar Spionage und sein aktueller Weg führt ihn über sensible Stützpunkte“, sagte ein Pentagon-Vertreter. In der Region befinden sich unter anderem Luftwaffen-Stützpunkte und unterirdische Atomraketen-Standorte.

China gab sich erstaunlich kleinlaut. „Die chinesische Seite bedauert das unbeabsichtigte Eindringen des Luftschiffs in den US-Luftraum aufgrund höherer Gewalt“, erklärte das Außenministerium in Peking. Zugleich betonte das Ministerium, es handele sich um ein „ziviles Luftschiff, das für Forschungszwecke genutzt wird, überwiegend für meteorologische Zwecke“. Der Ballon sei wegen starken Windes von seinem Kurs abgekommen.

Spannung haben sich verschärft

Beteuerungen, denen in Washington kein Glaube geschenkt wurde. „Wir wissen, dass es ein Spionage-Ballon ist“, reagierte Pentagon-Sprecher Pat Ryder trocken.

Dass sich die Rivalen gegenseitig ausspionieren, ist wenig überraschend. Auch die USA versuchen zweifellos an vertrauliche Informationen aus China zu gelangen. Doch das Auftauchen des Ballons kurz vor Blinkens geplantem Besuch ließ dem Außenminister keine andere Wahl, als seine Reise zu streichen – zumal die oppositionellen Republikaner wetterten, Präsident Joe Biden müsse aufhören, „die chinesischen Kommunisten zu verhätscheln“.

Die Spannungen zwischen Washington und Peking hatten sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft. Seit dem letzten Besuch eines US-Außenministers in China – Blinkens Vorgänger Mike Pompeo war im Oktober 2018 unter Präsident Donald Trump nach China gereist – hat die Regierung in Peking die Kontrolle über die Sonderverwaltungszone Hongkong drastisch verschärft und riesige Militärmanöver vor Taiwan abgehalten, während Staatschef Xi Jinping seine Macht festigen und ausbauen konnte.

Fokus wieder auf Peking gerichtet

Die USA sehen das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende China schon seit geraumer Zeit als die größte geopolitische Herausforderung weltweit an. Zuletzt schlossen die USA Vereinbarungen mit Japan und den Philippinen, um ihre Militärpräsenz in der Region zu stärken – angetrieben von Befürchtungen, China könne Taiwan attackieren.

Die Lage ist explosiv. Der neue Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy, liebäugelt mit einer Taiwan-Reise. Ein solcher Besuch seiner Vorgängerin Nancy Pelosi hatte im vergangenen Jahr für massive Spannungen gesorgt.

Und der US-Luftwaffengeneral Mike Minihan warnte kürzlich, schon 2025 könnte es einen Krieg zwischen China und den USA geben. „Ich hoffe, ich liege falsch. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden“, schrieb Minihan in einem Memo. Die nächsten US-Präsidentschaftswahlen im November 2024 würden Xi zudem ein „abgelenktes Amerika“ bieten.

Mit seinem mutmaßlichen Spionage-Ballon hat China jetzt selbst dafür gesorgt, dass der Fokus der USA wieder auf Peking gerichtet ist. (AFP)