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Editorial / Doheem bliwwen
Paulette Lenert und Xavier Bettel ziehen mit Experten Corona-Bilanz: Was nach Pflichtübung klingt, wird Historiker noch lange beschäftigen Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Der Pandemie-Klassiker: Hilfe, politische Entscheidung, was tun? Parlamentarische Aufarbeitung! Jetzt ist es so weit – fast ohne Chamber, dafür mit Hilfe von außen.

Es klingt nach einer Mission impossible: Hat Luxemburg die Corona-Krise gut bewältigt? Während das Interesse um das Virus abflaut, flattert ein lang ersehntes Dokument ins politische Luxemburg. Urheber: die OECD. Ihre „raison d’être“: das Mädchen für sozioökonomische Vergleiche zu sein. Sinn und Zweck des neuen Luxemburg-Berichts: Lehren aus der Krise zu ziehen. Der Inhalt: Vorbereitungsmaßnahmen, Bewältigung und politische Antworten auf die Krise. So viel vorweg: Der Bericht zeichnet ein nuanciertes Bild – das Großherzogtum hat sich gut geschlagen. Von Schönfärberei kann aber nicht die Rede sein. Fast alle heiklen Fragen und Versäumnisse werden thematisiert, Verbesserungsvorschläge aufgelistet. Nachfolgend „the good, the bad and the ugly“.

Überraschung: Luxemburg ist klein, dynamisch, flexibel und seit 30 Jahren politisch stabil. So der Blick von außen. Eine zentralisierte Krisengovernance habe schnelle Entscheidungen ermöglicht. Dabei wurde nicht zu tief ins Portemonnaie gegriffen, aber auch nicht geknausert. Gilt unsere Dienstleistungsgesellschaft gelegentlich als einseitig, erwies sie sich als Krisenbonus: Luxemburg hat sich laut OECD schnell in den Homeoffice-Modus umgestellt. Auch die „Cellule de crise“ habe adäquat reagiert. Empfohlen wird dafür aber, künftig Entscheidungen schneller zu veröffentlichen. Fakt ist: Es brauchte tatsächlich viel öffentlichen Druck, bis die Zusammensetzung und die Funktionsweise der „Cellule“ publik wurden. Ähnliches ließe sich auch von der Pressearbeit sagen.

Vor- und Nachteil zugleich sind Luxemburgs geografische und politische Offenheit. Die OECD lobt etwa die schnelle Evakuierung der Auslandsluxemburger zu Krisenbeginn. Gleichzeitig wird die starke Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften realistisch eingeschätzt. Zur Erinnerung: Die Grenzschließung durch Deutschland weckte Urängste – der Kollaps des hiesigen Wirtschaftslebens und der sozialen Verpflegung beschäftigte Land a Leit. Trotz großer Bemühungen erwiesen sich die politischen Anstrengungen zudem kurzfristig als unzureichend. Aber: Eine ähnliche Situation konnte mit Frankreich und Belgien verhindert werden.

Impfkampagne, Large Scale Testing und Contact Tracing: Auch sie werden als effizient bezeichnet. Was in Luxemburg bei näherer Betrachtung kritikwürdig bleibt, wirkt im Ländervergleich eher wie Beklagen auf hohem Niveau. Nicht von der Hand zu weisen hingegen: die schleppende Impfkampagne. Sie gewann erst im Zeitverlauf an Tempo. Fast tragisch: Die Krisenkommunikation wird zwar gelobt – es sei in den drei Landessprachen proaktiv kommuniziert worden –, die Luxemburger Realität ist aber, dass eine Kampagne, die nur auf Luxemburgisch, Deutsch und Französisch anspricht, unserer Multikulturalität nicht gerecht wird. Einer der Evergreens ist und bleibt die Forderung nach gezielterer Kommunikation auf Portugiesisch und in leicht verständlichen Grafiken.

Was auch der OECD nicht entgangen ist: Trotz starker Reaktivität wurde den sozialen Ungleichheiten im Land nur unzureichend Rechnung getragen. Angefangen bei benachteiligten Schülern, Menschen mit überschaubarem Lebensraum (Stichwort: „Caféswunnengen“) und unzureichenden Wirtschaftshilfen für die „indépendants“ – prinzipiell kam das Luxemburg des „séchere Wee“ bequemer durch die Krise.

Die OECD lobt wiederum die starke parlamentarische Einbindung. Trotz starken Durchregierens hat die Exekutive im internationalen Vergleich größeren Wert auf Parlamentarismus gelegt.

Dafür bringt der Bericht folgenschwere Versäumnisse elegant auf den Punkt. Da wären, wenn auch nur statistisch oder ohne konkrete politische Verantwortungszuschreibung: das Desaster in einzelnen Pflegeheimen, mangelndes Personal in den Gesundheitsberufen, zu zentralisierende Kaufprozesse (z.B. Medikamente), ein zu formalisierendes Verhältnis zwischen Politik und Wissenschafts-„Taskforce“, zu aktualisierende Notfallpläne für kritische Infrastruktur und eine systematischere Analyse der politischen Maßnahmen.

„Schéi Geschicht“, denken Sie jetzt? In der Tat, wenn es bei einem Bericht bleibt. Wegweisend könnte aber eine konstruktive und schonungslose politische Debatte über die Krisenpolitik sein. Während die Energiekrise das Superwahljahr 2023 maßgeblich bestimmen wird, verdient die Pandemie eine abschließende Auseinandersetzung. Denn: Ob „Long Covid“, Vertragsvergaben oder Corona-Aussöhnung – die Folgen dieses Jahrhundertereignisses werden lange nachhallen, mir sinn doheem bliwwen.

JJ
6. Oktober 2022 - 10.33

Es bleibt dabei. Gambia hat gute Arbeit geleistet.Trotz Bedrohungen von wütenden Schwurblern die nicht nur unsere Politiker attackiert haben, sondern auch die gesamte Öffentlichkeit durch Demos ohne jede Schutzmaßnahmen. Von der Astra Seneca Schlappe vielleicht abgesehen und der schleppenden Lieferung ist es nicht die Schuld der Regierung,wenn in Altenheimen elementare Regeln nicht eingehalten werden und sei es auch nur von Personal welches sich einen Dreck um sanitäre Maßnahmen schert oder gegen die Impfung war und noch immer ist. Und wenn das kleine Land sogar im Nachbarland zu Hilfe eilt ( Air Rescue )spricht das auch für sich.Von wegen good,bad and ugly. Von hier aus: Bravo Bettel/Lehnert & Co.