Weinbranche im Wandel„Die Winzer können nicht aufhören, weiterzuarbeiten“

Weinbranche im Wandel / „Die Winzer können nicht aufhören, weiterzuarbeiten“
Wohin steuert die Weinbranche in Luxemburg, in Europa und weltweit? Fakt ist, ein „Weiter so“ wie bisher kann es nicht mehr geben. Das hat nicht zuletzt die Pandemie alle Beteiligten gelehrt. Foto: Editpress-Archiv/Tanja Feller

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Der europäische Weinsektor steht unter Druck. Durch die Pandemie leidet die Branche unter Absatz- und Umsatzeinbußen. Die Hoffnung für die nächsten Jahre liegt in der Bewältigung der gesundheitlichen Krise, in bitternötigen EU-Hilfsgeldern und in der Erschließung neuer Märkte. Winzer aus Luxemburg sind den großen Weinnationen Frankreich, Italien und Spanien, die am Mittwoch zu einem Zukunftstisch in Brüssel zusammenriefen, bereits einen Schritt voraus. 

Die Weinbranche ist im Umbruch. Sowohl auf europäischer Ebene als auch weltweit zwingt die Pandemie den Sektor zum Umdenken. Am 2. Dezember hatten der Brüsseler Thinktank „Farm Europe“, die Landwirtschaftsverbände Frankreichs, Italiens und Spaniens zu einer Online-Podiumsdiskussion mit französischen, spanischen und italienischen Europaabgeordneten und Vertretern der EU-Kommission geladen. Im Mittelpunkt des Gesprächs: „Der Weinsektor: Die Krise und eine Strategie für die Zukunft“.  Frankreich, Spanien und Italien sind die drei größten Weinproduzenten in Europa. Ihr Marktanteil beträgt rund die Hälfte des Weltmarkts, sie stellen mehr als 80 Prozent der Weinerzeugnisse in Europa her.

„Die Winzer können nicht aufhören, weiterzuarbeiten“, empört sich Angel Villafranca, Präsident des Spanischen Landwirtschaftsverbandes, in Bezug auf die Folgen der Pandemie. Geschlossene Restaurants, keine Touristen und Lockdown – das alles habe bei den Mitgliedern seines Verbandes zu leeren Kassen geführt, sagt er und verlangt dringend finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union.

Als „äußerst problematisch“ bezeichnet auch Pau Roca, Generaldirektor der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), die derzeitige Lage in der Branche. Sorgen bereiten ihm vor allem die Exporte. Roca berichtet von einem Rückgang von 6,7 Prozent des Gesamtvolumens in der EU zwischen Januar und Juli 2020, was einem Preiseinbruch von rund 12 Prozent gleichkommt. Roca macht in seinen Ausführungen nicht nur die Pandemie für diese Entwicklung verantwortlich. Der Preis der Trauben sei daran schuld und die großen Unternehmen, die ihn diktieren. Der zweite Faktor sei das „Paradigma des Klimawandels“.

„Welchen (Wein-)Markt wollen wir?“

„Wir müssen uns auf eine Definition des Produkts Wein einigen“, sagt Roca und meint damit einheitliche Standards, die in der Welt bei der Herstellung und Vermarktung von Wein künftig gelten sollen. Für die Branche in Europa, sagt er, seien jetzt gemeinsame Entscheidungen auf EU-Ebene dringend nötig. Auch in Sachen Digitalisierung des Weinsektors. Die Pandemie habe allen Beteiligten vor Augen geführt, wo die Chancen und die Defizite in der digitalen Ausrichtung der Branche liegen.

„Wir müssen uns alle ernsthaft fragen, welchen (Wein-)Markt wir für die Zukunft wollen“, sagt Pau Roca. Die Strategie der OIV sieht vor, sich Märkten in Aufschwung zu widmen, ihre Mitglieder auf neuen Märkten zu positionieren.

Umdenken in der Weinbranche

Denis Pantini vom italienischen Marktforschungsunternehmen Nomisma, das Verbände und öffentliche Einrichtungen berät, findet, dass die derzeitigen Probleme der Weinbranche teilweise hausgemacht sind. „Die Hersteller kannten bisher ausschließlich hohe Verkaufsraten.“ Gleichzeitig hat die Konkurrenz aus Australien und Neuseeland ihre Hausaufgaben gemacht und auf den Märkten weltweit ihren Vorsprung gegenüber den lokalen Weinen ausgebaut.

Zudem habe die Schließung der Restaurants in den drei Ländern für die Weinbranchen dort herbe Verluste gebracht. Davon seien auch Flaggschiffe wie der Champagner in Frankreich, der Prosecco in Italien und der Cava in Spanien betroffen. In seinem Ausblick für das Jahr 2020 sagt der Unternehmensberater vor allem für kleine Betriebe in der Weinbranche und im Horeca-Bereich schwere Zeiten voraus.

Allerdings, so Pantini, habe die Krise auch ihre positiven Seiten. So habe eine Verlagerung der Märkte ins Digitale stattgefunden, die Menschen haben mehr lokale Produkte konsumiert und das Luxussegment beim Wein habe anteilig am Gesamtvolumen von verkauften Weinerzeugnissen in Europa zulegen können. „Es wurde zwar weniger gekauft, dafür aber umso teurere Tropfen.“

Luxemburg als Weinregion: Klein und kreativ

„Das Jahr war auch schwer für Luxemburg“, sagt Roby Ley, Direktor des Institut Viti-Vinicole in Remich. Insgesamt wurde hierzulande weniger verkauft. Doch im Vergleich zu den großen Produzenten in Frankreich, Spanien und Italien habe Luxemburg seinen Weinmarkt wie folgt aufgeteilt: „Jeweils ein Drittel wird in den großen Handelsketten abgesetzt, ein Drittel geht an Privatkunden und ein Drittel wird im Horeca-Sektor verkauft.“ Selbstverständlich haben die Verkaufszahlen durch die Restaurantschließungen auch in Luxemburg „gelitten“, jedoch konnten die Verluste teilweise durch Verkäufe in den anderen beiden Marktbereichen aufgefangen werden, so Roby Ley.

„Andere Länder hat die Krise härter getroffen als uns, sodass sie jetzt versuchen, ihre nicht verkaufte Ware auf ausländischen Märkten zu platzieren“, sagt Ley. Ein Beispiel für offensive Exporte sei der Champagner aus Frankreich. Er werde gerne bei festlichen Anlässen, aber auch in Nachtclubs getrunken. All diese Feste und Absatzmöglichkeiten hat es  im Pandemie-Jahr nicht gegeben. „Der Druck, die Mengen an Champagner zu verkaufen, ist aber hoch“, sagt der Fachmann. Sodass der Luxemburger Crémant unter Umständen von dieser Entwicklung betroffen sein könnte. „Allerdings haben wir eine ganz andere Konsumstruktur“, beruhigt Roby Ley und schiebt nach: „Wir haben einen höheren Konsum als die Mengen, die wir produzieren.“

Einen gewissen Druck auf dem Markt gegenüber den eigenen Produkten spüre man in Luxemburg schon, erklärt indes Corinne Cox von der „Domaine Kox“ in Remich auf Tageblatt-Nachfrage. Zum Beispiel setzen infolge der Pandemie auch Verbraucher in den USA mehr auf lokale Produkte. Für ausländische Weine bedeutete dies einen Rückgang der Exporte, „besonders die Champagner aus Frankreich mussten enorme Einbußen in Kauf nehmen, während unsere Weine sich wieder erholt haben“, berichtet Kox.

Zeigen, was der Luxemburger Wein kann

Das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher trage dazu bei, dass die Winzer jetzt neue Märkte erschließen müssen, sagt die junge Winzerin. Der Herausforderung hat sich der Familienbetrieb aus Remich bereits gestellt. „Wir wollten auch auf anderen Märkten zeigen, was in unserem Luxemburger Wein steckt, und dass wir mit den Produkten dort durchaus mithalten können“, sagt Corinne Kox. Anders als beispielsweise in Frankreich, wo die heimischen Produkte in der Überzahl seien, sei die Konkurrenz aus dem Ausland auf dem Markt in Luxemburg groß. „Luxemburger Wein stellt hierzulande nur einen kleinen Prozentsatz des Marktangebots dar“, sagt Kox.

Mehr zu Hause zu verkaufen, sei durchaus möglich, erklärt sie, wenn der Verbraucher die Produkte auch annimt. Sie spricht von einer kritischen Haltung der Kunden gegenüber Produkten, die im eigenen Land hergestellt werden. „Der Luxemburger Wein ist nicht mehr da, wo er vor 20, 30 Jahren war“, sagt die Winzerin. Wenn Luxemburgs Weine im Ausland bekannter und dort wertgeschätzter wären, würden sie gleichzeitig von Luxemburger Kunden positiver angenommen, ist Kox überzeugt.

Luxemburger Tropfen erreichen das ferne Kanada

Anders als die Produzenten der großen Weinnationen, die sich über Jahrzehnte ihrer Umsätze und Absatzmärkte sicher waren, mussten sich die Winzer aus Luxemburg immer wieder neuen Entwicklungen anpassen und selbst kreativ werden. „Für uns als kleine Nation ist es schwerer, uns auf ausländischen Märkten zu behaupten, als das für Frankreich oder Italien der Fall ist“, sagt auch Roby Ley.

Welche Chancen für kleine Kellereien aus Luxemburg in den Märkten im Ausland liegen können, beweist die „Domaine Kox“. Ihre Produkte gibt es inzwischen in den USA und in Kanada. Ein Importeur nahm Kontakt mit der kleinen Domaine auf und ebnete ihr so den Weg nach Kanada. „In die USA zu gehen, war Eigeninitiative“, erklärt Corinne Kox.

Die Zukunft des Luxemburger Weins liege ohnehin im Erlangen einer größeren Bekanntheit über die Landesgrenzen hinaus. „Unsere Weinregion muss bekannter werden“, sagt Kox unter Verweis auf vergleichbare Tourismuskampagnen im Ausland, wo ganze Regionen und ihre Kulinarik in den Mittelpunkt gerückt werden. Bekannter zu sein, würde den Luxemburger Winzern noch mehr Türen öffnen. „Ausländische Importeure sind schon an Luxemburger Produkten interessiert, aber wie sollen sie die Kunden von der Qualität unserer Weine überzeugen, wenn diese unsere Weinregion nicht mal kennen?“, fragt Kox. Diese Herausforderung gelte es in Zukunft anzugehen. „Eine staatliche Initiative wäre sicherlich hilfreich, kleine Winzerbetriebe können sich keine Werbespots im Fernsehen leisten“, sagt Kox. Luxemburger Wein aber so im Ausland bekannter zu machen, „würde der gesamten Weinregion weiterhelfen“, ist die junge Mosel-Winzerin überzeugt.

Die Internationale Organisation für Rebe und Wein

„Die OIV ist eine zwischenstaatliche Organisation mit wissenschaftlich-technischer Ausrichtung und anerkannter Zuständigkeit in den Bereichen Rebe, Wein, weinhaltige Getränke, Tafeltrauben, getrocknete Weintrauben und andere Weinbauerzeugnisse. Sie zählt 47 Mitgliedstaaten“, darunter auch Luxemburg. (Quelle: OIV Int/ds)

Nicht zuviel
9. Dezember 2020 - 13.57

@ Grappa Ein kleiner Tipp. Kontrollieren Sie bei ihrem Trinkrythmus regelmässig und in nahen Abständen ihre Leberwerte denn die Leber schmerzt nicht. Ist sie einmal über dann haben Sie noch 3-6 Monate Zeit ihr Testament und sonst alles Notwendige fur Ihre Beerdigung zu organisieren.

Grappa
6. Dezember 2020 - 9.36

Mein Weinkonsum hat sich während der Pandemie verdreifacht. Im Restaurant trinken wir immer eine Flasche,zuhause wenigstens zwei und im Lockdown wird auch schon mal Wochentags ein Fläschchen geöffnet.Also Jungs.Weitermachen.