Die spektakuläre Wende der Regierung

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Jahrelang wies die luxemburgische Regierung die Idee eines Burka-Verbots von der Hand. Am Montag legt Justizminister Félix Braz einen Entwurf vor. Die Geschichte einer politischen Wende.

Am Montag wird der Grünen-Minister Félix Braz vor die Presse treten und einen Gesetzentwurf zum Verbot der Burka und des Nikabs in Luxemburg vorstellen. Die beiden muslimischen Verschleierungen werden in dem Gesetz mit großer Wahrscheinlichkeit nicht direkt angesprochen. Im Titel des Entwurfes ist von einem „Verbot der Verschleierung des Gesichtes“ die Rede. Dass mit dem Gesetz weder Karneval noch Halloween gemeint ist, liegt auf der Hand. Auch deswegen wird im Volksmund und in den Medien der wohl passendere Begriff „Burka-Verbot“ verwendet. Die Pressekonferenz ist ungewöhnlich, weil die jetzige Regierung wie bei keinem anderen Thema eine spektakuläre Wende einlegte. Bis vor einem Jahr sollte es solch ein Gesetz nämlich nie geben.

Die Gespräche über das Thema ziehen sich seit Jahren. 2011 verabschiedeten Frankreich und Belgien als erste europäische Länder Gesetze, die eine Vollverschleierung im öffentlichen Raum verbieten. In Luxemburg entstand in einigen politischen Kreisen erstmals eine ernste Debatte über das Thema. Doch die Regierung wollte nichts davon wissen. Der damalige Justizminister François Biltgen (CSV) sprach von einer Scheindebatte. Es gebe fast keine Burka-Trägerinnen in Luxemburg, da die meisten Muslime aus anderen europäischen Ländern kämen. Auch in deren Herkunftsländern sei die Verschleierung äußerst selten. Schon damals galt, dass Verbote auf kommunaler Ebene beschlossen werden konnten. Die Entscheidung lag beim Gemeinderat.

Zwei Vorstoß-Versuche

Die Diskussionen ebbten ab. Bis vor drei Jahren. Eine französische Muslimin trat vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, weil sie sich vom Gesetz diskriminiert fühlte. Im Sommer 2014 fiel dann das Urteil: Das Gesetz ist rechtens, weil die Verschleierung das Zusammenleben in der Gesellschaft hindere. Die mediale Resonanz der Entscheidung löste Wellen aus, die auch über Luxemburg schwappten. Die rechtskonservative ADR nutzte die Gelegenheit der wieder angefachten Debatte, um einen Gesetzesvorschlag einzureichen. Ohne Erfolg. Der Text wird in einer Schublade verstaut bleiben, obwohl der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser schon damals argumentierte, dass die Gemeinden nicht auf sich alleine gestellt sein sollten.

Im Sommer 2015 erschüttert die Flüchtlingskrise Europa. Millionen Menschen flüchten aus Kriegsgebieten, vor allem aus Syrien und der Türkei, um nach Schutz zu suchen. Nach anfänglich weit verbreiteter Solidarität schlägt die Situation nach nur kurzer Zeit um. In den verschiedenen Ländern entstehen Debatten über die Asylpolitik und über ihre Grenzen. Ein paar Monate später, am 13. November 2015, ereignet sich in Paris das Unvorstellbare: Eine Gruppe von Terroristen begeht mehrere Attentate an verschiedenen Orten in Paris und reißt 130 Menschen in den Tod.

Die CSV vertritt plötzlich, entgegen der Meinung des ehemaligen Ministers Biltgen, eine ganz klare Position: „Keine Burka in Luxemburg“, unterstreicht Parteipräsident Marc Spautz. Wenig später wird ein Gesetzesvorschlag zum Burka-Verbot eingereicht. Mit parlamentarischen Anfragen wird die Regierung zu einer Reaktion gedrungen. Doch die will nichts von einem Verbot wissen. Es werde auch in Zukunft kein Burka-Verbot in Luxemburg geben, so die knappe Antwort von Justizminister Felix Braz („déi gréng“). Seine Regierungskollegen Xavier Bettel (DP) und Dan Kersch (LSAP) pflichten ihm bei. Die Koalition scheint einer Meinung zu sein.

Die Wende

Ein paar Monate später, im April 2016, kommt die Wende. Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) verurteilt die Burka auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Sie passe nicht in unsere laizistische Gesellschaft, so seine Argumentation. In der LSAP herrschten schon davor unterschiedliche Meinungen zum Burka-Verbot. Parteipräsident Claude Haagen sowie der ehemalige sozialistische Minister Robert Goebbels hatten sich schon bei der Debatte im November für ein entsprechendes Gesetz ausgesprochen. Doch dass ein Regierungsmitglied sich so klar gegen den bisherigen Koalitionskonsens ausspricht, war neu. In Medien beharrt er immer wieder auf seiner Position.

Schmit bekommt damals viel Zuspruch von CSV und ADR. Es dauert demnach nicht lange, bis der CSV-Abgeordnete Gilles Roth eine Anfrage an Justizminister Félix Braz richtete. Er wollte wissen, ob sich die Position der Regierung in der Frage geändert habe, und verwies auf die Aussagen von Minister Schmit. Doch Braz winkte ab. Es gebe immer noch keine Notwendigkeit für ein Gesetz. Der Schaden war aber angerichtet. Innerhalb der LSAP wurde diskutiert. Auch bei der DP, die sich normalerweise viel eher als die sozialistische Partei mit öffentlichen Meinungsverschiedenheiten zurückhält, soll es laut einem Artikel des Luxemburger Wort unterschiedliche Positionen zu dem Thema gegeben haben.

Die „jungen Naiven“

Ende Januar kommt schließlich die Gewissheit: Radio 100,7 meldet aus internen Kreisen, dass die Regierung sich auf die Ausarbeitung eines Gesetzes geeinigt habe. Kurz nach der Nachricht wird dieser Entschluss bestätigt. Innenminister Dan Kersch erklärt, dass die Entscheidung nicht einfach gewesen sei. Die Regierung hatte neben weiteren juristischen Meinungen sogar ein Gutachten beim Staatsrat beantragt. Dieser hatte beanstandet, dass die kommunale Gesetzgebung nicht die ideale Lösung sei. Ausgerechnet Justizminister Félix Braz, der sich gemeinsam mit seiner Partei immer wieder gegen ein Burka-Verbot ausgesprochen hatte, wurde nun damit beauftragt, ein Gesetz auszuarbeiten.

Während der Kurswechsel in der Frage offensichtlich war, wiederholte die Regierung immer wieder, dass sie nur dem Gutachten des Staatsrates Rechnung tragen würde. Dass die kommunale Gesetzgebung jahrelang als ausreichend bewertet wurde, galt plötzlich nicht mehr. Aber die Regierungsparteien vertraten wieder eine gemeinsame Linie. Nur hatten sie nicht mit ihren jeweiligen Jugend-Pendants gerechnet. Die jungen Grünen und die jungen Liberalen äußerten sich sehr kritisch über den Entschluss. Die jungen Sozialisten zögerten erst, bevor auch sie Kritik an der Regierung übten.

Arbeitsminister Nicolas Schmit meldete sich wieder über den Kurznachrichtendienst Twitter zu Wort und wandte sich in einer höchst umstrittenen Aussage an die „jungen Naiven“:

Strategische Sommerpause

Die Diskussion beruhigte sich wieder allmählich. Vergangene Woche wurde der Entwurf von Félix Braz schließlich durchgewunken. In ihrer Mitteilung erklärte die Regierung, dass es sich nicht um ein Vollverbot im öffentlichen Raum handeln würde. Die Niederlande verzichteten bei ihrer Gesetzgebung ebenfalls auf ein Vollverbot, sodass das luxemburgische Gesetz möglicherweise von der dortigen Variante inspiriert ist. In den Niederlanden ist die Vollverschleierung lediglich in öffentlichen Gebäuden, wie beispielsweise in Krankenhäusern und Schulen, sowie im öffentlichen Transport untersagt.

Die Regierung hat die Präsentation des Entwurfes wohl nicht umsonst auf die Sommerpause gelegt. Ihr ist bewusst, dass viele Luxemburger, darunter auch viele Politiker, sich gerade im Urlaub im Ausland befinden. Damit könnte sie dem Rummel um eine möglicherweise wieder aufflammende Diskussion entgehen. Dem Vorwurf des Kurswechsels wird sie sich allerdings weiterhin stellen müssen. Egal ob der Entwurf nun ein Vollverbot oder nur ein Teilverbot vorschlagen wird.

 

Emma
6. August 2017 - 19.36

ech mengen ett ass zwar BIL

Rosch
6. August 2017 - 14.35

@Ronald.Et bleiwt NËT um agent municipal ("Pechert") hänken well deen därf sech nëmmen ëm de "rouhende" Verkéier bekëmmeren. (Falschparker) En huet emol nët d'Recht een unzehaalen deen de verkéierte Wee duerch e sens unique kennt. Och därf hie keng kiirperlech Gewalt unzewenden.. Daat kann nëmmen d'Police.

Cinderella
6. August 2017 - 10.15

@ plappermäulchen genau esou ass et . Ech hun éischter Angscht vu Kaputzemännercher wi vun enger Burka daer ech hei nach kenger begéint sinn , a waat mech guer a glaat net stéiert . Firwaat e Gesetz maachen wou hei anscheinend 16 oder 20 Fraen matt enger Burka laafen

Serenissima
5. August 2017 - 11.03

Wei soll een dan dat emstzen, ein Burka geht iwer den Trottoir op der Stross do kan se voll verschleiert sinn awer klemmt se dan an en Autobus muss sie dann Gesicht frei machen....mei blöd geht et dach net meih, wei soll dat dann durchgefoert ginn? muss de Buschauffeur daat froen ...a wann Fra net well...se auss dem Bus geheien oder d' Polizei rufen.. daat ass en Glanzleichtung vum grengen Minister Braz......._

plappermäulchen
5. August 2017 - 0.44

Burka, ech kann et net méi héieren ... Gidd emol eng Kéier owes duerch d'Ulzecht-Strooss zu Esch spazéieren, do kommen der ganz Gruppen entgéint, déi am Däischteren Kapuzen unhun, Vollbart an .... jiddereen deen schon mol do war, weess dat ..... mat Sonnebrëll, obwuel dat méi wéi onnéideg as ... Dene Leit geet een ganz schnell aus dem Wee ... wat as dogéint eng Fra mat Burka .... ech hun nach keng gesinn, an schon guer net owes a Gruppen ....

Koneczny
4. August 2017 - 21.24

Ass jo kloer dass d'Gesetz elo eischt kënnt... de Quatar huet ( oder wëll nach ëmmer ) d'BGL verkaafen. dann kommen och keng NIQUAB'en méi an de Cactus....

Lucas
4. August 2017 - 20.24

Et feelt op der ganzer Linn um kloere Message un d'Moslemen. Wa vun europäesche Wäerter Rieds geet, da weess kee genau, wat gemengt ass. Am Duerchernee mécht da jiddereen, wéi hien et rechtlech fir gutt hält oder wéi laang seng Haltung toleréiert gëtt. De Message, keng Burka, dierft an där Hisiicht en duerchaus däitleche sinn. Vläicht hunn och mëttlerweil eis Politiker den Islam studéiert, a si gewuer ginn, datt et eng politesch Relioun ass. Schonn eis (di allgemeng) Mënscherechter gi vun deene vun der Kairoer Konventioun, de moslemeschen also, an de Schied gestallt. Sinn dat och vläicht Peanuts? Banalitéiten, net der Méi wäert, ernimmt ze ginn? Wat fir e Wee, wat fir eng Richtung kéint een da gemeinsam aschloen, wann d'Schëlder ëmmer nees an di entgéint gesat Richtung hiweisen? Dat géing am Stroosseverkéier séier zum Chaos féieren. An an der Gesellschaft?

c.kremer
4. August 2017 - 20.01

Munnechmol méi déif! ;-) wann d'Vue interessant ass.

Drachenzwerg
4. August 2017 - 17.50

Ech sin fir de Verbued vun -- Sonnenbreller-- ! ;) Wann ech mat engem Schwätzen well , dann well ech ritt an Aen Kucken ;) oder kuckt dir dann op den Mondt ??? :)

zeyen jacques
4. August 2017 - 17.33

Wann de Rosch am Resto fëmmt,dann zeigen ech en bei der Police unn well ëtt e Gesetz dogéint gëtt. Wann ech matt engem Duch iwwer dem Kapp op d'Bank kommen,dann drécken déi op den Alarm. A wann ech engem Polizist begéinen an ech hunn en Duch iwwer de Kapp,da fuerdert dee mech opp dat auszedoen well e soss meng Identitéit net kann feststellen. A wann eng Muslema sech hei diskriminéiert fillt, kann se jo op Mekka wunne goen. Do sinn déer nach méi. Déi perséinlech Fräiheet hällt do op,wou deem aneren seng ufänkt.

ronald
4. August 2017 - 16.37

Alibi-Gesetz fir sëch d'office keng Stëmmen ze "versch..en". An wann et gestëmmt ass dann bleiwt et um Agent Municipal haenken fir et unzewenden !

Rosch
4. August 2017 - 16.25

Ale nees warem Loft. E Gesetz fir an den ënneschten Tirang, wann do iwerhaapt nach Plaatz as.Wie kontrolléiert ob Hënn an der Léngt sin, wie kontrolléiert ob keen Dreck op de Buedem gehäit gët, wue kontrolléiert d'Fëmmverbuet ? KEEN !!