Die Not kurz vergessen – Man to Human Asbl. überreicht bedürftigen Kindern Sportartikel

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Die Weltmeisterschaft in Russland ist vorbei und Frankreich hat seinen zweiten Stern bekommen. Kurz vor dem großen Fußballereignis ist eine Luxemburger Hilfsorganisation nach Russland gereist, um Kinder mit gespendeten Fußbällen, Trikots und Sportschuhen zu erfreuen.

Olivier Ferber ist Mitbegründer der Man to Human Asbl.

Die Man to Human Asbl. mit Sitz in Belval war vor der WM in Sankt Petersburg und hat Fußballmaterial an über 15.800 arme Kinder verteilt. „Ende Mai waren 13 von uns in Russland und haben das Projekt innerhalb von acht Tagen auf die Beine gestellt“, erzählt Olivier Ferber, Gründungsmitglied der Man to Human Asbl., die heute in etwa 45 ehrenamtliche Mitglieder zählt. Die Reisekosten müssen die Mitglieder selbst tragen. Die FLF und 64 Fußballvereine haben das Material gespendet. Zusätzlich dazu haben 45 Optiker aus ganz Luxemburg der Hilfsorganisation Brillen mitgegeben, die an 8.500 ältere Menschen verteilt worden sind.

Der gemeinnützige Verein ist seit 2013 aktiv. Ziel ist es, etwas zur Umsetzung von humanitären Maßnahmen in Europa und Afrika beizutragen. Er setzt sich auch für Präventionsmaßnahmen zu Themen wie AIDS und Drogenmissbrauch ein.
Letztes Jahr im Juni wurde das Projekt „Russland“ präsentiert. Anschließend gab es genug Zeit, um das notwendige Material zu sammeln. Dieses stammt sowohl von den Vereinen als auch von Familien von Fußballspielern, wenn Kinder etwa aus ihren Trikots herausgewachsen sind. Die Mitglieder der Asbl. holten die Sachen anschließend ab und lagerten sie zwischen. Vor den Projekten stelle das zeitaufwendige Sortieren nach Größe die Hauptarbeit dar, erzählt der 31-Jährige.

Fußballbegeistert

Bevor die ehrenamtlichen Helfer nach Russland gereist sind, haben sie Kontakte vor Ort hergestellt. Dabei waren sie sich des Risikos bewusst, dass auch ein schwarzes Schaf dabei sein kann. Deswegen setzen sie sich mit mehr Menschen in Verbindung als eigentlich nötig. Vor Ort verteilten sie die Spenden persönlich, auch um eine Kontrolle darüber zu haben, wo die Sachen landen. In Russland waren sie nicht nur in Sankt Petersburg, sondern in einer Umgebung von 250 Kilometern unterwegs, bis nach Luga, Siverskaja und Gattschina. Außerhalb der Fünf-Millionen-Einwohner-Stadt werde die Armut sichtbar, so Ferber.

Vor Ort waren die Helfer in Heimen für Kinder und in solchen für Minderjährige mit psychischen Problemen. Zwei Erzieher sind für 40 bis 60 Kinder zuständig. „Die Situation ist wirklich katastrophal, die Kinder kennen einfach keine Erziehung.“ Die Betreuer seien überfordert und hätten nicht viel Zeit für den Einzelnen. Psychologen würden nur einmal die Woche nach den Kleinen sehen. Es sei nicht mit einer ärztlichen Behandlung in Luxemburg zu vergleichen. „Die Kinder haben ein sehr schlechtes Leben. Die zwei, drei Stunden, in denen sie Sport machen, sind die einzigen Momente, in denen sie ihre Not mal vergessen können.“ Sie hatten ebenfalls Kontakt zu Streetworkern, durch die sie Zugang zu Familien bekommen haben. Zwei, drei Familien lebten dort zusammen in Wohnungen von 30 bis 60 Quadratmetern.

So kurz vor der WM war die Stimmung vor Ort sehr gut. Russland sei vielleicht kein bekanntes Fußballland, doch die Bewohner spielen es trotzdem sehr gerne. „Was mir aufgefallen ist, ist, dass im russischen Fernsehen sehr viel dazu gezeigt wurde, wie negativ die europäischen und amerikanischen Medien über Russland und die WM berichtet haben.“ Verständigungsprobleme gab es eigentlich nicht. Mit vielen Russen konnte sich die NGO auf Deutsch verständigen, andere beherrschten etwas Englisch. „Aber mit den Händen kann man eigentlich immer reden.“ Vor Ort wurden sie auch von Einheimischen unterstützt, die sowohl Russisch als auch Deutsch konnten.

Die Hilfsorganisation versuchte, den Kindern neben den materiellen Dingen die Luxemburger Kultur näherzubringen. „Wir haben auf einer großen Weltkarte gezeigt, wo Luxemburg liegt und wie viele Einwohner wir haben.“ Die Kinder seien erstaunt über die Einwohnerzahl von 600.000 gewesen und hätten gedacht, dass ein Übersetzungsfehler vorliege.

Gefährliche Situationen

Die Gründungsmitglieder von Man to Human sind alle selbst sehr sportbegeistert und als Spieler oder Trainer aktiv. Deswegen war es naheliegend, auch im ehrenamtlichen Bereich sportlich aktiv zu werden. „In Luxemburg hat sonst niemand etwas in diese Richtung gemacht und wir wollten keinem etwas wegnehmen.“ Sie würden oft gefragt, ob sie nicht auch Alltagskleidung mitnehmen könnten, doch in solchen Fällen verweisen sie auf andere Hilfsorganisationen.

Vor fünf Jahren wurde die Organisation von 25 Vereinen unterstützt. Mittlerweile sind es 64 und es kommt immer so viel Material zusammen, dass sie solch ein großes Projekt daraus machen könnte. „Alle Projekte, die weniger als 1.500 Kinder betreffen, werden zu kostenintensiv.“ Zusätzlich wird die Asbl. von 46 Optikern unterstützt.

In Ländern mit einer hohen Kriminalitätsrate kann es zu gefährlichen Situationen kommen. „Wir haben eigentlich die Regel, dass wir nur bis abends, sobald es dunkel wird, tätig sind, um gefährliche Situationen zu vermeiden.“ Doch gerade am letzten Tag eines Projekts sei dies immer schwierig. Wollen die Helfer dann noch etwas erledigen, dann komme es schon mal vor, dass sie bis in die Dunkelheit hinein aktiv sein müssten.

„Unser erstes Projekt führte nach Kapstadt, wir hatten natürlich noch nicht viel Erfahrung.“ Damals ist etwa 100 Meter entfernt ein Mann umgebracht worden. Er ist bei einem Streit mit einem Messer oder mit einer Flasche erstochen worden. „Da habe ich meine erste Leiche gesehen und hoffentlich auch meine letzte. Aber in dem Moment hat unser Team gelernt, dass es gefährlich werden kann, wenn die Regel nicht eingehalten wird und man nicht vor Einbruch der Dunkelheit ins Hotel zurückkehrt.“

Die nächste Reise ist bereits geplant. Im Herbst geht es nach Havanna. Für dieses Projekt arbeitet die Hilfsorganisation mit Handball-, Volleyball- und Basketballvereinen sowie der jeweiligen Föderation und dem Olympischen Komitee zusammen.