Die neuen Missionen des Försters 2.0: Wie sich der Beruf verändert hat

Die neuen Missionen des Försters 2.0: Wie sich der Beruf verändert hat

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In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Berufsbild des Försters in Luxemburg grundlegend verändert. Erkennbar ist dies nicht nur daran, dass Frauen Einzug in den einstigen Männerberuf gehalten haben. Früher war der Militärdienst Grundvoraussetzung für den Zugang zum Försterberuf, heute müssen angehende Kandidaten technisches und naturwissenschaftliches Wissen mitbringen. Im Vordergrund des „Försters 2.0“ stehen neue Missionen im Natur- und Umweltschutz sowie bevorstehende Herausforderungen.

Von André Feller

Im Rahmen der Jahreshauptversammlung der „Association des forestiers luxembourgeois“ (AFL) hat sich das Tageblatt mit dem Vorsitzenden Serge Hermes über das Berufsbild, die Missionen und die Alltagsprobleme im Beruf des Försters unterhalten.

Tageblatt: Als Berufsvereinigung vertritt man in der Regel die Interessen einer bestimmten Berufsgruppe, wobei man auch eine gewerkschaftliche Rolle spielt. Trifft das auch auf Ihre Vereinigung zu?

Serge Hermes: Wir setzen uns natürlich auch für die Belange der Förster ein – ich denke da an die Themen Personalmangel sowie zunehmende Überstunden und Verwaltungsarbeit. Vielmehr sehen wir uns allerdings in unserer Funktion als Berufsvereinigung und Förster als Bindeglied zwischen dem Umweltministerium, der Naturverwaltung, den Gemeinden, den Bürgern sowie der Natur und der Umwelt. Die Grundausbildung in naturwissenschaftlichen Fächern hilft uns dabei, die unterschiedlichen Aspekte von Fauna, Flora, Lebensräumen sowie von Ressourcen und Gesellschaft als globales Bild zu betrachten.

Welches Wissen müssen junge Försteranwärter heute vorweisen?

Vor rund 15 Jahren wurde die Ausbildung zum „technicien de l’environnement“ in der Ackerbauschule in Ettelbrück zur Pflicht. Auf unsere Forderung hin können sich heute zudem junge Menschen mit einem Abitur in „Sciences naturelles“ bzw. in der Sektion C bei uns bewerben. Die Erweiterung auf die drei verschiedenen Ausbildungszweige erlaubt es uns, Kandidaten mit sehr unterschiedlichen Kompetenzen zu rekrutieren.

Obwohl die Verwaltung aufgrund der Ausbildungskriterien auf mehr Zulauf hoffen kann, besteht ein Personalmangel. Woher kommt das?

In den kommenden Jahren werden viele Förster in den Ruhestand treten. Die zehn angehenden Förster, die derzeit ihr Praktikum absolvieren, reichen bei weitem nicht aus. „Et kënnen nëmmen ee puer Lächer gestoppt ginn“, Überstunden kann man so nicht abbauen. Zu den neuen Aufgaben des Försters – und es kommen regelmäßig welche hinzu – gehören vor allem administrative Arbeiten. Für unsere Präsenz im Wald und in der Natur bleibt immer weniger Zeit. Daher gilt unsere eindringliche Forderung an die Politik, die Postenanzahl der Förster zu erhöhen, an potenziellen Kandidaten mangelt es nicht.

Wieso müssen Sie denn mittlerweile mehr Arbeit im Büro erledigen?

Mitunter aufgrund immer komplexerer Genehmigungsverfahren, strategischer Umweltprüfungen oder Kompensierungsmaßnahmen bei Bauvorhaben. Unsere Schreibtischarbeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf diese Aufgaben. Wir sind, wie zuvor schon, für die naturnahe Waldwirtschaft zuständig, aber auch für die Naturschutz- und Landschaftspflege, die Sensibilisierung und die Betriebsführung sowie Personalverwaltung in den jeweiligen Revieren. Diese Aufgabengebiete sind heutzutage im Vorfeld ihrer Umsetzung mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden, sprich Planung, Finanzverwaltung, Ausführung und Kontrolle.

Lassen sich die neuen Aufgabengebiete reibungslos in Ihrem Job umsetzen?

Als globale Denker versuchen wir, unsere Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dennoch haben wir klare Forderungen an die zuständigen Minister und Ämter. Neue Gesetze sind in Kraft, allerdings fehlen in vielen Punkten die Verordnungen. Zudem fordern wir eine umfassende und vor allem juristische Weiterbildung für alle Förster. In Sachen Tierschutzgesetz warten wir bisher vergebens darauf, dass das Landwirtschaftsministerium dieser Forderung nachkommt. Durch das neue Tierschutzgesetz wurde uns, so wie schon im Naturschutzgesetz, die Kompetenz des „officier de police judiciaire“ erteilt, jedoch unter der Bedingung einer Absolvierung der im Gesetz vorgeschriebenen Weiterbildung. Die Umsetzung der Missionen im Einklang mit allen Gesetzen und Vorschriften ist eine große alltägliche Herausforderung. Deshalb begrüßen wir eine interne Evaluation unserer Verwaltung auf Grundlage eines zuvor durchzuführenden Audits – so, wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist.

Spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle in Ihrem Arbeitsalltag?

Bisher leider nicht genug. Wir fordern seit Jahren einen Umstieg vom Papier zur IT. Für uns wäre der Einsatz von Tablets, Toughbook und GPS im Sinne einer schnelleren und effizienteren Bearbeitung der Akten von Bedeutung. Die Verwaltungsarbeit des Försters ist an Besichtigungen vor Ort – sprich in der Natur, in Wäldern oder in der Landschaft – gebunden, wobei wir jede Menge an Daten erfassen und bearbeiten. Die Tatsache, dass wir keinen Zugriff auf die Besitzverhältnisse von Parzellen haben, erschwert unsere alltägliche Arbeit. Zudem bedarf auch das Internetangebot der Naturverwaltung einer umfassenden Überarbeitung. Kommunikation ist das A und O in unserem Beruf, auch was jene mit den Bürgern, den Landwirten und den Gemeinden angeht.

Als Förster unterliegt Ihnen heutzutage die Sensibilisierungsarbeit. Welche Punkte umfassen die Sensibilisierungen und was sind die Zielgruppen?

Zielgruppen sind Grundschulkinder, Schüler und Erwachsene. Anhand von Vorträgen und vor allem von naturpädagogischen Aktivitäten lassen wir die Kinder und Schüler den Wald und die Natur aktiv erleben und somit verstehen. Unsere Beratung, Information und Sensibilisierung in Sachen Umwelt- und Naturschutz richtet sich an die Gemeinden und Bürger. Im Mittelpunkt der Sensibilisierungsarbeit stehen Natur- und Umweltschutz sowie die Artenvielfalt.

Welche Rolle spielt der Wald als sogenannter „Holzlieferant“?

Der Wald spielt als „Holzlieferant“ eine wichtige Rolle, dennoch dürfen wir ihn nicht auf seinen wirtschaftlichen Faktor reduzieren. Vielmehr bedarf es einer nachhaltigen Waldwirtschaft unter Einbeziehung der Interessen von Mensch, Fauna, Flora und Wirtschaft. Dazu zählt auch etwa die Jagd oder das Ergreifen von Maßnahmen im Falle einer Verbreitung von Seuchen in Fauna und Flora. Als Beispiel könnte man nichtheimische invasive Tier- oder Pflanzenarten nennen, oder etwa das Vordringen des Borkenkäfers in den Wäldern. Beim Ergreifen bestimmter Maßnahmen erklären wir allen Akteuren und Interessenten die naturwissenschaftlichen Aspekte und somit die Bedeutung eines bestimmten Eingriffs.

Gerade um das Thema Jagd oder Seuchen betreibt die breite Öffentlichkeit gerne viel Polemik. Ich denke da an Jagdgegner und -befürworter, aber auch an die Landwirte, die an den Folgen von Wildschäden leiden. Wie gehen die Förster hiermit um?

Wir führen weder eine politische noch eine polemische Diskussion. Wir berufen uns auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse aus dem In- und Ausland sowie auf bestehende Gesetzestexte und betreiben als Bindeglied zwischen Verwaltung und Betroffenen eine wissenschaftlich fundierte Aufklärungsarbeit.

Sensibilisierungsarbeit und Umweltbildung scheinen überaus wichtig für den Beruf des Försters zu sein. Warum bedeutet Ihnen diese Arbeit so viel?

Wir sehen tagtäglich die Auswirkungen des menschlichen Einflusses auf unsere Natur. Ich bin der Auffassung, dass jeder Einzelne in einem globalen Konzept seine Verantwortung tragen muss. Wir sitzen alle im gleichen Boot und müssen unser individuelles Handeln in einen globalen Kontext setzen und hinterfragen. Es geht uns vor allem darum, Kompetenzen zu vermitteln, die ein verantwortungsbewusstes Handeln in der Umwelt fördern, und somit auch darum, unsere natürliche Mitwelt und Gesellschaft zukunftsfähig, nachhaltig mitzugestalten.

de bouferpapp
21. Mai 2019 - 19.31

Ginn dann iwwerhaapt nach Fierschter? Ech duecht, dee Beruff wier ausgestuerwen. Sou kann ee sech emol ieren!

de Schéifermisch
17. Mai 2019 - 20.02

Ein Mehr an Bürokratie , am Computer, anstatt vor Ort. Gehe täglich im Wald spazieren, bin dem Forster in den letzten Jahren kaum begegnet. Dementsprechend sieht es denn auch im Forst aus. Früher war das anders.