IndustriekulturDie Hanomag-Dampflok erstrahlt in neuem Glanz: Umzug am 10. September

Industriekultur / Die Hanomag-Dampflok erstrahlt in neuem Glanz: Umzug am 10. September
Stolz auf die geleistete Arbeit (v.l.n.r.): Filipe Da Cruz Nascimento, Adelio Gomes Moreira und Willian Lopes Monteiro vor der Hanomag. Nach gut einem Jahr Restaurierung wird die Dampflokomotive am 10. September wieder an ihren ursprünglichen Standort am „Schlassgoart“ zurückkehren.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Im April 2021 waren die drei Zeugen der Industriekultur mit einem spektakulären Schwertransport durch Esch in die Hangars der rue de Belval gebracht worden. Seitdem werden sie restauriert. Die Hanomag-Dampflok ist nun fertig und wird am 10. September an ihren ursprünglichen Standort zurückkehren. 

„Ein Auto repariert man jeden Tag, eine Lokomotive allerdings nicht“, sagt Filipe Da Cruz Nascimento, „meine Leute sind demnach ziemlich stolz auf ihre Arbeit.“ Nascimento ist der Chef im Hangar. Auch für ihn ist der Job eine Herausforderung. „Das Arbeiten mit Blech war schon immer meine Leidenschaft. Ich habe in der Karosserie gearbeitet und als Schlosser, allerdings nie an Lokomotiven“, sagt er. Nascimento musste sich erst einmal in die Spezifität der Zugmaschinen einarbeiten. Immerhin war von Anfang an klar, dass die Hanomag-Dampflok nicht fahrbar gemacht werden müsste (das Tageblatt berichtete). Das hätte nur eine spezialisierte Firma aus Deutschland übernehmen können. Kostenpunkt: 500.000 Euro. So aber bleibt das Budget für die Restaurierung der Industriedenkmäler mit 170.000 Euro im Rahmen.

Neben der Hanomag, die am „Schlassgoart“ stand, wird in den nächsten zwei Jahren noch die AEG-Elektrolok (place de l’Exposition), der Schlackenwagen ADU 20 mit seinem Humpen (rue de Luxembourg, beim Friedhof) und ein Buggi (CIPA „Op der Léier“) instand gesetzt. Die Restaurierung wird in Zusammenarbeit mit der Beschäftigungsinitiative ProActif ausgeführt. Nascimento leitet das Team. Er hat Erfahrungen im sozialen Bereich und soll seinen Leuten helfen, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Bekommen sie die Chance auf eine Festanstellung, dann verlassen sie seine Mannschaft. Nicht leicht für die Arbeiter, die das Projekt gerne bis zum Schluss begleitet hätten. Und auch nicht leicht für ihn, denn lediglich einer der vierköpfigen Mannschaft war von Anfang an dabei und hat ein wenig Erfahrung aufzuweisen. Die Anforderungen sind recht hoch. „Meine Jungs üben sich hier im Grunde genommen in gleich drei Berufen. Sie arbeiten an der Mechanik, am Blech und sind Anstreicher“, so Nascimento.    

Die fertig restaurierte Hanomag-Dampflok wird am 10. September an ihren Standort an der Luxemburger Straße zurückgebracht
Die fertig restaurierte Hanomag-Dampflok wird am 10. September an ihren Standort an der Luxemburger Straße zurückgebracht Foto: Editpress/Julien Garroy
So sah die Hanomag im April 2021 aus
So sah die Hanomag im April 2021 aus Foto: Editpress/Claude Lenert

Eine Herausforderung ist die Arbeit allemal, müssen die Lokomotiven doch in ihre Bestandteile zerlegt werden. Nicht einfach bei Schrauben, die seit über 100 Jahre festsitzen und der Witterung ausgesetzt waren. Jahrzehntelang stand die Hanomag als Relikt der industriellen Vergangenheit gegenüber dem „Schlassgoart“ an der Luxemburger Straße und diente zeitweise sogar einem Obdachlosen als Schlafplatz. Ansonsten aber rostete sie vor sich hin. 1911 wurde die Dampflokomotive des Herstellers Hanomag aus Hannover (D) für den „Aachener Hüttenverein“ als Schmalspurlok gebaut. Sie fuhr unter den Arbed-Kennzeichnungsnummern AEB 21 und AEB 18 und ist heute die einzige in Luxemburg noch erhaltene Lokomotive dieses Typs. Ihr Gewicht wird auf 36 Tonnen geschätzt. 

Originalgetreu

Nascimento und seine Leute hatten die Vorgabe, sie so gut es geht in ihren Originalzustand zu versetzen. Was nicht einfach war, denn die Lokomotive war noch in Betriebszeiten bei der Arbed umgebaut worden und ist bereits restauriert worden, wobei hauptsächlich geschweißt wurde. 1911 allerdings wurde in erster Linie genietet. Zudem war kein Originalfoto der Luxemburger Lok aufzutreiben. Beim Auseinandernehmen gab es so manche Überraschung. Der Boden war faul, das Blech des Kessels und die Karosserie mussten komplett neu aufgebaut werden. Auch stellten die Arbeiter fest, dass die Lokomotive einen größeren Unfall gehabt hatte, ist ihre rechte Seite doch um fast vier Zentimeter verzogen. 

Mit bloßem Auge ist das an der fertig restaurierten Lok kaum zu erkennen. Auch dass die Kupplung nicht mehr das Original ist, merken nur Experten. Die ursprüngliche amerikanische Kupplung gibt es nirgends mehr, präzisiert Filipe Nascimento. Auch wurden leichte Änderungen an den Klappen vorgenommen. Die lassen sich nun nicht mehr öffnen, sondern sind vernietet, um die Lok in Zukunft vor Vandalismus zu schützen. Zudem wurden kleinere Klappen für Wartungsarbeiten im Innenraum eingebaut. Die Türen wurden in den Originalzustand versetzt, werden aber geschlossen bleiben, sodass man zwar ins Innere hereinschauen, es aber nicht betreten kann. Neu ist das Hanomag-Schild mit der Fertigungsnummer, das aus der Sammlung des früheren Metzgermeisters Eric Morheng stammt.  

Der Umzug an den vorherigen Standort wird am 10. September erfolgen. Zwar nicht per Spezialtransport wie im April 2021, spektakulär verspricht es aber dennoch zu werden. Dann steht die Hanomag wieder am Schlassgoart, jedoch soll sie auf lange Sicht ihr Zuhause im neuen Stadtviertel „Rout Lëns“ bekommen, während die E-Lokomotive und der Schlackenwagen zusammen an der place de l’Exposition stehen sollen, wie der zuständige Schöffe André Zwally (CSV) bestätigt. „Auch soll die Hanomag zum Schutz eine Art Überdachung erhalten“, kündigt Zwally an. Das allerdings erst in einer zweiten Phase, zunächst einmal wird eine dezente Beleuchtung installiert, um sie ins rechte Licht zu rücken. Zudem soll eine Tafel mit QR-Code über die Geschichte der Dampflokomotive aus dem Jahr 1911 aufklären.