EuropaDeutschland und die EU-Kommission legen Streit um Verbrenner-Aus bei

Europa / Deutschland und die EU-Kommission legen Streit um Verbrenner-Aus bei
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Der Streit um das Verbrenner-Aus zwischen der EU-Kommission und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist beigelegt. Bundesregierung und Kommission verständigten sich über die künftige Zulassung von mit E-Fuels betankten Autos, wie Wissing und EU-Umweltkommissar Frans Timmermans am Samstag unabhängig voneinander mitteilten. Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft kündigte daraufhin an, die Neuregelung zu den Verbrennern solle nun am Dienstag im EU-Energieministerrat besiegelt werden.

„Wir haben eine Verständigung mit Deutschland über die künftige Nutzung von E-Fuels in Autos erzielt“, schrieb Timmermans am Morgen im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Arbeiten über die geplante Regulierung des CO2-Ausstoßes von Autos sollten nun „so schnell wie möglich“ abgeschlossen werden, kündigte der Kommissions-Vizepräsident an. Im Anschluss werde die EU-Kommission die notwendigen rechtlichen Schritte zu den E-Fuels einleiten.

„In sehr detaillierten und konstruktiven Verhandlungen ist es uns gelungen, im Rahmen der Regulierung zu den Flottengrenzwerten das Element der Technologieneutralität sicherzustellen“, erklärte Wissing in Berlin. „Damit ist der Weg frei, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können.“

Zukunft E-Mobilität?

Hierzu seien „konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert“ worden, erklärte Wissing weiter. Dies solle bis Herbst 2024 abgeschlossen werden. Die FDP hatte wegen der E-Fuels das ab 2035 geplante EU-weite Verbot für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren blockiert.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) begrüßte, „dass diese Hängepartie ein Ende hat“. „Die Automobilindustrie hat nun Klarheit für die Umstellung auf Elektromobilität“, erklärte sie in Berlin. E-Fuels könnten eine wichtige Rolle in Bereichen spielen, „die nicht ohne Weiteres auf effiziente Elektromotoren umstellen können“.

„Es ist gut, dass das Hin und Her ein Ende hat und Deutschland endlich dem europaweiten Aus des fossilen Verbrenners zustimmen wird“, erklärte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katharina Dröge, in Berlin. Sie forderte nun einen „Turbo für E-Mobilität“. Auch SPD-Fraktionsvize Detlef Müller betonte in der Welt am Sonntag, die Zukunft liege „im batterieelektrischen Antrieb“.

Fauler Kompromiss …

Aus dem EU-Parlament, das bereits im Februar grünes Licht für das Verbrennerverbot gegeben hatte, kam deutlich schärfere Kritik. „Inhaltlich werden wir sehr genau prüfen, was die Kommission auf den Tisch legt“, sagte der Grünen-Klimaexperte Michael Bloss dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei aber gut, dass nun das EU-Klimapaket insgesamt nicht länger blockiert werde und „die EU wieder arbeitsfähig wird“.

Die französische Grünen-Abgeordnete Karima Delli erklärte, die Einigung löse in ihr „große Wut“ aus. Die Kommission sei vor Deutschland „eingeknickt“, das Parlament müsse die Verabschiedung des Verbrenner-Verbots in dieser Form nun blockieren. Von einem „Desaster“ sprach der deutsche Sozialdemokrat René Repasi.

Greenpeace-Mobilitätsexperte Benjamin Stephan sprach von einem „faulen Kompromiss“. Dieser „untergräbt Klimaschutz im Verkehr und er schadet Europa“, erklärte er in Berlin. Die notwendige Ausrichtung auf E-Mobillität werde durch die „rücksichtslose Erpressung“ der FDP verwässert.

… oder enormes Potenzial?

Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten hatten sich im Oktober geeinigt, dass von 2035 an keine Pkws und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrenner-Motor mehr neu zugelassen werden dürfen. Deutschland bremste den Beschluss auf Druck der FDP jedoch in letzter Minute aus, was bei EU-Partnern für Empörung sorgte.

E-Fuels gelten bisher als teuer und ineffizient. Wissing sieht in den synthetischen Treibstoffen, die im besten Fall klimaneutral sein sollen, gleichwohl künftig ein „enormes Potenzial“, wie er in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Samstag bekräftigte.

Bei vielen Autoherstellern werden den E-Fuels dagegen keine großen Chancen eingeräumt. VW-Chef Oliver Blume plädierte in der Süddeutschen Zeitung zwar für eine Offenheit für E-Fuels, sprach aber lediglich von einer Option „für Nischenanwendungen“.