DiversitätDer Weltraum braucht mehr Frauen

Diversität / Der Weltraum braucht mehr Frauen
Abigail Calzada Diaz arbeitet seit Jahren in der Weltraumbranche in Luxemburg Foto: Editpress/Tania Feller

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In der Weltraumbranche braucht es die Erfahrung von Frauen, sagt Abigail Calzada Diaz. Die Planetenforscherin wirbt dafür, dass mehr Mädchen und junge Frauen denselben Weg einschlagen wie sie.

Seit dem 4. und noch bis zum 10. Oktober werden anlässlich der World Space Week die Menschen aus Wissenschaft und Technik gefeiert, die mit ihrer Arbeit zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen beitragen. Dieses Jahr ist die Woche den Frauen in der Weltraumbranche gewidmet, um darauf hinzuweisen, dass diese Branche immer noch sehr stark von Männern dominiert wird und dass es an Geschlechterdiversität fehlt. Nur rund ein Fünftel der Menschen auf diesem Gebiet sind Frauen.

Eine von ihnen ist die Wissenschaftlerin Abigail Calzada Diaz. Die Planetenforscherin ist seit Jahren in der Weltraumbranche in Luxemburg tätig und hat u.a. daran mitgearbeitet, Rover zum Mond zu bringen, indem sie potenzielle Landezonen analysiert hat. Gleichzeitig war sie für die ESA und NASA aktiv. Heute forscht sie am Europäischen Innovationszentrum für Weltraumressourcen (Esric) auf Belval. Sie wirbt dafür, dass mehr junge Frauen ihr auf ihrem Weg folgen und sich für ein MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) begeistern.

Mehr Perspektiven

Warum ist es so wichtig, dass mehr Frauen in der Weltraumbranche arbeiten? Diversität sorgt dafür, dass wir ein Interessengebiet aus mehr Perspektiven beleuchten können, erklärt Calzada Diaz. „Jeder Mensch macht andere Erfahrungen, und die Erfahrungen von Frauen unterscheiden sich stark von denen der Männer.“ Nicht nur in den MINT-Feldern sei es unglaublich wichtig, viele unterschiedliche Perspektiven zu vereinen, um eine komplette Sicht der Dinge zu erhalten. „Wir müssen die Erfahrungen von Frauen, von Minderheiten und von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen mit einbeziehen.“

Wie können nun Frauen für diese Fächer gewonnen werden? Eine wichtige Rolle dabei spielen Vorbilder. In der Wissenschaft, in der Technik und in der Geschäftswelt gebe es starke Frauen, unterstreicht Calzada Diaz, die wir aber oft nicht sähen. „Es ist aber wichtig, dass Mädchen und Schülerinnen diese Vorbilder haben – dass sie diese Frauen sehen und ihnen nacheifern wollen. Wir müssen Mädchen und jungen Frauen zeigen, dass sie genauso dazu in der Lage sind, Wissenschaft, Mathematik und Technologie zu betreiben wie Männer und jeder andere“, so die Wissenschaftlerin.

Doch mit Vorbildern und gutem Willen alleine ist es nicht getan. Auch politische Entscheider sind gefordert, so Calzada Diaz. „Für Frauen ist es in einigen Jobs komplizierter, in bestimmten Lebensabschnitten. Etwa, wenn es darum geht, eine Schwangerschaft oder kleine Kinder mit der Arbeit zu vereinbaren. Deshalb braucht es Maßnahmen, die Frauen in diesem Lebensabschnitt unterstützen. Aber nicht nur Frauen, auch Väter müssen dabei unterstützt werden.“

Pause rächt sich

Besonders in der Wissenschaft mit ihren Besonderheiten spiele das eine gehörige Rolle. „Wir werden daran gemessen, wie viele wissenschaftliche Arbeiten wir veröffentlichen“, erklärt Calzada Diaz. Ein Umstand, den viele Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen seit Jahren beklagen. „Wenn wir eine Weile nichts veröffentlichen, um uns um kleine Kinder oder auch kranke Eltern zu kümmern, sieht das schlecht aus.“ Studien hätten gezeigt, dass Frauen hiervon mehr betroffen sind als Männer. „Idealerweise bräuchten wir eine neue Art und Weise, wie unsere Arbeit bewertet wird“, so die Forscherin. Danach sieht es momentan aber nicht aus. Andere Lösungen müssen her. „In einigen Ländern gibt es Programme, die Wissenschaftlerinnen, die ihre Forschungstätigkeit für eine Zeit unterbrochen haben, beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützen.“ Im Vereinigten Königreich etwa wurden solche Programme von Non-Profit-Organisationen geschaffen. Die Wissenschaftlerin glaubt allerdings, dass sie auch von Regierungen aufgelegt werden sollten.

Wie sieht denn eine perfekte Welt aus? „Idealerweise sollte ein akademisches Feld die Zusammensetzung der Gesellschaft widerspiegeln – nicht nur in der Weltraumbranche. Gibt es in einer Gesellschaft einen gewissen Anteil an Frauen, nicht weißen Menschen oder Menschen mit einem gewissen sozialen Hintergrund, sollte die akademische Welt das reflektieren.“

Idealerweise sollte ein akademisches Feld die Zusammensetzung der Gesellschaft widerspiegeln – nicht nur in der Weltraumbranche

Abigail Calzada Diaz, Planetenforscherin

Davon ist die Realität aber noch entfernt: „In den Planeten- und Mondwissenschaften gibt es sehr viele Frauen und sie machen großartige Arbeit. In anderen Teilen der Weltraumindustrie ist der Anteil von Frauen viel niedriger.“ In ihrem Beruf beobachtet Calzada Diaz ein merkwürdiges Phänomen: „Viele Frauen studieren Weltraumwissenschaften. Im Laufe der Karriere verschwinden sie dann.“ Gleichzeitig beschwerten sich Personalabteilungen, dass sie Stellen nicht mit Frauen besetzt kriegen. „Männer verkaufen sich vielleicht besser. Frauen denken, wenn sie gute Arbeit leisten, wird ihre Leistung belohnt. Aber das ist nicht der Fall. Wenn die Arbeit nicht sichtbar ist, wird man nicht anerkannt.“

Welche Rolle spielt die Erziehung? Calzada Diaz regen die überholten, aber immer noch vorhandenen Geschlechterrollen auf, denen Kinder unterworfen werden. „Im Supermarkt wird Spielzeug als Mädchen- oder Jungenspielzeug beworben. Warum? Spielzeuge haben kein Gender. Ein Spielzeug ist ein Spielzeug.“ Sie selbst habe mit Puppen und mit Autos gespielt. Und selbst wenn: „Ich mochte Prinzessinnen und Puppen und bin trotzdem in die Weltraumbranche gegangen“, gibt sie zu bedenken.

„Wenn wir eine Weile nichts veröffentlichen, um uns um kleine Kinder oder auch kranke Eltern zu kümmern, sieht das schlecht aus“, berichtet Calzada Diaz von den unfairen Bewertungskriterien in der Wissenschaft
„Wenn wir eine Weile nichts veröffentlichen, um uns um kleine Kinder oder auch kranke Eltern zu kümmern, sieht das schlecht aus“, berichtet Calzada Diaz von den unfairen Bewertungskriterien in der Wissenschaft Foto: Editpress/Tania Feller
werner
11. Oktober 2021 - 19.01

@Wieder Mann "Berechnet man was eine Rakete ins Weltall mit Satellit oder Mensch an Bord an CO2 Ausstoß verursacht, " Berechnen wir: Die Falcon 9 hat 440 Tonnen Kerosin an Bord der 37% Co2 ausstösst, 149.600 Kilo. Ein Urlaubsflug von Berlin nach Mallorca emittiert pro Person 670 Kilogramm CO2. Damit könnten somit 223 Leute einen solche Flug einmal machen. Bei 200.000 Flugbewegungen jeden TAG läppert das sich zusammen. Da können die paar Raketen gar nichts.

Manuel Huss
11. Oktober 2021 - 18.29

@Wieder Mann: nur so als Hintergrundinformation: der globale Flugverkehr produziert jährlich 43.000 mal soviel CO2 wie die komplette Raumfahrt. (2018: zirka 23.000 Tonnen für die Raketenstarts und zirka 1.000.000.000 Tonnen für Flugzeuge)

Wieder Mann
11. Oktober 2021 - 14.00

Berechnet man was eine Rakete ins Weltall mit Satellit oder Mensch an Bord an CO2 Ausstoß verursacht, sollte Frau/Mann lieber mit beiden Füßen am Boden bleiben , sonst wird die Klimapolitik unglaubhaft und das Gefühl einer einseitigen CO2 Bestrafung der Bürger so glaubhafter.