EditorialDer Ruf der Piraten: Weg von der One-Man-Show

Editorial / Der Ruf der Piraten: Weg von der One-Man-Show
Ehrgeizig, zielstrebig … aber vielen Wählern noch unbekannt: Die Piraten haben ein Imageproblem Foto: Editpress/Alain Rischard

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„Wir haben unseren Platz als konstruktive Oppositionspartei gefunden“, behauptet Piraten-Politiker Sven Clement selbstbewusst beim Parteikongress am Samstag. Unrecht hat er nicht: Während sich die Piraten schon seit längerem europaweit auf dem absteigenden Ast befinden, erfreut sich die Partei im Großherzogtum wenn nicht astronomischer, zumindest aber solider Umfragewerte. Mit Sven Clement hat der Erfolg auch einen Namen. Das ist Chance und Problem zugleich.

Kaum ein Politiker hat im letzten Jahrzehnt derart konsequent an seiner Karriere gewerkelt wie der junge Mann aus Bereldingen. Früh hat der studierte Wirtschaftsinformatiker politische Ambitionen angemeldet und diese genauso geduldig wie zielstrebig in die Tat umgesetzt. Mit den Piraten hat der 32-Jährige denn auch den idealen Frachter für seine politischen Ansprüche gefunden, konnte er die Partei in Luxemburg als treibende Kraft nach deren Gründung im Jahr 2009 ganz nach den eigenen Vorstellungen und Idealen formen. Gegenwind in Form parteiinterner Konkurrenz hatte er keinen zu befürchten, musste er sich bei den Piraten nicht noch gegen verdiente Altpolitiker und ambitionierte Jungspunde behaupten.

So geschickt konnte sich Clement in den Anfangsjahren immer wieder ins politische Rampenlicht bugsieren, dass seine Vereidigung als Volksvertreter am Krautmarkt für viele Beobachter nur eine Frage der Zeit war. Dass die Piraten inzwischen auf zwei Mandate in der Chamber kommen, ist natürlich auch das Verdienst anderer Akteure. So konnten auch kleine Finanzskandälchen um die Buchführung, ideologische Differenzen um die Gründung einer technischen Gruppe mit der ADR sowie parteiinterne Querelen den Umfragewerten nur wenig anhaben. Auch wenn die Handhabung dieser Vorkommnisse klar die Handschrift eines Sven Clement trägt, zeugt die Geschlossenheit der Mitglieder doch von einer gesunden Zusammenarbeit und einem stabilen Rückhalt für die Parteiführung.

Mit einem Zuspruch von 45 Prozent ist Sven Clement laut jüngstem Politbarometer von RTL und Luxemburger Wort nach Claude Wiseler (CSV) der zweitbeliebteste Oppositionspolitiker des Landes. Insgesamt kommt er bei Kompetenz und Sympathie auf Rang 13. Damit lässt er sogar etablierte Namen wie Laurent Mosar, Gilles Roth, Frank Engel oder die Minister Kox, Dieschbourg und Turmes weit hinter sich. Diese Platzierung kommt nicht von ungefähr: Der digital und rhetorisch versierte Pirat gibt sich sowohl Journalisten als auch Wählern gegenüber nahbar und ist nie um einen Kommentar verlegen. In manchen Medien hat sich Clement geradezu eine Dauerpräsenz erarbeiten können, was seinem Bekanntheitsgrad natürlich nicht schadet.

Dass die Partei zumindest zum aktuellen Zeitpunkt noch von dieser Allgegenwärtigkeit profitiert, steht außer Frage. Auf Dauer aber müssen sich die Piraten Gedanken um die Zukunft machen und neben Clement auch neue Gesichter mit ins Boot nehmen. Ein Blick auf das neue Präsidium zeigt deutlich die Ausmaße des Imageproblems: Von neun Personen sind nur Clement und Chamber-Kollege Marc Goergen (sowie mit einigem Abstand auch der Remicher Gemeinderat Daniel Frères) der Öffentlichkeit bekannt. Die anderen Verantwortlichen sind höchstens Politinsidern ein Begriff. Für einen fortwährenden Erfolg über die nächsten Wahlen hinaus reicht das nicht aus.

Nun gehört der 1989 geborene Sven Clement mit seinen 32 Jahren längst nicht zum alten Eisen. Gleiches gilt auch für Marc Goergen, der im Januar 36 Jahre alt wurde. Anstatt aber auch die nächsten Jahre noch auf die beiden Galionsfiguren zu setzen, sollten sich die Piraten langsam Gedanken darüber machen, wie sie sich vom Image einer One-Man-Show befreien können. Ansonsten stehen die Zeichen klar auf Schiffbruch.


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Ben Schultheis
30. Juni 2021 - 11.33

Bettel, Bausch und Co mögen bestimmt in ihren Ämtern auch manches leisten, sonst stände die Welt in Luxemburg still. Mich stören ihre großspurigen Auftritte mit denen sie dem Volk vermitteln wollen, sie alleine hätten die Projekte erfunden, geplant und ausgeführt. Einen Hinweis oder ein Dankeswort an all die Beamten und Arbeiter die sie zu diesen Projekten brauchen, habe ich noch nie gehört. Dagegen ist Sven Clement ist eine Wohltat für den politikmüden Bürger. Er ist offen, bodenständig, nennt das Problem beim Namen und gibt Lösungen an, die zu verwirklichen sind. Keine Spur von heuchlerischer Oppositionspolitik à la ADR, sondern eine große Bereitschaft dem Wähler das Vertrauen zurückzugeben das dieser in seine Partei gesteckt hat. Bravo. Ben

HTK
10. Mai 2021 - 10.16

Nur eine "Quotendame"?Aber die steht ja im Vordergrund Immerhin.Eine Oppositionspartei ist immer wichtig um die Demokratie am Laufen zu halten und ein guter Redner wie Clement ist da immer gefragt.Man legt den Finger in offene Wunden und den anderen hält man warnend gegen Himmel.Gut so,denn eine ADR mit Nasen wie Kartheiser usw. wird es wohl schwer haben in Zukunft.Aber wer weiß,der Wähler ist ein unberechenbares Wesen. Aber eine "One Man Show" wird es wohl bleiben.Vorerst.