EditorialDer rote Engel

Editorial / Der rote Engel
CSV-Präsident Frank Engels Vorschläge für höhere Vermögensteuern stießen in der CSV-Fraktion bislang nicht auf große Zustimmung Foto: Editpress/Tania Feller

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Wie wird die Welt nach Covid-19 aussehen? Niemand weiß es. Fest steht zurzeit nur, dass Corona ein großes Loch in der Staatskasse hinterlassen wird. Laut „Conseil national des finances publiques“ wird 2020 aus dem geplanten Überschuss von 700 Millionen im Staatshaushalt ein Defizit von fünf Milliarden Euro. Für 2021 sagt der CNFP nur eine geringe Erholung voraus. Die Verschuldung soll in diesem Jahr von 14 auf über 17 Milliarden Euro steigen, die Staatsschuldenquote könnte die „magische“ Grenze der 30% überschreiten. In ihrem Koalitionsprogramm von 2018 hatten DP, LSAP und „déi gréng“ sich dazu verpflichtet, alles dafür zu tun, die Staatsverschuldung jederzeit unter 30% des BIP zu halten. Mit einer Corona-Krise hatte damals noch niemand gerechnet.

Wegen seiner guten finanziellen Ausgangslage und seiner bislang recht krisensicheren Finanzindustrie wird Luxemburg Covid-19 wohl besser überstehen als andere Staaten. Trotzdem ist Luxemburg keine Insel und die weltwirtschaftlichen Negativfolgen der Pandemie werden auch Auswirkungen auf den kleinen europäischen Musterschüler haben.

Doch wie will Luxemburg seine Finanzen nach der Corona-Krise wieder ins Lot bringen? Von den Regierungsparteien gab es bislang noch keine zufriedenstellende Antwort. Die DP will keine Steuererhöhungen, zumindest nicht jetzt. Die LSAP kann mit einer höheren Verschuldung leben, solange das Geld sinnvoll investiert wird. „déi gréng“ wollen auf qualitatives Wirtschaftswachstum setzen. Auch von der größten Oppositionspartei war bislang wenig Konstruktives in dieser Frage zu hören. Bis sich CSV-Präsident Frank Engel Anfang dieser Woche zu Wort meldete. Über das Online-Magazin Reporter forderte Engel eine Erhöhung der Vermögensteuer, eine Wiedereinführung der Erbschaftssteuer in direkter Linie, eine höhere Besteuerung spekulativer Investmentfonds und eine Finanztransaktionssteuer. Mit seinem gewagten Vorstoß stellte der CSV-Präsident sogar den linken Abgeordneten Marc Baum in den Schatten, der in einem Tageblatt-Interview in dieser Woche ebenfalls eine höhere Kapitalbesteuerung verlangte.

Engels Forderungen stellen einen Bruch mit der aggressiven Steuerpolitik der Juncker-Frieden-Ära dar, von der Luxemburg noch immer nicht gänzlich abgekommen ist. Der Regierung kann Engel eigentlich egal sein, er hat nicht einmal ein Abgeordnetenmandat. Hinzu kommt, dass sich auch in der CSV-Kammerfraktion Widerstand gegen seine Vorschläge regt. Tatsächlich könnten die Besteuerung großer Vermögen und eine Umverteilung in der Krise aber durchaus sinnvoll sein, um neue Staatseinnahmen zu generieren, die Ungleichheiten zu verringern und den sozialen Frieden zu erhalten. Darüber hinaus könnte ein schärferes Sozialprofil die CSV vor dem Abgleiten in die Bedeutungslosigkeit bewahren. Die von Fraktionschefin Martine Hansen propagierte Beliebigkeit einer Volkspartei, die es allen Bürgern in sämtlichen Lebensbereichen gleichermaßen recht machen will, kann auf Dauer nicht funktionieren.

Ob die Mehrheit der CSV-Mitglieder das genauso sieht, ist jedoch fraglich. Die Chancen, dass Engel im April nächsten Jahres auf dem Parteikongress als Präsident wiedergewählt wird, stehen 50:50. Sollte die CSV ihn schassen, muss das frühere Mitglied der „Gréng Alternativ Partei“ (GAP) dennoch nicht um seine politische Karriere fürchten. Wenn er seine politische Einstellung bis zu den Parlamentswahlen 2023 nicht wieder ändert, dürfte Frank Engel ein Listenplatz bei „déi Lénk“ fast schon sicher sein.

Realist
23. August 2020 - 17.45

@Kolano: Wann e net mol an der Chamber ass, wouhir hëlt hien dann de Culot fir sou aberwitzeg Iddien an d'Welt ze setzen? Dat ass jo dann net vill méi wert wéi wann de Fausti oder de Käptn Ända mat sou Sprech komm wier...

Kolano
22. August 2020 - 16.56

@Nomi "Den Engel ass net an der Chamber !!" Et wonnert eis guer net dass Dir all Detail wësst iwwert Är Schwaarz Pappenheimer.

J.Scholer
22. August 2020 - 14.13

@Lapsus: Sie schreiben richtig , habe ich wohl meine Formulierung etwas schnell niedergeschrieben und präzisieren müssen „ die Abgeordneten“ , wobei Herr Engel wohl doch von der Entlohnung unserer Abgeordneten profitiert, ich nicht glaube er die Politik aus Individualismus und Nächstenliebe betreibt. Wie ich auch nicht glaube sein Vorpreschen im Interesse der zukünftigen Generationen sei, eher ein schlechter politischer Schachzug , der die CSV noch mehr ins Abseits setzt, entzweit ,Wahlstimmen einbüßen wird und den Titel der Volkspartei endgültig abgegeben hat.Einzige Alternative, wäre dieses Vorpreschen von Herrn Engel nicht parteiintern abgesegnet wurde, er demissionieren müsste.

Nomi
22. August 2020 - 13.26

@ Scholer : ""doch der Herr Abgeordnete vergisst sein Einkommen teilweise steuerfrei ist "" Den Engel ass net an der Chamber !!

Buchhalter
22. August 2020 - 11.38

Ganz einfach, genauso wie mit den negativen Zinsen! Die Verluste nennt man in Zukunft einfach Überschüsse!

J.Scholer
22. August 2020 - 11.32

Die politische Vita des Herrn Engel war nicht so beseelt, wie er im EU Parlament die Offenlegung der Gelder stimmen sollte. Nun könnte ich Herrn Engel auch politische Demenz vorwerfen, er vergessen hat welche Partei die Steuergeschenke für so manchen Konzern in Luxemburg bewilligt hat. Doch könnte ich noch Nachsicht walten lassen, doch der Herr Abgeordnete vergisst sein Einkommen teilweise steuerfrei ist.Ein Affront der politischen Klasse gegen das arbeitende Volk. Vielleicht sollte der Herr Politiker sich die Verschwendungssucht unseres politischen Staates vornehmen. Von absurden Summen für militärische Güter bis zu Wahlgeschenken des Öffentlichen Transportes, Familiengutscheinen,Subventionen unnützer Projekte wie Kultur, Freizeit, Fahrradsubventionen,.....in guten Zeiten tolerierbar , in schlechten Zeiten nicht vertretbar. Nun wollen wir Herrn Engel nicht allein den Fingerzeig weisen, auch sein Kontrahent Fayot schweben solch Geister vor, dem Bürger ans Eingemachte zu gehen.