Der Mann, der zu viel wusste: Gast Gibéryen muss nicht vor Gericht

Der Mann, der zu viel wusste: Gast Gibéryen muss nicht vor Gericht

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Weil Gast Gibéryen (ADR) über eine illegale Abhöraktion des Geheimdiensts wusste, drohte ihm eine Klage und eine mögliche Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Doch das Berufungsgericht wies die Klage zurück. Gibéryen spricht von einem „Sieg für den Rechtsstaat“ und erhebt nun schwere Vorwürfe gegen Premierminister Xavier Bettel (DP).

Für Gast Gibéryen ist es ein guter Tag. Ihm drohte eine Geldstrafe von 5.000 Euro sowie sogar eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Doch nun hat das Berufungsgericht die Klage gegen den ADR-Abgeordneten abgewiesen. Er wurde in allen Punkten entlastet. „Natürlich bin ich erleichtert“, so Gibéryen. „Die Sache hat schon sehr an mir genagt.“ Es ist nicht nur ein persönlicher Erfolg, es sei auch vor allem „ein Sieg für den Rechtsstaat“. Doch der Reihe nach.

Gibéryen gegen Bettel

Im Januar 2017 hat der Luxemburger Geheimdienst (SREL) über mehrere Wochen illegale Abhöraktionen ausgeführt. Gibéryen erfuhr davon, unternahm allerdings vorerst nichts, da seine Quellen keine Beweise vorlegen konnten. Das Tageblatt veröffentlichte Mitte März 2017 einen Artikel und brachte die illegale Aktion an die Öffentlichkeit. Premierminister Xavier Bettel sah sich daraufhin gezwungen, die darin enthaltenen Informationen am darauf folgenden Tag in einer Pressemitteilung zu bestätigen.

Als die Abgeordneten den Premierminister anschließend in die zuständige Kommission beriefen, gestand Bettel, von Beginn an über die illegale Abhöraktion Bescheid gewusst zu haben. Gibéryen ist damals wie heute davon überzeugt, dass der Premier sich dadurch strafbar gemacht habe. „Da er von einer illegalen Abhöraktion wusste, hätte er die Staatsanwaltschaft einschalten müssen. Bettels Untätigkeit war ein Rechtsvergehen“, so Gibéryen. Denn letztlich sei eine solche Untätigkeit bei einer illegalen Aktion des Geheimdienstes auch Jean-Claude Juncker zum Verhängnis geworden.

Bettels Drohung

Doch Bettel ignorierte Gibéryens Fingerzeig und ging zur Offensive über: Er wollte wissen, woher Gibéryen von der illegalen Aktion wusste: Wer war sein Informant? Der ADR-Abgeordnete weigerte sich jedoch, mit Verweis auf seine parlamentarische Immunität, die Quelle zu nennen, selbst als Bettel ihm mit rechtlichen Schritten drohte. „Als Abgeordneter muss ich meine Quellen schützen, sonst würde ich in Zukunft keine Informationen erhalten.“ Informationen, die für den Abgeordneten im Zweifel dazu dienen, die Regierung zu kontrollieren.

Bettel machte seine Drohung wahr – er schwärzte Gibéryen bei SREL-Chefin Doris Woltz an, die bei der Staatsantwaltschaft Anzeige gegen unbekannt erstellte. So kam es, dass die Staatsanwaltschaft nicht gegen die illegale Abhöraktion ermittelte, sondern gegen die undichte Stelle beim SREL – gegen den Whistleblower. Gibéryen wurde vom Untersuchungsrichter geladen, sämtliche Telefonate, die der ADR-Abgeordnete über mehrere Wochen führte, wurden ausgewertet. Für Gibéryen war das eine demütigende Erfahrung: „Ee staarkt Stéck an engem Rechtsstaat.“

Wegweisendes Urteil

Doch zu einem Prozess gegen den ADR-Abgeordneten wird es nie kommen. Die Klage gegen ihn wurde abgewiesen, er muss seinen Informanten bis auf Weiteres nicht nennen. Das Berufungsgericht begründet das Urteil mit der Immunität des Parlamentariers, die ihm durch Artikel 68 in der Verfassung zusteht. Diese decke auch das Erhalten von Informationen, die zur Aufdeckung von staatlichem Missverhalten weiterhelfen. Das Gericht gesteht demnach den Abgeordneten eine Art Quellenschutz zu, um ihrer Funktion als Kontrollorgan der Exekutive beizukommen.

Gibéryen spricht von einem wegweisenden Urteil, das nicht nur sein Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz bekräftigt habe, er sieht vor allem auch das luxemburgische Parlament gestärkt. Bettel, den der Abgeordnete für verantwortlich für die Anklageerhebung gegen ihn hält, habe einen „klaren Denkzettel“ erhalten. Es sei ein Einschüchterungsversuch der Regierung gegen die Opposition gewesen. Das Urteil habe jedoch nachhaltig die Rolle des Parlaments gestärkt und somit auch den Rechtsstaat. Ein guter Tag.

Wester Gust
24. Juni 2019 - 6.51

Bettel und die implizierten Artisten der Staatsanwaltschaft gehören nun deswegen vor Gericht. Auch Bettel mit seiner vorgespielten Güte und die so hoch gebildeten, oder eingebildeten Magistraten scheinen die Verfassung nicht zu kennen. Haben aber alle in aufgeblasener feierlicher Form per Eid geschworen unsere Verfassung zu achten. Also wurden diese Zeitgenossen meineidig.

Le républicain zu London
22. Juni 2019 - 18.58

Die Justiz hat also klarstellen müssen was die Staatsanwaltschaft scheinbar noch nicht wusste: Parlamentarier genießen Immunität in der Ausübung ihres politischen Mandates, sie sind vom Volk gewählt und vertreten also das Volk. Nun sollte man eigentlich Herrn Bettel vor den Kadi zerren den der lag daneben....es sei denn er haut ab nach Brüssel.......

Grober J-P.
22. Juni 2019 - 12.13

Bei solchen Artikeln muss ich immer wieder an die Stasi denken, wieso eigentlich, leide wahrscheinlich unter Verfolgungswahn.