Den Haag / Der letzte Auftritt für den Schlächter von Srebrenica
Während des Bosnienkriegs (1992-1995) galt Ratko Mladic als Herr über Leben und Tod. Nun wird über den bosnisch-serbischen Ex-General selbst gerichtet: Der Höchststrafe einer lebenslangen Haft dürfte der „Schlächter von Srebrenica“ bei der Verkündung des rechtskräftigen Urteils am Dienstag kaum entkommen.
Massenmorde und unfassbare Verbrechen pflasterten seinen blutigen Weg. Über ein Vierteljahrhundert nach Ende des Bosnienkriegs (1992-1995) wird der betagte Ex-General Ratko Mladic am Dienstag noch einmal im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehen: Der Höchststrafe einer lebenslangen Haft wird der 78-jährige Ex-Kommandant der bosnisch-serbischen Streitkräfte (VRS) kaum entrinnen können.
Mit einer halbstündigen Verzögerung wird am Dienstag die Urteilsverkündung im Berufungsverfahren aus dem mit Panzerglas gesicherten Sitzungssaal im früheren UN-Tribunal in Den Haag übertragen. Ob der ihm zur Last gelegte Völkermord an über 8.000 bei systematischen Massenerschießungen hingerichteten Bosniern in Srebrenica oder die blutige Belagerung von Sarajevo: Gewissensbisse hatte der jahrelang flüchtige und erst 2011 verhaftete Kriegsscherge während seines jahrelangen Prozesses nie offenbart.
Einen Freispruch fordert die Verteidigung des schon in erster Instanz 2017 zu lebenslänglicher Haft verurteilten Ex-Generals. Er habe nur seine „Pflicht getan“ und sein Land verteidigt, rechtfertigte Mladic während seines Prozesses die von seinen Truppen begangenen Untaten.
Staatschef Vucic ehrte den Verbrecher
Vor allem für die Überlebenden und Angehörigen der Opfer sei der Prozess gegen Mladic von großer Bedeutung, so Chefankläger George Brammertz. Doch seine verspätete und überfällige Verurteilung dürfte das zerrissene Bosnien kaum versöhnen. Während die Familien seiner Opfer dem erwarteten Schuldspruch des „Schlächters von Srebrenica“ ungeduldig entgegenfiebern, wird Mladic von nationalistischen Anhängern in Bosnien und Serbien noch stets als Held verehrt – und verherrlicht.
Es war Serbiens heutiger Staatschef Aleksandar Vucic, der 2007 in Belgrad persönlich ein dem ermordeten Reform-Premier Zoran Djindjic gewidmetes Straßennamensschild mit der Aufschrift „Boulevard Ratko Mladic“ überklebte. Inzwischen versichert er, die Kriegsopfer anderer Nationen zu respektieren. Nach der Verurteilung seines einstigen Idols in erster Instanz rief Vucic 2017 seine Landsleute dazu auf, „in die Zukunft zu blicken“ und „nicht in den Tränen der Vergangenheit zu ersticken“.
Lange hatte Serbien dem vom UN-Tribunal noch vor Ende des Bosnienkriegs 1995 angeklagten Kriegsverbrecher offenen Schutz gewährt. Bis 2002 konnte sich Mladic in Belgrad relativ frei bewegen. Danach entzog sich der abgetauchte Justizflüchtling mithilfe der Sicherheitsdienste und eines verschwiegenen Helfernetzwerks jahrelang erfolgreich seinen Häschern. Erst 2011 wurde er im Dorf Lazarevo im Haus seines Vetters verhaftet: Seine von heftigen Protesten begleitete Auslieferung öffnete Serbien den lange blockierten Weg zu Beitrittsverhandlungen mit der EU.
Größter Massenmörder seit dem Zweiten Weltkrieg
Doch noch immer weigert sich Serbien genauso wie die bosnische Teilrepublik „Republika Srpska“, den von Mladic kommandierten Truppen in Srebrenica begangenen Genozid anzuerkennen. 2015 wurde sogar ein Studentenheim im bosnischen Pale nach dem wegen des Völkermords von Srebrenica ebenfalls zu lebenslänglicher Haft verurteilten Serbenführers Radovan Karadzic bennant: Erst im letzten Dezember wurde die Plakette mit dem Namen des rechtskräftig verurteilten Kriegsverbrechers auf Druck der internationalen Gemeinschaft wieder abmontiert.
Bei seinen Auftritten vor dem UN-Tribunal machte der einst so selbstbewusst und herrisch auftretende Ex-General einen oft fahrigen und patzigen Eindruck. Vergeblich mühten sich seine Verteidiger und seine Familie in den letzten Jahren, mit Verweis auf seinen schlechten Gesundheitszustand, seine vorläufige Freilassung aus seiner Untersuchungshaft zu erwirken.
Unbekannt ist noch, in welchem Gefängnis und Land Mladic nach seiner erwarteten Verurteilung seine Strafe verbüßen und den Rest seines Lebens fristen soll. Doch egal, wie schnell er in die Vergessenheit der Weltöffentlichkeit gerät, ein Platz in den Geschichtsbüchern ist Mladic gewiss – als einer der größten Massenmörder in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
- Unionistenchef wird wegen Sexualdelikten angeklagt - 29. März 2024.
- Moralapostel Goebbels - 29. März 2024.
- Europawahlen, Frauenrechte und Diversity - 29. März 2024.
Der Schlächter von Sebrenica konnte walten, die niederländischen UN Soldaten nicht einschritten. Zwischen Humanismus, Solidarität predigen und Verantwortung übernehmen, Zivilcourage ,Mut beweisen liegen Welten. Bis zur heutigen Zeit wird dieser Teil europäischer Geschichte relativiert, sich auf Konventionen berufen, das Wegschauen beim Völkermord entschuldigt. Auch mit diesem Urteil wird das Massaker von Sebrenica nicht gesühnt sein.Solange nicht alle Beteiligten zur Verantwortung gezogen wurden , werden die Toten von Sebrenica anklagen. Machen wir nicht die Fehler der Nachkriegsgeschichte, wo Täter, Mitläufer, Mitverantwortliche der NS Massenvernichtung nicht abgeurteilt wurden, erst nach siebzig Jahren man diese Schuld wieder wettmachen will. Noch leben viele Überlebende, direkte Nachfahren der Opfer von Sebrenica, Europa sollte Flagge zeigen und beweisen auf humanistische Wörter auch Taten folgen.