EditorialDer gesunde Menschenverstand

Editorial / Der gesunde Menschenverstand
Kaum ein Minister, Abgeordneter oder selbsterklärter „Experte“ hat in den vergangenen Wochen nicht auf den gesunden Menschenverstand zurückgegriffen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Vor rund zehn Tagen hat Premierminister Xavier Bettel (DP) die Luxemburger Exit-Strategie aus den Corona-Einschränkungen vorgestellt. Der Ausstieg soll in drei Phasen erfolgen. Die erste Phase hat am vergangenen Montag mit der Wiedereröffnung der Baustellen und der Baumärkte begonnen. Die Lockerungsphasen zwei und drei sollen am 11. und 25. Mai in Angriff genommen werden. Unklar ist aber noch immer, auf welchen Grundlagen und Berechnungen die Regierung entscheidet, wer öffnen darf und wer nicht. Diesbezügliche Fragen von Journalisten und Abgeordneten blieben bislang unbeantwortet.

Vermutlich ist die Frage einfach nur dumm und die Antwort sehr simpel: Bei ihren Entscheidungen lässt die Regierung sich vom „gesunden Menschenverstand“ leiten. Dieser Begriff hat den Corona-Diskurs in den vergangenen Wochen maßgeblich geprägt. Kaum ein Minister, Abgeordneter oder selbsterklärter „Experte“ hat nicht darauf zurückgegriffen, um unangenehme Maßnahmen zu legitimieren, nicht nachvollziehbare Entscheidungen zu rechtfertigen und die Bevölkerung dazu zu ermutigen, die Einschränkung ihrer Rechte und Freiheiten bedenkenlos hinzunehmen.

„Wenn Einsicht und Wissenschaft auf die Neige gehen, alsdann und nicht eher sich auf den gemeinen Menschenverstand zu berufen, das ist eine von den subtilen Erfindungen neuerer Zeiten, dabei es der schalste Schwätzer mit dem gründlichsten Kopfe getrost aufnehmen und es mit ihm aushalten kann. Solange aber noch ein kleiner Rest von Einsicht da ist, wird man sich wohl hüten, diese Nothilfe zu ergreifen“, schrieb Kant vor über 200 Jahren. Der gesunde Menschenverstand muss meist dann herhalten, wenn keine besseren Argumente verfügbar sind. Er suggeriert, dass gewisse Verhaltensweisen in bestimmten Situationen selbstverständlich sind und der Mensch, alleine aufgrund seines Verstandes, fähig ist, Entscheidungen und Urteile im Interesse des Allgemeinwohls zu treffen. Wie falsch diese Annahme ist, hat sich nicht nur rezent bei den Hamsterkäufen gezeigt. Der italienische Rechtsextremist Matteo Salvini hat 2018 mit dem gesunden Menschenverstand seine restriktive und menschenverachtende Flüchtlingspolitik begründet, die deutsche AfD bezeichnete sich gar als „Partei des gesunden Menschenverstands“, um nur diese Beispiele zu nennen.

Ob der inflationäre Gebrauch dieses inhaltslosen und vorbelasteten Begriffs also ausgerechnet in Zeiten der Krise und des Ausnahmezustandes angebracht ist, darf zumindest bezweifelt werden.

Manche Entscheidungen, die die Regierung in der vergangenen Woche getroffen hat, wirken tatsächlich so, als würden sie auf keiner anderen Annahme als der des gesunden Menschenverstands fußen. Auch die Polizei scheint bisweilen nach diesem Prinzip verfahren zu müssen, denn für einige Verbote fehlt ganz einfach eine rechtliche Basis.

Die Regierung wäre demnach gut beraten, nicht nur die Grundlagen für die Lockerung der Ausgangsbeschränkung offenzulegen, sondern auch den legislativen Exit in den nächsten Tagen vorzustellen, damit Luxemburg aus dem undemokratischen und beengenden Ausnahmezustand herausfindet und der Rechtsstaat schnellstmöglich wieder in Kraft treten kann. Und sei es nur, weil der gesunde Menschenverstand es gebietet.

Norbert
27. April 2020 - 19.15

@dnt "Dei grouss Grippewell ass riwer, an anstatt de Fehler anzegesinn an eng Kurskorrektur umzestreben, gett esou weider gemaach wei bis lo. Daat ass meng Meenung." Dir als eise lokalen Impfgéigner musst dat jo soen.

de Prolet
27. April 2020 - 16.17

Leider muss man immer wieder feststellen, besonders in dieser Krisenzeit, dass es vielen Menschen - nicht nur Politikern- an einer gesunden Portion Menschenverstand fehlt. Mangels Vernunft, kann diese auch nicht eingesetzt werden. Und das wird wohl oder übel schwerwiegende Folgen haben. Übrigens Kritik fängt mit Selbstkritik an.

Jangeli
27. April 2020 - 8.54

Menschenverstand bei Politikern ist abhanden gekommen,

Malo
27. April 2020 - 7.12

Den Etat de Crise schnellst méiglech beenden. Journalisten mussen schnellstens hier Arbescht kennen maachen ,an „alles“ kennen kritesch hannerfroen. Wien ass de Beroder vun eiser Regeirung,do muss alles op den Desch geluecht ginn. De Liveticker Corona-virus ass kompletten Nonsens, et gett just rop gerechnet an kenn geheelter ofgerechnet. Déi Verstuerwenen duerch oder mat Corona...schengt keng Roll ze spillen ,do dat net Patalogesch gekukt gett. An dem ganzen fehlt mir de kriteschen Bleck.

J.C.Kemp
26. April 2020 - 18.07

Ech assoziéieren de Begrëff 'gesonde Mënscheverstand' am allgemenge mat rietsextreme Parteien. Déi fuchtelen domat rondrëm fir hier politesch Iddiën, déi jo just hierem gesonde Mënscheverstand entstaamen, ze justifizéieren an déi Leit, déi sech widersetzen, als net mat g.M. equipéiert, oofzewerten.

Tom
26. April 2020 - 14.20

Die Frage die von vielen Seiten gestellt wird ist nicht dumm, sondern sehr gut. Der Witz an der ganzen Sache ist das die Verordnung vom 18ten März auf die Empfehlungen und vor allem aber auf die Forderungen der WHO eingeführt würde. Dies ist auch in der Verordnung selbst nachzulesen. Gleichwohl ist es sehr interessant, wer Hauptsponsor der WHO ist, und dann das Zitat dieser Person in einem Interview von guten 10min. ,,Wir werden 7Milliarden Menschen impfen" (B. Gates) So bleibt dieser gesunde Menschenverstand samt den Einschränkungen der freiheitlich-demokratischen Rechte des Volkes von Seiten der Politik durchaus sehr fragwürdig. Ich hoffe die Presse wird nicht weiter die geschlossene Front mit der Politik sein, sondern ihren wichtigen Grundpfeiler in der Demokratie gerecht werden.

Ana Conda
26. April 2020 - 10.43

Masken tragen, Handschuhe tragen, Vorräte anlegen. Das sind alles vernünftige Maßnahmen gegen ein hochinfektiöses Virus! Ich habe kein Verständnis für selbstgefällige, selbstverliebte Besserwisser!

J.Scholer
26. April 2020 - 8.49

Menschenverstand ist die suizidale Globalisierung die Mitschuld an der Pandemie trägt, der Neoliberalismus ökologisch, wie moralisch gescheitert ist. Der Ausbeutungskapitalusmus der letzen hundert Jahre, alleine durch die CO2 Emissionen zum Tod der Menschheit führen wird, es sei wir zeigen Menschenverstand, entschleunigen die Wirtschaft, das Leben.( Aussagen grob umrandet nach Markus Gabriel,Autor,Professor Uni Bonn)

venant
25. April 2020 - 21.07

Leute mit gesundem Menschenverstand sind selten, ich weiß das. Ich kenne alle beide.

dnt
25. April 2020 - 20.49

Ech soen just: Schweden 2200 doudecher bei 10 milliounen awunner. Letzebuerch ca 80 doudecher bei 500 dausend awunner Wann ech daat heichrechnen op 10 milliounen awunner kommen ech op 1600 doudecher fier letzebuerg. Schweden : keen lockdown, keng economesch katastrophe Letzebuerg: lockdown, diktatur ähnlech zoustänn, economesch katastroph Daat ass keng Erfollechgeschicht mä een Pyrrussieg. Daat ass meng Meenung. Ech sin mier 100%secher dass do naischt mei no könnt. Dei grouss Grippewell ass riwer, an anstatt de Fehler anzegesinn an eng Kurskorrektur umzestreben, gett esou weider gemaach wei bis lo. Daat ass meng Meenung.

DanV
25. April 2020 - 18.03

Dass der "gesunde Menschenverstand" hierzulande so oft bemüht wird, ist schlichtweg der Tatsache geschuldet, dass es im Luxemburgischen kein eigenes Wort für "Vernunft" gibt. Die Übersetzungen "Vernonft" oder "vernënfteg" klingen seltsam und sind im normalen Sprachgebrauch höchstens zwischen mit den Fingern angedeuteten Gänsefüsschen üblich. "Raisonnabel" klingt abgehoben. Was bleibt uns dann noch? Doch nur der "gesonde Mënscheverstand". Wenn wir alle Worte aus unserem Sprachschatz streichen müssten, die von extremen Gruppierungen gebraucht werden, dürften wir überhaupt nicht mehr reden ...

HTK
25. April 2020 - 17.13

Hamsterkäufe oder mit Gummihandschuhen herumlaufen haben nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun...es gibt noch Beispiele.

jean-pierre goelff
25. April 2020 - 16.01

....der gesunde Menschenverstand hat ja europaweit versagt als allerorts abertausende dieser Dinger welche Schutzmasken heissen verschrottet wurden und nie mehr genügend auf Lager gehalten wurden weil Lagerhaltung nun eben etliche Kröten kostet!Die Endabrechnung wird teuer,sehr,sehr teuer ausfallen,liebe Allesbesserwisser-Politiker aus der gesamten EU!

Alex Hoffmann
25. April 2020 - 12.40

Abwarten und Tee trinken , eine gute Devise für die Staatsmacht , in dieser Periode wo die Bestimmungen oder Anweisungen für die Bevölkerung in vielen Punkten keiner Logik entsprechen ! Die Entmündigung des Volkes unterstützt von den Bürger-Angsthasen ! Wo war die Angst 2017/18 bei der Grippenepidemie die z.Bsp. mehr Tote in Deutschland gefordert hat wie bisher die Coronapandemie ? In Kürze wird die Pandemie so abflauten wie sie gekommen ist ! Dann hat man Zeit die abgesagten Operationen nachzuholen von Kranken die nicht in das Corona Schema gepasst haben, ausser Sie sind schon gestorben ! Es gäbe so viel zu Erzählen in kontra diesen übertriebenen Vorschriften des Papa Staates ! Und die arme Wirtschaft, ein Thema, wo viele in den nächsten Jahren bittere Tränen vergiessen werden !