Der doppelte Doktor: Ein Niederkorner steht an der Spitze der Tiroler Zahnärztekammer

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Große Ehre für Paul Hougnon: Nachdem der gebürtige Luxemburger 2011 den österreichischen Ehrentitel Medizinalrat erhielt, wurde der Zahnarzt nun zum neuen Präsidenten der Tiroler Zahnärztekammer gewählt. Ein Posten, der den Niederkorner durchaus mit Stolz erfüllt.

Dass Österreich zu seiner Wahlheimat wurde, war so nicht geplant, sondern vielmehr eine Verkettung glücklicher Umstände: „Ich wollte nach dem Studium eigentlich zurück nach Luxemburg. Doch dann habe ich in Innsbruck meine Frau kennengelernt und zudem den Posten des Assistenzarztes in der Zahnklinik angeboten bekommen“, erinnert sich Paul Hougnon. Aus der Ehe mit der US-Amerikanerin gingen drei Kinder hervor, auf die das Paar heute mächtig stolz ist. Immerhin hat auch eine der beiden Töchter die Familientradition der medizinischen Berufe fortgesetzt und arbeitet heute als Physiotherapeutin.

Denn DDr. (in Österreich Abkürzung für zweifachen Doktorgrad) Paul Hougnon entstammt einer Apothekerfamilie aus Niederkorn. Sein älterer Bruder übernahm die elterliche „Apdikt“. Er war auch der Grund, weshalb es Paul Hougnon überhaupt nach Österreich zog. Da dieser bereits in Innsbruck studierte, war die Auswahl der Universität schnell getroffen, zumal es auch einige Klassenkameraden aus dem Escher „Jongelycée“ in die Tiroler Landeshauptstadt zog. Dass er so lange bleiben würde, das bereut der 65-Jährige bis heute nicht: „Nein, es tut mir nicht leid, Luxemburg den Rücken gekehrt zu haben. Ich komme noch oft hierher, so drei- bis viermal im Jahr“, sagt Hougnon, „und wenn ich einmal in Rente gehe, will ich noch öfters vorbeischauen.“

Sein Bekanntenkreis in der Heimat ist noch immer groß, so dass die Besuche im Großherzogtum stets kurzweilig sind. „Am meisten freue ich mich dann auf Spezialitäten wie ,Pastéitchen‘. So etwas bekomme ich in Österreich natürlich nicht.“ Da fällt auch kaum ins Gewicht, dass der Restaurantbesuch im Großherzogtum doch etwas mehr ins Geld schlägt als der in Österreich. Ansonsten fällt es ihm aber nicht immer leicht, beide Länder miteinander zu vergleichen. „Beide haben ihre Vor- und Nachteile“, sagt DDr. Hougnon in seiner typisch diplomatischen Art. „In Luxemburg verdient man z.B. mehr und die soziale Absicherung ist kaum zu schlagen. Österreich hat aber auch seine Qualitäten, vor allem wenn man sportlich unterwegs ist. Ach ja, und die Verkehrssituation ist viel besser als in Luxemburg.“

Sechs Stunden Praxis

Die Veränderungen in seinem Geburtsland nimmt er bei seinen Besuchen demnach sehr wohl wahr. Den Bauboom zum Beispiel, durch den viele schöne Ecken verschwinden würden, um dann aber gleich zu präzisieren: „Ich möchte das aber nicht dramatisieren, man braucht ja nur in Richtung Ösling zu fahren und schon ist man in der wunderbaren Natur.“

Seine diplomatische Art ist es wohl auch, die ihm die Türen zu höheren Ämtern geöffnet hat. Im November 2018 wurde er zum neuen Präsidenten der Landeszahnärztekammer für Tirol sowie zum Präsidialreferenten der Österreichischen Zahnärztekammer gewählt. Was sich kompliziert anhört, erklärt DDr. Hougnon so: „Ich repräsentiere die in Tirol berufstätigen Angehörigen des zahnärztlichen Berufes.“ Was nichts anderes bedeutet, dass er der Interessenvertretung der Tiroler Zahnärzte vorsteht und demnach Lobbyarbeit für seine Kollegen übernimmt. „Ich bin in alles involviert“, so Hougnon, „Fortbildung, Patientenschlichtung, Verwaltungsausschuss oder Pensionsfonds. All das gehört zu meinem Aufgabengebiet.“ Auch bei Preisverhandlungen mit den Kassen sitzt er mit am Tisch.

Das erfordert Zeit, sodass er inzwischen „nur“ noch rund sechs Stunden pro Tag in seiner 1990 eröffneten Zahnarztpraxis in Inzing, ca. 20 Autominuten von Innsbruck entfernt, verbringt. Nachmittags ist er in der Tiroler Zahnärztekammer anzutreffen. Quasi als erste Amtshandlung hat er an der Uni Innsbruck eingeschriebene Zahnmedizin-Studenten aus Luxemburg eingeladen und mit ihnen die Probleme nach dem Wegfall der Quotenreglung erörtert. Das wird es Ausländern in Zukunft erschweren, in Österreich Zahnmedizin zu studieren. DDr. Paul Hougnon will in seiner neuen Position gegensteuern. Denn ohne Quotenreglung wäre er selbst vor 40 Jahren nicht in Österreich gelandet. Er hätte sein familiäres Glück vielleicht nicht gefunden und wäre auch sicher nie zum „Chef“ der Tiroler Zahnärzte aufgestiegen.